Prof. Dr. Inge Wulf, Dipl.-Oec. Jürgen Lars Sackbrook
2.1 Kontoform (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 6
§ 266 Abs. 1 Satz 1 HGB fordert die Aufstellung der Bilanz in Kontoform. Üblich ist die Darstellung der Aktiva und Passiva nebeneinander in einem T-Konto. Darüber hinaus kann die Bilanz aus Praktikabilitätsgründen, z. B. bei großen AGs, untereinander oder auf zwei unterschiedlichen Seiten dargestellt werden. Die Staffelform darf nicht angewendet werden, weil Art. 9 Abs. 4 i. V. m. Art. 10 Bilanz-RL (Vorgängerregelung: Art. 8 Abs. 1 i. V. m. Art. 10 der 4. EG-RL), die wahlweise die Bilanzdarstellung in Staffelform erlaubt, nicht in nationales Recht umgesetzt wurde.
Angesichts fehlender handelsrechtlicher Bestimmungen dürfen Nicht-KapG – unter Berücksichtigung der Forderung nach einer hinreichenden Gliederung gem. § 247 Abs. 1 HGB – die Bilanz in Staffelform aufstellen, weil diese zum einen auch aussagekräftig und übersichtlich und zum anderen nach der Bilanz-RL erlaubt ist. Gleichwohl ist diese Form bisher wenig verbreitet (§ 247 Rz 10).
2.2 Vorgaben für die Bilanzgliederung (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 7
Die Bilanzgliederung des § 266 HGB folgt keinem bestimmten Prinzip; vielmehr beruht diese auf mehreren, einander überschneidenden Sachgesichtspunkten. Auf der Aktivseite orientiert sich das handelsrechtliche Gliederungsprinzip primär an der Liquidierbarkeit, d. h. Monetarisierung der Posten im Leistungsprozess. Die Gliederung der Passivposten ist an der Fälligkeit der anstehenden Auszahlungen ausgerichtet.
Rz. 8
Die einzelnen Bilanzposten sind nach § 266 Abs. 1 Satz 2 HGB gesondert auszuweisen. Eine Zusammenfassung der einzelnen Posten ist grds. nicht erlaubt (Verrechnungsverbot). Gleiches gilt für die Reihenfolge der Bilanzposten, die ebenfalls grds. nicht verändert werden darf (Grundsatz der formellen Stetigkeit). Dabei ist es unerheblich, ob die gesetzlich vorgesehene Reihenfolge noch zweckmäßig oder zeitgemäß erscheint, da diese auf typische Industrieunternehmen ausgerichtet ist. § 265 HGB mit seinen allgemeinen Gliederungsgrundsätzen erlangt in diesem Zusammenhang ebenso wie die Anhangangaben eine zunehmende Bedeutung, weil sie den bilanzierenden Unt in gewissen Maßen eine Flexibilisierung durch Zusammenfassungen, Erweiterungen und Änderungen der vorgegebenen Positionsfolge unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen ermöglichen (§ 265 Rz 20 ff.).
Der Stetigkeitsgrundsatz ist zu beachten, solange in begründeten Ausnahmefällen keine Durchbrechung erforderlich ist, wie z. B. Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten oder strukturelle Veränderungen (DRS 13.8). Bei Ausweisänderungen sind diese kenntlich zu machen; zusätzlich sind Erläuterungen geboten (DRS 13.28).
2.3 Größenabhängige Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften (Abs. 1)
Rz. 9
Hinsichtlich der Anforderungen an das Bilanzgliederungsschema unterscheidet § 266 Abs. 1 Sätze 2 und 4 HGB die Vorschriften für KapG und denen gleichgestellte PersG in drei Kategorien: zum einen nach § 267 Abs. 1 HGB in kleine und zum anderen nach § 267 Abs. 2 und 3 HGB in mittelgroße und große Ges. sowie darüber hinaus nach § 267a HGB in KleinstKapG. Mittelgroße und große Ges. haben ebenso wie alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften gem. § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB das vollständige Bilanzgliederungsschema gem. Abs. 2 und 3 anzuwenden.
2.3.1 Kleine Kapitalgesellschaften (Abs. 1 Satz 3)
Rz. 10
Kleine Ges. und Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB i. V. m. § 267 Abs. 1 HGB) dürfen eine verkürzte Bilanz aufstellen, d. h., sie brauchen nur die Posten aufzunehmen, die mit Buchstaben und römischen Ziffern bezeichnet sind; die mit arabischen Zahlen bezeichneten Posten müssen nicht ausgewiesen werden.
Rz. 11
Für kleine KapCoGes hat der Gesetzgeber mit dem MicroBilG eine Befreiung von zusätzlich nötigen Untergliederungen festgeschrieben. § 264c Abs. 5 HGB stellt klar, dass die in § 264c Abs. 1–4 HGB festgeschriebenen Sondervorschriften für KapCoGes bei der Ermittlung – nicht jedoch der Gliederung – zusätzlich gelten. Da der Gesetzgeber in § 264c Abs. 5 HGB nicht nur auf den 2012 eingeführten § 266 Abs. 1 Satz 4 HGB für KleinstKapG, sondern auch auf § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB für kleine KapG verweist, haben auch kleine KapCoGes die verkürzten Bilanzen nicht um diese rechtsformspezifischen Angaben zu erweitern. ´
Rz. 12
Die Inanspruchnahme der größenabhängigen Erleichterung kann dennoch aufgrund gesetzlich verankerter Auskunftsrechte oder gesellschaftsvertraglicher Regelungen eingeschränkt werden. So kann z. B. nach § 131 Abs. 1 Satz 3 AktG ein Aktionär einer AG eine nach den Vorschriften für mittelgroße und große Ges. gegliederte Bilanz fordern. Auch gibt es für die GmbH nach § 51a Abs. 1 GmbH, für die OHG nach § 118 HGB und für die KG nach § 166 HGB entsprechende Auskunfts- und Einsichtsrec...