Rz. 4
§ 322 HGB ist für alle gesetzlichen Abschlussprüfungen (Jahresabschlussprüfung, Konzernabschlussprüfung) anzuwenden. In den §§ 316–324a HGB sind die gesetzlichen Grundlagen für die Abschlussprüfung kodifiziert. Eine wichtige Ausnahme betreffen Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse, sog. Public Interest Entities (PIE). Für diese sind für nach dem 16.6.2016 beginnende Gj die Regelungen der EU-APrVO unmittelbar anzuwenden (§ 316a Rz 9 ff.). Weiterhin ist der durch das AReG neu eingefügte § 322 Abs. 1a HGB zu beachten, der den Vorrang der von der EU übernommenen ISA regelt (ähnlich wie der seit längerem existierende § 317 Abs. 5 HGB). Da die EU bislang keine ISA übernommen hat, hat Abs. 1a auch nach Inkrafttreten bislang keine praktische Relevanz.
Die im Zuge des FISG mit Wirkung zum 1.7.2021 vorgenommenen Änderungen an Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 haben nur klarstellenden Charakter und stellen keine materiellen Änderungen dar.
Durch das Gesetz zur Offenlegung von Ertragsteuerinformationen wurde mit Wirkung zum 22.6.2023 § 322 Abs. 1 HGB ergänzt, wonach der Abschlussprüfer auch über die Feststellungen nach § 317 Abs. 3b HGB in einem gesonderten Abschnitt zu berichten hat. Gem. Art. 90 EGHGB ist die Erstellung eines Ertragsteuerinformationsberichts erstmals für nach dem 21.6.2024 beginnende Geschäftsjahre aufzustellen. § 322 Abs. 1 HGB ist gem. Satz 3 der Vorschrift erstmals auf das danach folgende Geschäftsjahr anzuwenden, d. h. bei kalendergleichem Geschäftsjahr erstmals für das Geschäftsjahr 2026. Da derzeit noch keine Anwendungsfälle hierzu vorliegen, wird diese Regelung in dieser Auflage nicht weiter kommentiert. Dies bleibt einer der Folgeauflagen vorbehalten.
§ 322 HGB ist gleichermaßen bei Abschlussprüfungen von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten gem. § 340k HGB sowie bei VersicherungsUnt und Pensionsfonds gem. § 341k HGB anzuwenden. Für Genossenschaften sieht § 58 Abs. 2 GenG eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen des § 322 HGB vor, sofern die Genossenschaften die Größenkriterien des § 267 Abs. 3 HGB für große Gesellschaften erfüllen. Etliche andere Gesetze verweisen auf diese gesetzlichen Grundlagen und lehnen sich dementsprechend an die handelsrechtlichen Grundsätze an (z. B. § 6 Abs. 1 PublG, § 34 KHG NRW, § 10 Abs. 1 EnWG).
Rz. 5
Hinsichtlich der zeitlichen Anwendung gilt Folgendes zu beachten. Die durch das BilRUG vorgenommenen Änderungen in § 322 Abs. 1 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 sowie die in Abs. 7 aufgenommenen Sätze 3 und 4 HGB waren erstmals auf das nach dem 31.12.2015 beginnende Gj anzuwenden (Art. 75 Abs. 1 EGHGB), d. h. bei kalendergleichem Gj auf das Gj 2016.
Die durch das AReG vorgenommenen Änderungen des § 322 in Abs. 1, 4 und 7 sowie die neu aufgenommenen Abs. 1a und 6a HGB waren erstmals auf Jahresabschlüsse und Konzernabschlüsse für das nach dem 16.6.2016 beginnende Gj anzuwenden. Demzufolge waren diese Änderungen bei kalendergleichem Gj erstmals in 2017 anzuwenden. Hinsichtlich der vorgesehenen Änderungen von § 322 HGB im Zuge des CSRD-Umsetzungsgesetzes vgl. Rz 215.
Rz. 6
Die WPO enthält berufsrechtliche Vorschriften, die der Wirtschaftsprüfer (auch) bei Abschlussprüfungen zu beachten hat (z. B. §§ 43–44, 48, 50–51b, 53–54a, 55a–56, 57a WPO). Darüber hinaus sind die Vorschriften der gem. § 57 Abs. 3 WPO erlassenen Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer (BS WP/vBP) zu beachten, in der besondere Berufspflichten bei der Durchführung von Prüfungen und der Erstattung von Gutachten niedergelegt sind (§§ 28–44 BS WP/vBP).
Rz. 7
Neben den gesetzlichen Vorschriften existieren für Abschlussprüfer die berufsständischen Grundsätze. Dies sind in Deutschland die vom IDW festgestellten Prüfungsstandards und Prüfungshinweise, die im Wesentlichen auf den entsprechenden internationalen Vorbildern, den ISA, beruhen und darüber hinaus auf Besonderheiten der deutschen Rechtslage eingehen, sowie IDW QS 1.
Rz. 8
Der Abschlussprüfer führt seine Prüfung aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Bilanzierenden durch. Das Ergebnis seiner Abschlussprüfung wird zunächst dem geprüften Unt mitgeteilt, zum einen in der mündlichen Berichterstattung an den Aufsichtsrat, zum anderen in Form des Prüfungsberichts gem. § 321 HGB. Der Prüfungsbericht ist aufgrund seiner Vertraulichkeit im Regelfall nicht für die Öffentlichkeit bestimmt (zu Ausnahmen § 321a Rz 3), sondern nur einem beschränkten Kreis von Adressaten zugänglich (§ 321 Rz 9).
Rz. 9
In Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung erteilt der Abschlussprüfer darüber hinaus einen Bestätigungsvermerk bzw. einen Versagungsvermerk gem. § 322 HGB. Dieser ist insb. für die Öffentlichkeit bestimmt, weshalb er vom prüfungspflichtigen Bilanzierenden i. R. d. Offenlegung gem. § 325 HGB beim BAnz einzureichen ist (§ 325 Rz 69).
Rz. 10
Ein weiterer Unterschied zum Prüfungsbericht liegt darin, dass ein Bestätigungsvermerk bzw. Versagungsvermerk nur erteilt wird, ...