1 Überblick
1.1 Inhalt
Rz. 1
§ 249 HGB ist eine für alle nach HGB rechnungslegungspflichtigen Kfl. gültige Vorschrift. Neben dem Jahresabschluss ist die Vorschrift über § 298 Abs. 1 HGB auch für den Konzernabschluss anzuwenden.
Rz. 2
§ 247 Abs. 1 HGB schreibt vor, dass in der Bilanz Schulden auszuweisen sind. Unter dem Begriff Schulden werden neben Verbindlichkeiten auch Rückstellungen erfasst (§ 247 Rz 111). Zur Abgrenzung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen vgl. § 247 Rz 116.
Rz. 3
§ 249 HGB regelt die Vorschriften für den Ansatz von Rückstellungen. Darüber hinaus existieren spezielle Ansatzvorschriften in §§ 341e–h HGB (sog. versicherungstechnische Rückstellungen), in § 56a VAG (Rückstellungen zur Berücksichtigung der Überschussbeteiligung der Versicherten), in § 17 DMBilG sowie in den Übergangsregelungen gem. Art. 28, Art. 66 Abs. 3, 5, 7, Art. 67 Abs. 1, 3, 5 EGHGB.
Rz. 4
Die Bewertung von Rückstellungen beruht auf § 253 Abs. 1 und 2 HGB unter Berücksichtigung der Übergangsregelungen gem. Art. 66 Abs. 3, 5, 7, Art. 67 Abs. 1, 4, 5, 6 EGHGB.
Rz. 5
§ 266 Abs. 3 HGB enthält Regelungen zum Ausweis von Rückstellungen in der Bilanz von KapG und KapCoGes. § 277 Abs. 5 HGB enthält Regelungen zum GuV-Ausweis von Erträgen bzw. Aufwendungen aus der Abzinsung von Rückstellungen. Die für Rückstellungen erforderlichen Anhangangaben finden sich in §§ 284 Abs. 2 Nr. 1, 285 Nrn. 12, 24 HGB sowie Art. 28 Abs. 2, Art. 66 Abs. 2, 3, 5, Art. 67 Abs. 1, 2, 8 EGHGB.
Rz. 6
Die in § 251 HGB geregelten Haftungsverhältnisse können bei entsprechender Konkretisierung zur Bildung von Rückstellungen führen (§ 251 Rz 47).
1.2 Begriff und Merkmale von Rückstellungen
Rz. 7
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind die statische und die dynamische Bilanzauffassung zu unterscheiden. Die statische Bilanzauffassung stellt die vollständige Abbildung der Verpflichtungen des Unt in den Vordergrund. Der Ausweis von Verbindlichkeitsrückstellungen ist nach dieser Sichtweise dann geboten, wenn zwar noch keine Verbindlichkeit vorliegt, am Abschlussstichtag aber bereits eine Verpflichtung ggü. Dritten besteht oder zumindest nach den Grundsätzen einer vorsichtigen Bilanzierung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) von dem Bestehen einer Verpflichtung ausgegangen werden muss. Dieses Abstellen auf den Schuldcharakter der Rückstellung zeigt sich auch darin, dass eine Schuld nach dieser Sichtweise bereits dann vorliegt, wenn sie wirtschaftlich begründet ist, ohne dass dem Gläubiger ein Anspruch zustehen muss.
Rz. 8
Die dynamische Bilanzauffassung stellt demgegenüber auf den zutreffenden Erfolgsausweis ab, d. h., die zutreffende Periodisierung nach dem Verursachungsprinzip steht hier im Vordergrund. Der dynamische Rückstellungsbegriff ist demzufolge weiter gefasst als der statische. Er beinhaltet nicht nur Verbindlichkeitsrückstellungen, sondern auch die Periodisierung von stoßweise anfallenden Ausgaben (z. B. Großreparaturen). Seit dem BilMoG hat der dynamische Rückstellungsbegriff deutlich an Bedeutung verloren, was sich insb. an dem Wegfall der sog. Aufwandsrückstellung (§ 249 Abs. 2 HGB a. F.) zeigte. Gleichwohl hat die dynamische Bilanzauffassung unverändert Einfluss in das deutsche Bilanzrecht, wie sich z. B. bei der Periodisierung von Rückstellungen für Rückbauverpflichtungen zeigt (§ 253 Rz 65).
Rz. 9
Der Ansatz von Rückstellungen nach § 249 HGB kann entsprechend in Außen- und Innenverpflichtungen unterschieden werden.
Als Außenverpflichtungen gelten:
- Ungewisse Verbindlichkeiten (Abs. 1 Satz 1 1. Alt.);
- Drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (Abs. 1 Satz 1 2. Alt.);
- Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2).
Als Innenverpflichtungen gelten:
- Unterlassene Instandhaltungsaufwendungen, die im folgenden Gj innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 1. Alt.);
- Unterlassende Abraumbeseitigung, die im folgenden Gj nachgeholt wird (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 2. Alt.).
1.3 Bildung, Verbrauch und Auflösung von Rückstellungen
Rz. 10
Auch für Rückstellungen gelten die Grundsätze der Inventur (§ 240 Rz 5), da der Jahresabschluss sämtliche Schulden und damit auch Rückstellungen enthalten muss (§ 246 Abs. 1 HGB). Es ist daher zu jedem Abschlussstichtag eine Inventur der Risiken vorzunehmen, was je nach Unternehmensgröße entsprechende organisatorische Voraussetzungen erfordert. Gerade bei Rückstellungen besteht nämlich die Gefahr, dass die Vollständigkeit nicht alleine durch den für die Aufstellung des Jahresabschlusses Verantwortlichen (z. B. kfm. Leiter) gewährleistet werden kann.
Rz. 11
Vielmehr sind unternehmensweit Untersuchungen betreffend rückstellungsrelevanter Sachverhalte anzustellen, die in allen Funktionsbereichen des Unt (z. B. Einkauf, Produktion, Verkauf) sowie den sonstigen Unternehmensabteilungen (z. B. F&E, Personalabteilung, Rechtsabteilung, Immobilienverwaltung) auftreten können. Derartige Untersuchungen können z. B. hinsichtlich folgender möglicher Rückstellungsgründe geboten sein (Aufzählung nicht a...