4.1 Gemeinsame Berufsausübung (Abs. 3 Satz 1)
Rz. 36
Ein WP/vBP ist von der Abschlussprüfung ausgeschlossen, wenn er die Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 3 erfüllt. Nach dieser Vorschrift liegt ein Ausschlussgrund auch dann vor, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen von einer Person erfüllt werden, mit der der WP/vBP seinen Beruf gemeinsam ausübt. Mit dieser Sozietätsklausel sollen Umgehungen der einzelnen Tatbestände des Abs. 3 verhindert werden. Die Begründung für diese Klausel liegt in der Gleichgerichtetheit der Interessen, die zwischen den in derselben Praxis freiberuflich oder im Angestelltenverhältnis tätigen Wirtschaftsprüfer und den bei der Abschlussprüfung beschäftigten Personen grds. anzunehmen sind.
Die Sozietätsklausel ist auch auf RA, StB oder andere Angehörige freier Berufe, mit denen der WP-Beruf gemeinsam ausgeübt wird, anzuwenden, da eine Gleichrichtung der Interessen in wirtschaftlicher Hinsicht zumindest bei vereinbartem Gewinn-Pooling auch dann gegeben ist, wenn eine Sozietät mit einem Angehörigen eines anderen Berufs gebildet worden ist. Eine gemeinsame Berufsausübung kommt auch mit einer juristischen Person in Betracht.
Nach dem Zweck der Vorschrift ist als gemeinsame Berufsausübung jede Zusammenarbeit zu verstehen, in der eine Gleichrichtung des wirtschaftlichen Interesses durch ganzes oder tw. Pooling der Einnahmen und Ausgaben erfolgt. Dabei sind die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen jedoch nicht allein das entscheidende Kriterium, wesentlich ist auch ein gemeinsames Auftreten nach außen, z. B. als Sozietät.
Rz. 37
Auf reine Bürogemeinschaften ist die Sozietätsklausel nicht anwendbar, soweit keine gemeinsamen Prüfungs- und Beratungstätigkeiten ausgeübt werden. Lediglich die gemeinsame Nutzung der Büroräume und der Infrastruktur begründet mangels gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen keinen Ausschlussgrund.
Rz. 38
Wegen der Mitgliedschaft in einem Netzwerk wird auf § 319b HGB verwiesen.
4.2 Finanzielle Interessen (Abs. 3 Satz 1 Nr. 1)
Rz. 39
Wer Anteile oder andere nicht nur unwesentliche finanzielle Interessen an der zu prüfenden KapG/KapCoGes oder eine Beteiligung an einem Unt besitzt, das mit der zu prüfenden KapG/KapCoGes verbunden ist, oder von dieser mehr als 20 % der Anteile besitzt, darf nicht AP sein.
Rz. 40
Als Anteilsbesitz gilt jede Beteiligung am gezeichneten Kapital der zu prüfenden KapG. Dies gilt auch für Beteiligungen an KapCoGes. Auf die Höhe der Beteiligung kommt es dabei nicht an. Bei einer Personenhandelsgesellschaft sind Gesellschafter die phG und die Kommanditisten.
Rz. 41
Eine stille Beteiligung führt grds. nicht zu Anteilsbesitz i. S. v. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, da keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung vorliegt. Bei atypischen stillen Beteiligungen kann dies anders zu beurteilen sein, wenn der stille Gesellschafter Rechte hat, die denen eines Gesellschafters einer KapG entsprechen.
Rz. 42
Der Ausschlusstatbestand wird auch durch das Halten von Gesellschafts-Anteilen durch den AP als Treuhänder erfüllt, weil er die Interessen des Treugebers zu vertreten hat und dadurch sein Urteil beeinflusst werden könnte. Anders ist die Situation im Fall der Sicherungstreuhand, bei der die Funktionen des Treuhänders beschränkt sind. Wenn der Wirtschaftsprüfer Treugeber ist, sind ihm die vom Treuhänder gehaltenen Anteile zuzurechnen.
Rz. 43
Nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 können auch mittelbare Beteiligungen am zu prüfenden Unt zum Ausschluss führen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es sich um Beteiligungen an einem Unt handelt, das mit der zu prüfenden KapG/KapCoGes verbunden ist oder von dieser mehr als 20 % der Anteile besitzt. Der mittelbare Anteilsbesitz über Anteile an Wertpapier-Investmentfonds ist auch nach den Änderungen durch das BilReG kein gesetzlicher Ausschlussgrund. Dies wird damit begründet, dass die Inhaber solcher Anteile – soweit es sich um Publikumsgesellschaften handelt – keine Einflussmöglichkeiten auf die Anlageentscheidungen des Fonds haben; zudem ist im Regelfall davon auszugehen, dass die finanziellen Interessen wegen der Zusammensetzung des Fondsvermögens nicht wesentlich sind.
Rz. 44
Andere finanzielle Interessen sind z. B. Schuldverschreibungen, Schuldscheine, Optionen, Genussrechte oder sonstige Wertpapiere. Derartige finanzielle Interessen begründen nur dann die unwiderlegbare Vermutung der Besorgnis der Befangenheit, wenn sie nicht unwesentlich sind. Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit wird es aus der Sicht eines verständigen und objektiven Dritten insb. darauf ankommen, ob es sich...