Rz. 10
Die Vorschrift findet gem. Abs. 1 Satz 1 Anwendung auf Fälle, in denen über das Vermögen der Ges. ein Insolvenzverfahren eröffnet (§ 27 Abs. 1 InsO) oder ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist (§ 26 Abs. 1 InsO).
Rz. 11
Weitere Voraussetzung ist, dass bei der Ges. eine gesetzliche Pflichtprüfung erfolgt ist. Prüfungspflichtig nach Handelsrecht sind:
- große und mittelgroße KapG (AG, KGaA, GmbH, SE),
- große und mittelgroße KapCoGes.
Rz. 12
Ges. i. S. v. § 1 PublG sind zwar gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 PublG unter Verweis auf §§ 321–324 HGB prüfungspflichtig. Natürliche Personen als Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter sind allerdings nicht insolvenzfähig, sodass die Voraussetzungen von Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllt sind und kein Einsichtnahmerecht besteht.
Rz. 13
Bei Genossenschaften besteht zwar ebenfalls Prüfungspflicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften (§§ 53 ff. GenG). Dort existiert aber keine dem Regelungsgehalt von § 321a HGB entsprechende Vorschrift oder eine Verweisung auf § 321a HGB, sodass bei Prüfungsberichten von Genossenschaften kein Einsichtnahmerecht besteht.
Rz. 14
Soweit die Prüfungspflicht aufgrund spezialgesetzlicher Regelung mit Verweis auf die analoge Anwendung der Vorschriften über die handelsrechtliche Pflichtprüfung beruht, entsteht auch ein Einsichtnahmerecht gem. § 321a HGB. So ordnet § 8 Abs. 1 UBGG für kleine UBG in der Rechtsform der KapG an, dass für diese die für mittelgroße KapG geltenden Vorschriften, d. h. auch die zur Pflichtprüfung, anzuwenden sind. Zum Umfang des Einsichtsrechts vgl. Rz 23.
Rz. 15
Bei Ges., die unter Inanspruchnahme von § 264 Abs. 3 bzw. § 264b HGB keinen Jahresabschluss haben prüfen lassen, erscheint es fraglich, ob die Gläubiger ein Einsichtsrecht für den Prüfungsbericht des befreienden Konzernabschlusses haben. Der Konzernabschluss ist zwar in diesen Fällen das einzige Informationsinstrument für die Gläubiger. Wenn der Gesetzgeber hier aber Gläubigern von TU entgegen Abs. 4 der Vorschrift ein Einsichtsrecht gewähren wollte, hätte er dies regeln müssen. In den Fällen, in denen das den befreienden Konzernabschluss aufstellende MU selbst die Befreiung gem. § 264 Abs. 3 bzw. § 264b HGB für den Jahresabschluss in Anspruch nimmt, ist das Einsichtsrecht in den Konzernprüfungsbericht in Abs. 4 geregelt (Rz 50).
Rz. 16
Freiwillige Abschlussprüfungen sind ebenfalls nicht vom Regelungsbereich des § 321a HGB erfasst, sodass auch hier kein gesetzliches Einsichtnahmerecht besteht. Soweit der Insolvenzverwalter in Fällen freiwilliger Abschlussprüfung ungeachtet des Nichtbestehens eines gesetzlichen Einsichtsrechts den Prüfungsbericht Gläubigern, Gesellschaftern oder sonstigen Dritten zugänglich machen möchte, macht er sich ggf. strafbar (z. B. gem. § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG, § 85 Abs. 1 GmbHG). Da auch bei freiwilligen Abschlussprüfungen dem Prüfungsvertrag regelmäßig allgemeine Auftragsbedingungen inkl. Haftungs- und Weitergabebeschränkungen zugrunde liegen, macht er sich darüber hinaus gegenüber dem Abschlussprüfer ggf. schadensersatzpflichtig.