Klaus Bertram, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
2.1 Bewertung von Vermögensgegenständen (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 17
§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB regelt die grds. Bewertung von VG nach Handelsrecht (zur Ausnahme bei saldierungspflichtigem Deckungsvermögen vgl. Rz 117). Die Wertobergrenze von VG bilden die AHK, vermindert um obligatorische Abschreibungen. Die AHK sind in § 255 HGB definiert (§ 255 Rz 17 ff., Rz 79 ff.).
Rz. 18
Obligatorische Abschreibungen betreffen planmäßige Abschreibungen bei VG des AV (Rz 155) sowie außerplanmäßige Abschreibungen bei VG des AV und UV. Nach den rechtsformunabhängig ausgestalteten Bewertungsvorschriften zu außerplanmäßigen Abschreibungen und Wertaufholungen entspricht die Wertuntergrenze nahezu durchgängig der Wertobergrenze. Eine Ausnahme bilden VG des Finanzanlagevermögens, bei denen über die gebotenen Abwertungen hinaus Abschreibungen bei voraussichtlich nicht dauernden Wertminderungen vorgenommen werden können.
Rz. 19
Die nachfolgende Übersicht zeigt die zu berücksichtigenden Regelungen des Niederstwertprinzips für AV (gemildert) und UV (streng):
Abb. 1: Niederstwertprinzip
Einzelheiten zu außerplanmäßigen Abschreibungen regeln Abs. 3 für das AV (Rz 216) und Abs. 4 für das UV (Rz 278).
2.2 Bewertung von Verbindlichkeiten (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 20
Verbindlichkeiten sind nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen. Der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit bestimmt sich nach dem Betrag, der zur Begleichung der Verbindlichkeit aufzuwenden ist. In Geld zu erbringende Verbindlichkeiten sind mit dem Nennbetrag (zu Ausnahmen vgl. Rz 28) oder Rückzahlungsbetrag anzusetzen.
Rz. 21
Der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit aus erhaltenen Lieferungen und Leistungen beinhaltet auch die vom Gläubiger in Rechnung gestellte Umsatzsteuer. Erhaltene Anzahlungen sind demgegenüber netto zu bilanzieren. Die abzuführende Umsatzsteuer führt zum Ansatz einer Verbindlichkeit ggü. dem Finanzamt. Bei der Nettobilanzierung bleibt es auch, wenn die Umsatzsteuer abgeführt ist. Scheitert das Geschäft, ist ggü. dem Kunden zwar der Bruttobetrag zu erstatten, i. H. d. Umsatzsteueranteils wächst dem Unt allerdings ein Rückerstattungsanspruch ggü. dem Finanzamt zu. Solange keine Hinweise auf eine bevorstehende Rückabwicklung der empfangenen gegenseitigen Leistungen vorliegen, ist dieser rechtlich noch nicht entstandene Anspruch gegen das Finanzamt nach den Grundsätzen des Subunternehmerurteils des BFH mit der Verbindlichkeit aus der erhaltenen Anzahlung zu verrechnen.
Rz. 22
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, die unter Inanspruchnahme eines Skontos beglichen werden können, sind nach der Rechtsprechung des BFH zum ungekürzten Erfüllungsbetrag zu bewerten. Stammt die Verbindlichkeit aus dem Erwerb von VG, sind deren Anschaffungskosten (AK) erst mit Inanspruchnahme des Skontoabzugs zu mindern. Begründen lässt sich diese Verfahrensweise mit dem Gebot, die AK im Zeitpunkt des Zugangs des VG zu bestimmen. Die Entscheidung zur Zahlung unter Skontoabzug fällt regelmäßig später.
Die Praxis verfährt tw. abweichend und bilanziert bei beabsichtigter Skontoinanspruchnahme Verbindlichkeit und ggf. VG unter Abzug des Preisnachlasses. Hiergegen bestehen keine Bedenken, wenn bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Verbindlichkeit endgültig entschieden wird, den Skontoabzug wahrzunehmen. Der erforderliche Nachweis kann über eine entsprechende Praxis in der Vergangenheit geführt werden. Eine abweichende tatsächliche Regulierung der Verbindlichkeit innerhalb des Wertaufhellungszeitraums schließt einen Skontoabzug aus.
Rz. 23
In dem (seltenen) Fall eines Rückzahlungsdisagios umfasst der Erfüllungsbetrag nicht das Rückzahlungsagio.
Die A-GmbH nimmt am 1.1.01 ein Darlehen i. H. v. 100 GE auf, das vollständig ausgezahlt wird. Die Rückzahlung des Darlehens ist in einer Summe zum 31.12.03 vereinbart. Am Rückzahlungstag ist darüber hinaus ein Rückzahlungsagio i. H. v. 9 GE zu erbringen. Die vereinbarten Zinsen von 5 % sind jeweils zum Ende eines Kj fällig.
Die A-GmbH bilanziert am 1.1.01 eine Verbindlichkeit i. H. d. Rückzahlungsbetrags von 100 GE. Der am 31.12.03 zusätzlich geschuldete Betrag von 9 GE hat wirtschaftlich Zinscharakter. Er ist über die Laufzeit des Kreditverhältnisses verteilt zu erfassen. Das macht es erforderlich, die effektive Zinsbelastung aus der Verbindlichkeit zu ermitteln und den passivierten Darlehensbetrag jährlich um die (noch) nicht gezahlten Zinsen zu erhöhen. Unter Wesentlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten kann eine lineare Verteilung des Rückzahlungsagios vertretbar sein. Die Buchungssätze lauten:
Datum |
Konto |
Soll |
Haben |
1.1.01 |
Guthaben bei Kreditinstituten |
100 |
|
|
Sonstige Verbindlichkeit |
|
100 |
31.12.01 |
Zinsen und ähnliche Aufwendungen |
8 |
|
|
Sonstige Verbindlichkeit |
|
3 |
|
Guthaben bei Kreditinstituten |
|
5 |
31.12.02 |
Zinsen und ähnliche Aufwendungen |
8 |
|
|
Sonstige Verbindlichkeit |
|
3 |
|
Guthaben bei Kreditinstituten |
|
5 |
31.12.03 |
Zinsen und ähnliche Aufwendungen |
8 |
|
|
Sonstige Verbindlichkeiten |
106 |
|
|
Guthaben bei Kreditinstituten |
|
114 |
Rz. 24
Bei einem (ebenfalls eher seltenen) Auszahlungsagio ist der Auszahl...