Daniel Münster, Annette Meier-Behringer
Rz. 11
Gegenstand der Tathandlung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes zunächst ein Geheimnis unter besonderer Nennung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses. Insoweit ist der Gesetzeswortlaut mit den Vorschriften der § 404 AktG und § 85 GmbHG identisch. Bei § 333 HGB kommt für die Beschäftigten der Prüfstelle als weiterer Tatgegenstand die Erkenntnis über das Unt hinzu.
3.1.1 Geheimnis
Rz. 12
Trotz der besonderen Hervorhebung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses in § 333 HGB ist jedes Geheimnis geschützt. Bei der namentlichen Nennung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses handelt es sich lediglich um die Hervorhebung des praktisch wichtigsten Anwendungsgebiets.
Rz. 13
Ein Geheimnis ist eine nicht offenkundige Tatsache, die das Unt betrifft und bez. derer die Ges. ein objektiv anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse hat. Erforderlich ist zudem, dass auch die Ges. diese Tatsache nicht offenbaren will (Geheimhaltungswille).
Rz. 14
Durch § 333 HGB werden nicht nur Geheimnisse der geprüften Ges. geschützt, sondern auch Geheimnisse von TU i. S. d. § 290 HGB, GemeinschaftsUnt nach § 310 HGB oder assoziierten Unt gem. § 311 HGB.
3.1.1.1 Fehlende Offenkundigkeit
Rz. 15
Eine Tatsache ist dann offenkundig, wenn sie allgemein bekannt oder derart zugänglich ist, dass sie von einem außenstehenden Dritten jederzeit auf legalem Weg in Erfahrung gebracht werden kann. Demnach fehlt es an der Offenkundigkeit, wenn bereits eine Tatsache nur einem eng begrenzten, noch überschaubaren Personenkreis bekannt ist.
Rz. 16
Auch dann wenn die Tatsache über den Kreis der Personen, für deren Kenntnis sie bestimmt ist, hinaus bekannt geworden ist, liegt noch ein Geheimnis vor, weil die Tatsache anderen Personen noch unbekannt ist (relative Unbekanntheit). Erst wenn die Tatsache dem beliebigen, nicht mehr kontrollierbaren Zugriff Dritter preisgegeben ist, liegt Offenkundigkeit und damit kein Geheimnis mehr vor.
3.1.1.2 Geheimhaltungsinteresse
Rz. 17
An der nicht offenkundigen Tatsache muss ein nach objektiven Kriterien festzustellendes Geheimhaltungsinteresse der KapG bestehen, welches durch Maßstäbe einer sachgemäßen Unternehmensführung bestimmt wird. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn die Geheimhaltung geboten ist, um eine sonst drohende, materielle oder immaterielle Beeinträchtigung der Interessen der Ges. abzuwenden.
Eine materielle oder immaterielle Beeinträchtigung der Interessen der Ges. kann etwa bei Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit, Ansehensminderung oder Vertrauensverlust gegeben sein.
3.1.1.3 Geheimhaltungswille
Rz. 18
Als weitere Voraussetzung des Geheimnisses muss die Geheimhaltung mit dem wirklichen oder vermutlichen Willen der KapG in Einklang stehen. Ein willkürlicher, durch keinerlei sachliche Gründe gebotener Geheimhaltungswille ist jedoch nicht strafrechtlich geschützt. Maßstab für die Anerkennung eines Geheimhaltungsinteresses ist insoweit die sachgemäße Unternehmensführung.
Bei der Bestimmung des Geheimhaltungswillens kommt es auf den Willen des zuständigen Organs der KapG an; eine explizite Deklarierung als Geheimnis ist aber nicht erforderlich, denn der Geheimnisbegriff ist nicht formal, sondern inhaltlich-materiell bestimmt.
Rz. 19
Als Beispiele für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden i. d. R. genannt: Jahresabschlüsse, Kundenlisten, Lieferantenlisten, Lohn- und Gehaltslisten, Personalakten, Kalkulationsunterlagen, Einkaufspreislisten, Herstellungsverfahren, Zahlungsbedingungen, Gesellschafterbeschlüsse, Protokolle von Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen, Beteiligungsverhältnisse und dergleichen mehr.
3.1.2 Erkenntnis über das Unternehmen
Rz. 20
Für Beschäftigte einer Prüfstelle wird als zusätzliches Tatbestandsmerkmal in § 333 HGB a. F. die Erkenntnis über das Unt aufgeführt. Die Geheimhaltungspflicht wird dadurch erweitert und umfasst für Beschäftigte einer Prüfstelle nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sondern das gesamte Innenleben des Unt. Dazu zählt auch das von der Prüfstelle gefunden...