Rz. 129
Die Regelung des Nr. 21 verpflichtet mittelgroße und große KapG/KapCoGes zu Angaben zumindest über die wesentlichen marktunüblichen Geschäfte der Ges. mit nahestehenden Unt und Personen, einschl. der Angaben über deren Wertumfang und über die Art der Beziehung zu den nahestehenden Unt und Personen. Außerdem sind weitere Angaben über solche Geschäfte zu machen, die für die Beurteilung der Finanzlage der Ges. notwendig sind.
Rz. 130
Die Regelung stellt es als Übernahme des Mitgliedstaatenwahlrechts aus der RL 2013/34/EU den Angabepflichtigen frei, entweder nur die wesentlichen marktunüblichen Geschäfte anzugeben oder über alle Geschäfte mit nahestehenden Unt und Personen zu berichten. Mit der Angabepflicht werden die handelsrechtlichen Berichtspflichten an die internationale Rechnungslegung angepasst und mehr Transparenz geschaffen, dem Schlüsselfaktor für eine gute Corporate Governance. Die Regelung im HGB ist trotz Hinweis auf die Verhältnismäßigkeit des Mehraufwands komplexer als die entsprechenden Vorschriften des IAS 24 (Related Party Disclosures) und führt folglich auch zu einem entsprechend höheren Mehraufwand für HGB-Bilanzierer.
Rz. 131
Daneben kennt das Handelsrecht Vorschriften, die eine Transparenz
- über die Beziehungen zu verbundenen Unt (§ 271 Abs. 2 HGB i. V. m. §§ 266, 268, 275, 285 Nrn. 3 und 14 HGB),
- über die Mitglieder der Unternehmensführung und der Kontrollorgane (Nrn. 9 und 10),
- über Unt, deren Anteile gehalten werden (Nrn. 11 und 11a) und
- über Unt, die in den Konzernabschluss einbezogen werden (§§ 313, 314 HGB), herstellen.
Auch außerhalb des HGB regeln Vorschriften die Pflicht zur Angabe über nahestehende Unt und Personen (§ 312 AktG; §§ 20f. AktG). Im DCGK 2022 findet sich noch der Hinweis auf die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats für Geschäfte mit nahestehenden Personen. Mit Umsetzung des ARUG II wurden für börsennotierte Unt deutlich ausgeweitete Regelungen zur Zustimmung und Offenlegung derartiger Geschäfte ins AktG als §§ 111a bis 111c AktG geschrieben.
Rz. 132
Als Rechnungslegungsvorschrift, die den Begriff der nahestehenden Unt und Personen definiert, kommen hier nur die internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) in Betracht, die auch nach dem ARUG II mit § 111a AktG im Zuge eines Verweises Eingang in ein deutsches Gesetz gefunden hat. Nach IAS 24.1 (Präambel) ist sicherzustellen, dass die Abschlüsse eines Unt die notwendigen Angaben enthalten, um auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unt u. U. durch die Existenz nahestehender Unt und Personen sowie durch Geschäftsvorfälle und ausstehende Salden beeinflusst werden kann. Als "nahestehend" ist nach IAS 24.9 nach dessen Neufassung anzusehen
- ein Unt aus dem KonsKreis, zu dem das berichtende Unt gehört,
- ein assoziiertes Unt oder ein GemeinschaftsUnt des Konzerns, zu dem das berichtende Unt gehört,
- ein GemeinschaftsUnt, wenn es ebenfalls dem herrschenden Unt gehört wie das berichtende (Gemeinschafts-)Unt,
- ein Unt, das in die betriebliche Versorgung von eigenen Arbeitnehmern (Pensionsplan) eingebunden ist,
- ein Unt, welches von einer als nahestehend klassifizierten Person beherrscht wird oder worauf diese einen maßgeblichen Einfluss hat,
- eine Person, die das berichtende Unt beherrscht, an der gemeinschaftlichen Führung beteiligt ist oder einen maßgeblichen Einfluss ausüben kann,
- eine Person im Management des berichtenden Unt oder des beherrschenden MU, die eine Schlüsselrolle bekleidet,
- nahe Familienangehörige, d. h. Kinder, Ehegatten oder Lebenspartner, Kinder von Ehegatten und Lebenspartnern sowie abhängige Angehörige (auch von Ehegatten und Lebenspartnern) der vorgenannten Personen.
Rz. 133
Diesen Bezug zu den internationalen Rechnungslegungsvorschriften stellt auch die Gesetzesbegründung zum BilMoG her, nach der "gemäß Art. 43 Abs. 1 Nr. 7b Bilanz-RL i. d. F. der Abänderungs-RL der Begriff "nahestehende Unternehmen und Personen" im Sinn der gem. der IAS-Verordnung übernommenen internationalen Rechnungslegungsstandards – also gegenwärtig im Sinn von IAS 24 – zu verstehen" ist.
Rz. 134
Was als "Geschäft" i. S. d. Vorschrift zu qualifizieren ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers "funktional" ausgelegt werden, also über die Rechtsgeschäfte im rechtlichen Sinn hinausgehen. Insofern ergeben sich Abweichungen von der Berichtspflicht gem. § 312 AktG. Transaktionen nicht nur rechtlicher, sondern gerade wirtschaftlicher Art, die sich auf die Finanzlage eines Unt auswirken können, sollen erfasst werden. Es ist i. S. d. IAS 24.10 der wirtschaftliche Gehalt der Beziehung und nicht allein die rechtliche Gestaltung zu prüfen. Beispielhaft werden von der Gesetzesbegründung Käufe oder Verkäufe von Grundstücken und/oder Gebäuden oder fertigen oder unfertigen Waren oder Erzeugnissen, der Bezug oder die Erbringung von Dienstleistungen, die Nutzung oder Nutzungsüberlassung von Vermögensgegenständen, Finanzierungen, die Gewährung von Bürgschaften oder anderen Sicherheiten,...