Dipl.-Kfm. Tobias Dreixler
2.1 Konzernrechnungslegungspflicht
Rz. 6
Die Vorschrift setzt zunächst eine Konzernrechnungslegungspflicht eines inländischen MU (inländischer Teilkonzern als Konzernspitze) voraus, dessen Konzernabschluss wegfallen kann. Diese kann sich aus dem HGB (§ 290 HGB i. V. m. § 293 HGB) oder dem PublG (§ 11 PublG) ergeben. Dementsprechend sind diese Vorschriften vorrangig zu prüfen (s. Abb. 1).
Rz. 7
Soweit die Konzernspitze kein Unt i. S. d. § 290 HGB ist, entfällt insoweit die Erleichterungsvorschrift des § 291 HGB.
Privatpersonen, Bund, Länder und Gemeinden (Gebietskörperschaften) qualifizieren sich demnach nicht als befreiendes MU (§ 291 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Neben der Unternehmenseigenschaft des untergeordneten MU setzt § 291 Abs. 1 Satz 1 HGB einen Konzern voraus, bei dem das zu befreiende Unt (MU) einen beherrschenden Einfluss (nach dem Control-Konzept) auf ein anderes Unt (TU) ausübt. Als Rechtsformen für das zu befreiende (Mutter-)Unternehmen kommen entsprechend zu § 290 HGB eine KapG (AG, KGaA oder GmbH) oder eine PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 HGB (KapCoGes) in Betracht. Dessen Einfluss i. R. d. Konzernverflechtung kann sich auf TU mit Sitz sowohl im In- als auch im Ausland (EU/EWR oder Drittstaaten) erstrecken (sog. inländischer Teilkonzern). Die Rechtsform(en) des/der TU ist/sind ebenfalls ohne Bedeutung für die Befreiung nach § 291 HGB. Bei einer reinen Beteiligungsbeziehung i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB ohne Beherrschung ist somit eine Mutter-Tochter-Beziehung nicht erfüllt, auch wenn die Größenklassen des § 293 HGB dabei erfüllt wären.
Praxis-Beispiel 1
Als natürliche Person ist A an U1 als Konzernspitze mit Sitz im Inland (inländisches MU) mit Mehrheit beteiligt. Es besteht eine Konzernverflechtung nach dem Control-Prinzip gem. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB. Daneben sind die Größenklassen nach § 293 HGB sowohl nach der Brutto- als auch nach der Nettomethode überschritten.
Beurteilung
A kann keinen befreienden Konzernabschluss für den inländischen Teilkonzern U1 gem. § 291 HGB aufstellen, da es an der Unternehmenseigenschaft von A fehlt.
Fallvariante
Die Tätigkeit von A geht mit anderen geschäftlichen Aktivitäten über die bloße Vermögensverwaltung hinaus und erfüllt damit die Unternehmenseigenschaft i. S. d. § 290 HGB.
Beurteilung
A kann gem. § 291 HGB einen befreienden Konzernabschluss für den inländischen Teilkonzern U1 aufstellen.
Praxis-Beispiel 2
U1 ist an U2 als Konzernspitze mit Sitz im Inland (inländisches MU) mit 15 % beteiligt. Daneben sind die Größenklassen nach § 293 HGB sowohl nach der Brutto- als auch nach der Nettomethode für U1/U2 erfüllt.
Beurteilung
U1 kann U2 nicht gem. § 290 HGB beherrschen. Es liegt keine Mutter-Tochter-Beziehung vor. Ein befreiender Konzernabschluss durch U1 für U2 kann nicht nach § 291 HGB aufgestellt werden.
Unbeschadet von § 291 HGB sind die Vorschriften nach §§ 264 Abs. 3 u. 4, 264b Abs. 3 HGB, die von der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses einer KapG oder einer PersG i. S. d. § 264a HGB befreien, gesondert zu beurteilen. Allerdings kommt der Vorschrift des § 291 HGB mit Blick auf die Befreiungen beim Einzelabschluss insoweit Bedeutung zu, als ein nach § 291 HGB befreiender Konzernabschluss eine der Voraussetzungen nach §§ 264, 264b HGB erfüllen kann (§ 264 Abs. 3 bzw. § 264b Nr. 1 HGB). Eine Erleichterung für den Jahresabschluss eines TU (keine Prüfung etc.) tritt daher nur ein, wenn das zu befreienden TU in einen (evtl. auch befreienden) Konzernabschluss einbezogen wird.
Praxis-Beispiel 3
U1 ist an U2 als Konzernspitze mit Sitz im Inland (inländisches MU) nicht mit Mehrheit beteiligt. Ferner ist U2 an U3 mit Sitz im Inland beteiligt. U3 ist prüfungspflichtig gem. § 316 HGB. Für U3 hat U1 eine Verlustübernahme erklärt. Zudem wird U3 in den Konzernabschluss von U1 einbezogen.
Beurteilung
U1 kann U2 nicht gem. § 290 HGB beherrschen. Es liegt keine Mutter-Tochter-Beziehung i. S. d. § 290 HGB vor. Ein befreiender Konzernabschluss gem. § 291 HGB durch U1 für U2 kann nicht aufgestellt werden. Eine Befreiung für U3 scheidet damit aber ebenfalls aus.
Rz. 8
Der inländische Teilkonzern bzw. das untergeordnete MU muss nach den Vorschriften des HGB zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sein (sog. Pflicht-Konzernabschluss). Eine solche Verpflichtung ergibt sich dann, wenn das MU unter Einbezug des/der TU die Größenklassen nach § 293 HGB überschreitet. Hinzuweisen ist, dass die VO (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. EG Nr. L 243 S. 1) keine eigenständige Konzernrechnungslegungspflicht festlegt, da diese nach h. M. nach dem jeweiligen nationalen Recht zu prüfen ist.
Sofern der inländische Teilkonzern nicht zur Konzernrechnungslegung verpflichtet ist, ist auch die Befreiungsnorm des § 291 HGB ohne Bedeutung.
Inländische Gleichordnungskonzerne erfüllen insoweit nicht die Voraussetzungen des § 290 HGB, da für solche Konzerne auch keine Pflicht zur Konzernrechnungslegung besteht (§ 290 Rz 23). Eine Bef...