1.1 Inhalt und Regelungszweck
Rz. 1
Dem Grundsatz der Einheitstheorie des Konzerns in § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB folgend, wird im Konzern eine einheitliche Interessenlage aller Anteilseigner unterstellt, sodass grds. alle Posten mit ihren vollen Werten – also zu 100 % – einzubeziehen sind (sog. Voll- oder BruttoKons). I. R. d. VollKons werden alle VG, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten sowie Erträge und Aufwendungen eines TU nach Anwendung konzerneinheitlicher Ansatz- und Bewertungsvorschriften unabhängig von der Höhe der Beteiligung des MU vollständig zu 100 % in die Konzernbilanz bzw. Konzern-GuV übernommen.
Rz. 2
Sind neben dem MU an einem TU weitere nicht der Konzernmutter zuzurechnende Gesellschafter beteiligt, ist der Anteil der anderen Gesellschafter am Nettovermögen des Konzerns gem. § 307 Abs. 1 HGB gesondert innerhalb des EK auszuweisen. Seit dem BilRUG ist dafür die Bezeichnung des Postens analog zu den IFRS mit "nicht beherrschende Anteile" zu wählen. Andere Gesellschafter sind Gesellschafter eines TU, welche allerdings keinen beherrschenden Einfluss auf dieses TU ausüben können (DRS 23.7). Durch die VollKons bei Minderheitenanteilen von anderen nicht beherrschenden Gesellschaftern wird die Tatsache berücksichtigt, dass das MU auch bei einem Anteilsbesitz von weniger als 100 % regelmäßig vollständig über alle VG, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten des TU verfügen sowie deren Erträge und Aufwendungen beeinflussen kann. Lediglich in Fällen der Einbeziehung von GemeinschaftsUnt i. R. e. QuotenKons ist kein Minderheitenausweis von nicht beherrschenden Gesellschaftern vorgesehen.
Rz. 3
Die auf die anderen Gesellschafter entfallenden Teile des Jahresergebnisses des TU sind entsprechend § 307 Abs. 2 HGB in der Konzern-GuV nach dem Posten "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag" gesondert auszuweisen. Dabei ist dieser Posten ebenfalls mit "nicht beherrschende Anteile" zu bezeichnen.
Rz. 4
Ein Minderheitenausweis anderer Gesellschafter ist geboten, da die Übernahme sämtlicher VG, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten des konsolidierten TU i. R. d. VollKons auch eine Übernahme des EK-Anteils, der auf die anderen Gesellschafter entfällt, in die Konzernbilanz bedingt.
Rz. 5
Wenngleich die Einbeziehung eines TU in den Konzernabschluss verdeutlicht, dass die Beherrschungsmöglichkeit über das TU in der Hand des MU liegt und nicht den anderen Gesellschaftern zusteht, muss bedacht werden, dass die Anteile dieser Gesellschafter nicht an Bedeutung im eigentlichen Sinne verlieren, da sie den Konzern mittragen und der EK-Charakter beim Übergang in den Konzernabschluss erhalten bleibt. Auch nach IFRS werden die Anteile anderer Gesellschafter und damit von Minderheitseignern im Konzern-EK als "nicht beherrschende Anteile" ausgewiesen (IFRS 10.22).
1.2 Anwendungsbereich
Rz. 6
Der Geltungsbereich des § 307 HGB umfasst alle gem. § 301 HGB vollkonsolidierten Unt, da hier einerseits die vollständige Übernahme von VG, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten in den Konzernabschluss gefordert wird und andererseits bei der Übernahme der entsprechenden Posten aus den Jahresabschlüssen der TU keine Berücksichtigung von Anteilen nicht beherrschender Gesellschafter erfolgt (§ 301 Rz 18).
Rz. 7
Wird die Einbeziehung von GemeinschaftsUnt durch QuotenKons vorgenommen, kommt § 307 HGB nicht zum Tragen. Die Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter werden hier bereits durch den anteilmäßigen Ansatz berücksichtigt (§ 310 Rz 25 ff.). Ebenfalls keine Berücksichtigung findet § 307 HGB bei der Bewertung assoziierter Unt.
Rz. 8
Ist ein Unt zur Konzernrechnungslegung nach dem PublG verpflichtet, gilt § 307 HGB über einen Verweis in § 13 Abs. 2 Satz 1 PublG für Konzernabschlüsse dieses Unt analog.
Rz. 9
§ 307 HGB gilt über die §§ 340i Abs. 1 und 341j Abs. 1 HGB auch für Konzernabschlüsse von Kreditinstituten und VersicherungsUnt; Sondervorschriften sind nicht vorgesehen.
1.3 Normenzusammenhänge
Rz. 10
Die Bindung von § 307 HGB an die VollKons von TU bei der Konzernabschlusserstellung bedingt einen unmittelbaren Zusammenhang mit den sich aus §§ 301–306 HGB ergebenden einzelnen Konsolidierungsmaßnahmen sowie mit der sich aus § 308 HGB resultierenden einheitlichen Bewertung im Konzernabschluss. Darüber hinaus ergibt sich aus der Notwendigkeit der Vereinheitlichung der Währung für den Konzernabschluss und die Handelsbilanz II der entsprechende Bezug zu § 308a HGB. Für die §§ 340i Abs. 1 und 341j Abs. 1 HGB wie auch für § 13 Abs. 2 Satz 1 PublG ergibt sich der Zusammenhang aus einem Verweis auf die Regelungen zum Konzernabschluss im HGB und damit auf § 307 HGB.