3.3.4.1 Materialeinzelkosten

 

Rz. 112

Zu den Materialeinzelkosten zählen allen voran Ausgaben für Rohstoffe, die zur Herstellung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse sowie der selbsterstellten Anlagen verwendet werden. Hilfsstoffe werden, sofern ihnen keine mengen- oder wertmäßige Bedeutung zukommt, meist als (unechte) Gemeinkosten erfasst. Entsprechend ihrem Einzelkostencharakter sind sie bei mengen- oder wertmäßiger Bedeutung handelsrechtlich jedoch als Einzelkosten aktivierungspflichtig.[1]

 

Rz. 113

Selbsthergestellte Halb- und Fertigfabrikate, recycelte Überschüsse bzw. Abfälle sowie wiederverwertungsunfähige Materialverluste gehören ebenfalls zu den Materialeinzelkosten. Ist die Materiallagerung fertigungstechnisch erforderlich, sind zudem die daraus resultierenden Kosten als Materialeinzelkosten aktivierungsfähig (Rz 97).

 

Rz. 114

Von Dritten bezogene Leistungen sind als Einzelkosten zu aktivieren, wenn sie einem VG unmittelbar zugerechnet werden können. Eine Zurechnung von für Fremde erstellte Leistungen zu den Einzelkosten ist nur vorzunehmen, sofern das wirtschaftliche Risiko noch beim Unt liegt.

 

Rz. 115

Betriebsstoffe finden keinen Eingang in die herzustellenden Produkte und sind daher i. d. R. nicht als Einzelkosten aktivierungspflichtig.[2]

 

Rz. 116

Die Bewertung der Einzelkosten hat grds. mit den AHK, den durchschnittlichen AK oder unter Rückgriff auf ein zulässiges Verbrauchsfolgeverfahren gem. § 256 HGB zu erfolgen. Grenze der vom HGB zunächst gewährten Bewertungsfreiheit bilden die tatsächlichen AK sowie die Vorgabe, dass die Wahl verschiedener Bewertungsmethoden nicht zum Ausweis unrealisierter Gewinne führen darf. Die Restriktion, dass unrealisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen, kann dabei eine zweifache Bewertung des Verbrauchs – zum einen für die RHB, zum anderen für die HK-Ermittlung – bedingen. Materialverbrauch, der aus abgewerteten Vorjahresbeständen gedeckt wird, ist zum Buchwert anzusetzen.[3] Ist der Abwertungsgrund entfallen, ist auch eine Bewertung mit den AHK gestattet.[4]

[1] So etwa auch Kahle, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 255 HGB Rz 164, Stand: 12/2021.
[2] Vgl. Knop/Küting/Knop, in Küting/Weber, HdR-E, § 255 HGB Rn 169, Stand: 11/2016.
[4] So auch Schubert/Hutzler, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 255 HGB Rz 252; ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 255 HGB Rz 145.

3.3.4.2 Fertigungseinzelkosten

 

Rz. 117

Fertigungseinzelkosten sind insb. Fertigungslöhne (Rz 106 zur grundlegenden Diskussion, ob diese den Einzel- oder den Gemeinkosten zuzuordnen sind), soweit sie nicht zu den Sonderkosten der Fertigung (Rz 119), den betrieblichen Sozialkosten (Rz 140 f.), der betrieblichen Altersvorsorge (Rz 144 f.) oder zur Verwaltung (Rz 136) gehören. Die Fertigungslöhne sind einschl. der Lohnnebenkosten zu verstehen – sämtliche Kostenpositionen, die aufgrund gesetzlicher oder tarifrechtlicher Bestimmungen zu entrichten sind, sind als Einzelkosten aktivierungspflichtig. Dazu zählen etwa Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, vom Arbeitgeber abgeführte Lohn- und Kirchensteuern, Feiertags- und Überstundenzuschläge sowie Leistungsprämien. Entgegen teilweise vertretener Meinung sind auch Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, an Feier- oder an Urlaubstagen als Einzelkosten zu aktivieren.[1] Voraussetzung für den Ansatz als Einzelkosten bildet dabei grds. die Möglichkeit der direkten Zurechnung zum bei der Fertigung herzustellenden VG.

 

Rz. 118

Hilfslöhne fallen i. d. R. unter die Fertigungsgemeinkosten. Eine saubere Trennung von den Fertigungslöhnen dürfte in der Praxis aber kaum zu realisieren sein. Die Einbeziehung der Fertigungsgemeinkosten in die HK-Untergrenze lässt die Bedeutung der Trennung in der handelsrechtlichen Rechnungslegung jedoch nahezu ins Leere laufen. Lediglich die Beschränkung auf den pflichtgemäßen Ansatz von "angemessenen Teilen" (Rz 110) könnte noch Relevanz besitzen.

[1] Ebenso ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 255 HGB Rz 147; Schubert/Hutzler, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 255 HGB Rz 253; a. A. Kahle, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 255 HGB Rz 169, Stand: 12/2021; Knop/Küting/Knop, in Küting/Weber, HdR-E, § 255 HGB Rn 185, Stand: 11/2016.

3.3.4.3 Sondereinzelkosten der Fertigung

 

Rz. 119

Sonderkosten der Fertigung können sowohl Einzel- als auch Gemeinkosten sein.[1] Sie fallen etwa für Modelle, Spezialwerkzeuge, Entwürfe, Schablonen, Materialversuche sowie Lizenzgebühren ohne Vertriebsbezug an. Die Zuordnung der Sonderkosten zu den Einzel- oder Gemeinkosten muss sich am Merkmal der unmittelbaren Zurechenbarkeit orientieren.[2]

 

Rz. 120

Auftrags- oder objektgebundene Kosten sind als Sondereinzelkosten der Fertigung aktivierungspflichtig.[3]

 

Rz. 121

Neuentwicklungskosten für Erzeugnisse dürfen mangels Zusammenhang mit einem bestimmten VG nicht als Einzelkosten, wohl aber ggf. als Gemeinkosten aktiviert werden.[4] Kosten der Weiterentwicklung von Produkten, die sich bereits in der Produktion befinden, sind als (Sonder-)Gemeinkosten der Fertigung zu aktivieren.[5]

 

Rz. 122

Probleminhärent bei der B...

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