3.1 Anwendungsvoraussetzungen

 

Rz. 16

Nach § 240 Abs. 2 HGB darf der Kfm. auf eine Stichtagsinventur verzichten, wenn durch andere Verfahren eine ordnungsmäßige Bestandsermittlung möglich ist. Folgende Anwendungsvoraussetzungen muss der Kfm. erfüllen:

  • Das angewandte Verfahren muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen.
  • Es muss Bestandszuverlässigkeit gegeben sein.
  • Der Bestand muss sich nach Art, Menge und Wert ohne körperliche Bestandsaufnahme feststellen lassen können.
 

Rz. 17

Andere Inventurverfahren i. S. d. § 241 Abs. 2 HGB sind bspw.

  • die permanente Inventur (Rz 18),
  • die Einlagerungsinventur (Rz 20) und
  • die systemgestützte Werkstattinventur (Rz 27).

3.2 Permanente Inventur

 

Rz. 18

Bei der permanenten Inventur handelt es sich um ein Bestandsfortschreibungsverfahren, bei dem sämtliche Bestandsbewegungen unmittelbar erfasst und die jeweiligen Bestände nach Art, Menge und Wert fortgeschrieben werden. Bei ordnungsmäßiger Bestandsbuchführung ist es jederzeit möglich, aus den geführten Aufzeichnungen die aktuellen Bestände zu ermitteln. Soweit die Buchbestände von den tatsächlichen Beständen auf Lager nicht wesentlich abweichen – das System also bestandszuverlässig ist –, bedarf es keiner Stichtagsinventur zur Feststellung der Bestände.

 

Rz. 19

Das Gesetz fordert, dass bei einer permanenten Inventur Art, Menge und Wert der Bestände aufgezeichnet werden.[1] In der Praxis führt die Fortschreibung der Werte zu Problemen. Dies liegt daran, dass bei Zugängen (bspw. Lagereingang) meist nur Art und Menge an der Erfassungsstelle bekannt sind, während der Wert der Bestände an anderer Stelle bekannt ist (bspw. Einkaufsabteilung, Rechnungswesen). Weiter ändern sich zum Zeitpunkt des Zugangs bekannte Werte später noch durch bspw. Skonti, Rabatte, nachträgliche Preisnachlässe (Boni). Die Zu- und Abgänge müssen laufend bewertet werden, um sie weiterverrechnen zu können (bspw. für laufende Einrechnung von Bestandsentnahmen in die HK unfertiger Erzeugnisse). Deshalb erfordert eine permanente Inventur einen schnellen betriebsinternen Belegfluss und eine umgehende Buchung von Belegen. Soweit zur Umgehung dieses Problems mit festen Verrechnungspreisen gearbeitet wird, müssen bei Inventaraufstellung entsprechende Wertanpassungen vorgenommen werden.

3.3 Einlagerungsinventur

 

Rz. 20

§ 241 Abs. 2 HGB lässt eine Einlagerungsinventur zu. Hier werden Art, Menge und Wert nur bei der Einlagerung erfasst. Die Bestände werden ohne Inventur bis zur Auslagerung fortgeführt. Bei der Auslagerung wird der gesamte Bestand als Abgang behandelt, Teilabgänge werden als Gesamtauslagerung und Einlagerung des nicht verbrauchten Restbestands abgebildet.

 

Rz. 21

Anwendungsgebiet der Einlagerungsinventur sind vollautomatische Lagersysteme (bspw. Hochregallager). Ein Hochregallager ist ein zugangsgesperrter Lagerraum mit einem automatischen Einlagerungs- bzw. Auslagerungssystem, bei dem jeder gelagerten Einheit ein bestimmter Lagerplatz zugewiesen ist. Dadurch kann der gelagerte Bestand jederzeit nach Art, Menge und Wert identifiziert werden. Deshalb können Ein- und Auslagerungsvorgänge für die Inventur genutzt werden.

 

Rz. 22

Dazu muss das IKS sicherstellen, dass räumliche Sicherungsmaßnahmen eingerichtet sind. Die Einlagerungsinventur baut darauf, dass das Lager ein sicherer, im Normalfall für Personen unzugänglicher Lagerplatz ist. Dies ist für die Annahme der Bestandszuverlässigkeit von zentraler Bedeutung, da Schwund, unzulässige Teilauslagerungen und Beschädigungen dann nahezu ausgeschlossen sind.

 

Rz. 23

Besonderheiten ergeben sich bei der Bewertung der Bestände; da es prinzipiell möglich ist, jedem eingelagerten Bestand individuelle AHK zuzuweisen, stellt sich die Frage, ob die Bestandsbewertung stets individuell erfolgen muss oder ob ein Verbrauchsfolgeverfahren nach § 256 HGB angewandt werden kann. Beide Bewertungsverfahren sind handelsrechtlich zulässig, müssen aber stetig angewandt werden.

Das BMF lehnt dagegen die Anwendung des Lifo-Verfahrens nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG ab, wenn ohne zusätzlichen Aufwand die individuellen AK zugeordnet werden können.[1] Diese Auffassung wird in der Literatur kritisiert.[2] Dass durch geschickte Bestandsführung die Lifo-Methode nachgebildet werden kann und darüber hinaus eigentlich nicht zugelassene Verbrauchsfolgen (wie bspw. Hifo) hergestellt und steuerlich anerkannt werden müssen (Rz 24), scheint der Finanzverwaltung entgangen zu sein.

 

Rz. 24

Bei einer individuellen Bewertung der Bestände stellt sich die Frage, ob das Unt durch Steuerung der Entnahmen auch Verbrauchsfolgen herstellen darf, die als Verbrauchsfolgeverfahren nicht anerkannt sind (bspw. Hifo, Lofo, Kifo, Kilo etc.), sich aber durch tatsächliche Entnahmen ergeben. Zunächst ist festzuhalten, dass die Verbrauchsfolgeverfahren eine Verbrauchsfiktion aufstellen, die nicht der tatsächlichen Verbrauchsfolge entsprechen muss. Bei der Einlagerungsinventur handelt es sich jedoch bei individueller Bewertung um eine tatsäc...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?