Dipl.-Oec. Dirk Veldkamp, Klaus Bertram
Rz. 26
Sofern der Vorjahresabschluss nicht geprüft worden ist, sind bei der Abschlussprüfung des Folgeabschlusses die Grundsätze über Erstprüfungen zu beachten. Falls der Abschlussprüfer des Folgeabschlusses gegen die Bilanz des Vorjahresabschlusses keine Einwendungen aufgrund von Verstößen gegen handelsrechtliche Rechnungslegungsvorschriften zu erheben hat, ergeben sich aus der Nichtigkeit des Vorjahresabschlusses keine Auswirkungen auf die Einschätzung der Ordnungsmäßigkeit des zu prüfenden Folgeabschlusses.
Rz. 27
Anderenfalls ist der Folgeabschluss nur dann als ordnungsmäßig zu beurteilen, wenn den Einwendungen entweder durch eine Änderung des Vorjahresabschlusses entsprochen worden ist oder die Fehler im Folgeabschluss unter Beachtung des Bilanzzusammenhangs ergebniswirksam korrigiert und die daraus resultierenden Erfolgswirkungen gesondert ausgewiesen und angemessen erläutert wurden.
Rz. 28
Sofern der nichtige Vorjahresabschluss (unwirksam) festgestellt und ein (ebenfalls unwirksamer) Ergebnisverwendungsbeschluss gefasst worden ist, ist die Ordnungsmäßigkeit des Folgeabschlusses ferner danach zu beurteilen, ob die Rechtsfolgen aus der Nichtigkeit des Vorjahresabschlusses im Folgeabschluss zutreffend berücksichtigt worden sind (z. B. Stornierung einer auf einem unwirksamen Ergebnisverwendungsbeschluss beruhenden Rücklagendotierung zugunsten des Ergebnisvortrags).
Rz. 29
Vor diesem Hintergrund ist über eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks oder die Erteilung eines Versagungsvermerks ausschl. nach Maßgabe der Ordnungsmäßigkeit des zu prüfenden Jahresabschlusses zu entscheiden.
Die Möglichkeit der Erteilung eines uneingeschränkten oder eingeschränkten Bestätigungsvermerks zu dem Folgeabschluss ist weiterhin danach zu beurteilen, ob die zuständigen Gesellschaftsorgane die Feststellung des Vorjahresabschlusses unterlassen haben oder ein – wenn auch wegen der fehlenden Prüfung unwirksamer – Feststellungsbeschluss vorliegt.
Rz. 30
Auch bei einem unwirksamen Feststellungsbeschluss ist davon auszugehen, dass dieser den Willen der zuständigen Organe zum Ausdruck bringt, den (nichtigen) Abschluss für verbindlich zu erklären. Sofern nicht im Einzelfall abweichende Umstände bestehen, kann somit von einer hinreichend sicheren Grundlage für die Urteilsfindung des Abschlussprüfers und damit für die Erteilung eines Bestätigungsvermerks für den Folgeabschluss ausgegangen werden.
Rz. 31
Dem steht nicht entgegen, dass der nichtige Vorjahresabschluss noch geändert werden könnte, da auch wirksam festgestellte Abschlüsse grds. durch das Feststellungsorgan geändert werden können. Es besteht somit keine besondere Unsicherheit, die zusätzliche Ausführungen zu der unterlassenen Prüfung des Vorjahresabschlusses im Bestätigungsvermerk geboten erscheinen lassen.
Rz. 32
Etwas anderes gilt, wenn die Feststellungsorgane keinen (unwirksamen) Feststellungsbeschluss gefasst haben, da es in diesem Fall mangels Vorjahreszahlen an einer sicheren Grundlage für die Urteilsbildung des AP zu dem zu prüfenden Jahresabschlusses mangelt.
Dementsprechend kommt die Erteilung eines uneingeschränkten oder eingeschränkten Bestätigungsvermerks nicht in Betracht.
Rz. 33
Ein Urteil des Abschlussprüfers über den Jahresabschluss kann in diesem Fall nur auf der Basis der Annahme einer Beschlussfassung der Gesellschafter über den Vorjahresabschluss in der dem Abschlussprüfer vorgelegten Form getroffen werden, sofern diese Beschlussfassung mit Sicherheit erwartet werden kann.
Der Bestätigungsvermerk kann in diesem Fall nur schwebend unwirksam unter dem Vorbehalt der Beschlussfassung über den Vorjahresabschluss erteilt werden (bedingte Erteilung des Bestätigungsvermerks).
Rz. 34
In allen anderen Fällen ist der Bestätigungsvermerk unter Hinweis auf die Unmöglichkeit der abschließenden Urteilsbildung zu versagen.
Sofern als Ergebnis der Jahresabschlussprüfung eine Einschränkung oder bedingte Erteilung des Bestätigungsvermerks erfolgt, ist der Grund dafür zu erläutern.