4.1 Grundsachverhalte
Rz. 55
Zur Bestimmung der dem MU zustehenden Rechte bei der Prüfung der Tatbestände, bei denen stets gem. Abs. 2 von einer Beherrschungsmöglichkeit auszugehen ist, regelt § 290 Abs. 3 HGB Hinzurechnungen und Abzüge. Während unmittelbare Rechte vergleichsweise problemlos identifiziert werden können, bedürfen die hier behandelten mittelbaren Rechte einer gesonderten Betrachtung. Konkret sind die Regeln an die Mittlerfunktion des Abhängigkeitsverhältnisses gem. § 16 Abs. 4 AktG angelehnt, jedoch eigenständig zu interpretieren, da § 290 Abs. 3 HGB von TU und Rechten spricht, während im AktG abhängige Unt und Anteile genannt werden.
Rz. 56
Bei mehrstufigen Konzernen bewirkt dies, dass auch ein TU eines TU des MU als TU des MU i. S. v. § 290 HGB zu verstehen ist ("Enkelgesellschaft"). Unerheblich ist dabei, ob das zwischengeschaltete TU in den Konzernabschluss einbezogen wird, solange das MU die Beherrschungsmöglichkeit über das TU auf das EnkelUnt ausüben kann. Liegt keine Beherrschungsmöglichkeit auf das TU vor, wie etwa bei Anwendung des DRS 19 mit zweiter Prüfung der Einschränkung der Beherrschungsmöglichkeit mit § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB, so dürfte grds. auch keine Beherrschungsmöglichkeit für das EnkelUnt vorliegen.
Die M AG hält 60 % der Stimmrechte an der T GmbH, die jedoch in der Rechteausübung durch vertragliche Gestaltungen eingeschränkt sind, d. h., es liegt keine Beherrschungsmöglichkeit nach § 290 Abs. 1 HGB, sondern lediglich die Vermutung der "stets" vorliegenden Beherrschung nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB vor. Hält die T GmbH nun ihrerseits eine Beteiligung an der E GmbH, so dürften auch diese theoretisch zurechenbaren Rechte eingeschränkt sein.
Ebenso wäre zu argumentieren, dass das TU, welches von einem zum Verkauf bestimmten TU gehalten wird, in aller Regel auch als zum Verkauf bestimmt zu behandeln ist.
Dagegen wäre die Nichteinbeziehung eines TU aufgrund von Unwesentlichkeit (§ 296 Abs. 2 HGB) kein Grund, an der Beherrschungsmöglichkeit des MU auf eine darunter liegende EnkelGes. zu zweifeln.
Die M AG hat zwischen sich und weiteren TU eine Zwischenholding Z GmbH angeordnet. Die Z GmbH verfügt über keine operative Geschäftstätigkeit und hält lediglich die Beteiligungen der darunter liegenden Ges. und hat keine Beschäftigten. M verzichtet – unabhängig von den dadurch ggf. auftretenden Komplikationen in der Konzernabschlusserstellung – auf die Einbeziehung von Z, müsste sich aber die Rechte von Z bzgl. der Beherrschungsmöglichkeit der darunter liegenden TU zurechnen, so dass diese Ges. zunächst einbeziehungspflichtig wären.
4.2 Hinzurechnungen von Rechten eines Tochterunternehmens (Abs. 3 Satz 1)
Rz. 57
Hinzuzurechnen zu direkten Rechten des MU sind die folgenden indirekten Rechte gem. § 290 Abs. 3 Satz 1:
- einem TU des MU zustehende Rechte,
- Rechte, die für Rechnung des MU handelnden Personen zustehen,
- Rechte, die für Rechnung der TU des MU handelnden Personen zustehen.
Rz. 58
Der erste Punkt weitet die zustehenden Rechte auf die indirekten Rechte aus, die bestehen, weil ein TU wiederum ein TU beherrscht. Kann das MU das TU beherrschen, so kann es demnach auch das TU des TU beherrschen. Dabei ist es irrelevant, ob das MU auch unmittelbare Rechte besitzt. Auch die Zahl der Zurechnungen ist nicht begrenzt, sodass durch jede weitere Stufe auch weitere TU des auf oberster Stufe stehenden MU hinzukommen. Relevant ist einzig, dass es sich bei den "weiterleitenden" TU um TU nach der Definition des § 290 Abs. 1 HGB handelt, d. h. dass eine Beherrschung möglich ist.
Die M AG hat die Möglichkeit, ein im Ausland ansässiges TU zu beherrschen. Auch wenn dieses TU nach lokalem Recht einen Konzernabschluss zu erstellen hat, gelten nicht automatisch die dort einbezogenen TU als TU. Nur wenn der gleiche Beherrschungsbegriff Verwendung findet, kommt es zu einer kompletten Zurechnung der Rechte zum MU.
Rz. 59
Zudem werden Rechte dem MU zugerechnet, die einem Dritten für Rechnung des MU oder TU zustehen. Mit der Formulierung "auf Rechnung" ist gemeint, dass wirtschaftlich betrachtet die Chancen und Risiken aus diesen Rechten dem MU bzw. dem TU zustehen müssen. Beispiele sind eine uneigennützige Verwaltungstreuhand, Fälle der Sicherungstreuhand oder echte Pensionsgeschäfte.
4.3 Hinzurechnung aufgrund von Vereinbarungen (Abs. 3 Satz 2)
Rz. 60
Ausgehend von EU-Vorgaben hat der Gesetzgeber als weitere Notwendigkeit der Hinzurechnung von Rechten Vereinbarungen mit anderen Gesellschaftern des betreffenden Unt kodifiziert. Beispiele sind Rechte aus Stimmrechtsbindungsverträgen, Verwaltungsüberlassungsverträgen, Konsortialverträgen, Poolverträgen u. Ä. (DRS 19.65). Voraussetzung für die Hinzurechnung der Rechte zu denen des MU ist nach dem Wortlaut der Vorschrift zunächst, dass das MU oder übergeordnete TU eine Gesellschafterstellung bei dem betrachteten Unt innehaben. Zudem muss das MU auch über die Rechte verfügen können, d. h., paritätische Lösungen können nicht unter diese Regelung fallen. Die Verfügungsmacht steht dem MU nur zu, wenn es aus ...