5.1 Grundsatz (Abs. 4)
Rz. 58
Abs. 4 der Vorschrift räumt dem Folgeprüfer ein unmittelbar ggü. dem bisherigen Abschlussprüfer geltendes Informationsrecht ein. Dieses Informationsrecht gilt nicht nur für einen regulären Prüferwechsel, sondern auch für einen vorzeitigen Abschlussprüferwechsel (gerichtliche Ersetzung, Kündigung aus wichtigem Grund).
Rz. 59
Die Vorschrift kodifiziert nicht nur ein Auskunftsrecht des Folgeprüfers, sondern auch eine Auskunftspflicht des bisherigen Abschlussprüfers. Der Auskunftspflicht hat der bisherige Abschlussprüfer aber nur dann nachzukommen, wenn er vom Folgeprüfer hierzu schriftlich aufgefordert wird. Sofern keine Zweifel an der Identität des neuen Abschlussprüfers bestehen, wird neben der gesetzlich geforderten Schriftform (§ 126a BGB) auch eine Anforderung per Telefax oder E-Mail zulässig sein.
Rz. 60
Umfang und Form der Berichterstattung erfordern eine schriftliche Berichterstattung i. S. v. § 321 HGB, wie der 2. Hs. der Vorschrift verdeutlicht. Die Berichterstattung hat somit die Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen zu berücksichtigen. Im Fall eines regulären Prüferwechsels hat die Vorschrift keine größere praktische Relevanz, da dem Folgeprüfer regelmäßig der Prüfungsbericht des bisherigen Abschlussprüfers von der zu prüfenden Ges. zur Verfügung gestellt wird.
Die prüfungspflichtige GmbH hat Wirtschaftsprüfer A zum Abschlussprüfer des Jahresabschlusses zum 31.12.01 bestellt. Wirtschaftsprüfer A hat die Abschlussprüfung durchgeführt, einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt und einen Prüfungsbericht nach § 321 HGB erstattet. Die Gesellschafterversammlung, die über die Feststellung des Jahresabschlusses zum 31.12.01 befindet, wählt zum Abschlussprüfer des Jahresabschlusses zum 31.12.02 Wirtschaftsprüfer B.
Wirtschaftsprüfer B hat ggü. Wirtschaftsprüfer A ein Auskunftsrecht nach § 320 Abs. 4 HGB und Wirtschaftsprüfer A entsprechend eine Auskunftspflicht ggü. Wirtschaftsprüfer B. Da die GmbH den Prüfungsbericht für das Gj 01 Wirtschaftsprüfer B zur Verfügung stellt, wird Wirtschaftsprüfer B von seinem Auskunftsrecht keinen Gebrauch machen.
Rz. 61
Das Auskunftsrecht des Folgeprüfers bzw. die Auskunftspflicht des bisherigen Abschlussprüfers umfasst den Prüfungsbericht, nicht jedoch die Arbeitspapiere des bisherigen Abschlussprüfers. Derartige Einsichtnahmen in Arbeitspapiere gehen über die gesetzliche Regelung hinaus und setzen ein gegenseitiges Einvernehmen sowie insb. die Entbindung des bisherigen Abschlussprüfers von der Verschwiegenheitspflicht durch die geprüfte Ges. voraus (§ 323 Rz 70 ff.).
Rz. 62
Das gesetzliche Recht auf Auskunftsverweigerung bei Gefahr der Selbstbelastung (§ 323 Rz 68) bleibt durch § 320 Abs. 4 HGB unberührt.
Praktische Bedeutung erlangt die Vorschrift vor allem in Fällen der vorzeitigen Beendigung von Prüfungsaufträgen, die auftreten können bei:
Rz. 63
Da für den Fall der Kündigung des Prüfungsauftrags aus wichtigem Grund handelsrechtlich nach § 318 Abs. 6 Satz 4 HGB sowie berufsrechtlich nach § 42 Abs. 3 BS WP/vBP ohnehin Berichtspflichten des bisherigen Abschlussprüfers bestehen, ergibt sich auch in diesen Fällen durch Abs. 4 der Vorschrift keine materielle Verschärfung der Berichtspflicht.
Einzig in dem Fall der gerichtlichen Ersetzung des Abschlussprüfers nach § 318 Abs. 3 HGB schafft § 320 Abs. 4 HGB materiell neue Berichtspflichten. Dem trägt § 26 BS WP/vBP entsprechend Rechnung. Die Berichterstattung hat sich an den zu § 318 Abs. 6 HGB entwickelten Grundsätzen zu orientieren (§ 318 Rz 89 ff.).
5.2 Auskünfte an Konzern-Abschlussprüfer in Drittstaaten (Abs. 5)
Rz. 64
Der durch das AReG neu eingefügte Abs. 5 dient der Umsetzung von Art. 23 Abs. 5 Unterabs. 1 und 3 der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie. Die Regelung normiert eine Übermittlungsbefugnis (keine Übermittlungspflicht) des Abschlussprüfers an den Konzernabschlussprüfer des in einem Drittland ansässigen MU und entspricht somit den Regelungen des Abs. 4.
Rz. 65
Besonderheiten ggü. Abs. 4 ergeben sich aus möglicherweise in den betreffenden Drittländern nicht ausreichend bestehenden Datenschutzbestimmungen. Die Vorschrift stellt in Abs. 5 Satz 2 klar, dass bei Übermittlung personenbezogener Daten die EU-DSGVO und die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen gelten. Der Abschlussprüfer des TU trägt als übermittelnde Stelle (§ 4b BDSG) ...