5.3.1 Fehlende Wahl des Abschlussprüfers

 

Rz. 71

Der AP ist nicht gewählt, wenn

  • das Wahlorgan untätig geblieben ist oder
  • der Wahlbeschluss nichtig gewesen ist oder
  • die Wahl erfolgreich angefochten worden ist.

Die Anfechtung muss im Verfahren nach § 246 AktG im Wege einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Gem. § 248 AktG steht infolge der Urteilswirkung dann fest, dass ein AP nicht wirksam gewählt worden ist. Auf die GmbH finden die Regelungen in §§ 246f. AktG analog Anwendung.[1]

 

Rz. 72

Der Antrag auf gerichtliche Bestellung eines AP kann erst nach Ablauf des Gj gestellt werden. Dies gilt auch, wenn abzusehen ist, dass das zuständige Gremium sein Recht nicht fristgemäß ausüben wird.

Eine außerordentliche Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung muss nicht zwangsläufig immer dann einberufen werden, wenn die ordentliche Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung keinen Wahlbeschluss gefasst hat. Der Vorstand einer AG oder die Geschäftsführung einer GmbH müssen vielmehr zwischen dem für die Einberufung und Abhaltung einer Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung entstehenden Aufwand und der – allerdings erheblichen – Bedeutung der AP-Bestellung durch die Ges. abwägen.[2]

Die Wahlbefugnis des zuständigen Organs endet mit der Bestellung des AP durch das Gericht. Eine danach durchgeführte Wahl ist nicht wirksam. Jedoch kann ein Ersatzprüfer gewählt werden für den Fall, dass der gerichtlich bestellte AP wegfällt. Entscheidender Zeitpunkt für das Erlöschen der Wahlbefugnis der Gesellschafter ist der Zeitpunkt des Ergehens der gerichtlichen Entscheidung.[3]

[1] Gegen die Beschlüsse einer KapCoGes ist dagegen keine Anfechtungsklage, sondern nur eine allgemeine Feststellungsklage zulässig, vgl. Justenhoven/Heinz, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 318 HGB Rz 110.
[2] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 318 HGB Rz 402.
[3] Weiterführend Justenhoven/Heinz, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 318 HGB, Rz 114; ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 318 HGB Rz 405.

5.3.2 Sonstige Antragsgründe

 

Rz. 73

Nach § 318 Abs. 2 Satz 2 HGB liegen "sonstige Gründe" vor, wenn

  • der gewählte AP die Auftragsannahme abgelehnt hat oder
  • der gewählte und ordnungsgemäß bestellte AP nachträglich weggefallen ist oder
  • der gewählte und bestellte AP an der rechtzeitigen Beendigung der Abschlussprüfung verhindert ist.

Aufgrund des Verweises auf § 318 Abs. 4 Satz 1 HGB kann der Antrag auf gerichtliche Bestellung aus sonstigen Gründen ebenfalls erst nach Ablauf des Gj gestellt werden.

 

Rz. 74

Die Ablehnung des Prüfungsauftrags muss gem. § 51 WPO durch den AP unverzüglich erfolgen, sodass i. d. R. genug Zeit für die Wahl eines anderen AP bleibt. Bei nicht unverzüglicher Ablehnung macht sich der AP schadensersatzpflichtig (§ 51 Satz 2 WPO). Eine gerichtliche Bestellung des AP kommt dann infrage, wenn nach Ablehnung durch den ursprünglich vorgesehenen AP kein neuer AP gewählt wird.

 

Rz. 75

Gründe für den nachträglichen Wegfall des gewählten Prüfers sind Tod oder Geschäftsunfähigkeit sowie Erlöschen, Rücknahme oder Widerruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer (WP) (§§ 19, 20 WPO) und die Kündigung des Prüfungsauftrags gem. § 318 Abs. 6 HGB. Der Wegfall des gewählten Prüfers schließt alle tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ein, die eine Weiterführung der Prüfung durch den gewählten Prüfer verhindern.[1]

In § 318 Abs. 4 HGB nicht ausdrücklich geregelt sind die Fälle, in denen der Bestellungsakt insgesamt nichtig ist. Auch in diesen Fällen fällt der AP nachträglich weg. Das Gleiche gilt, wenn der Wahlakt der Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung z. B. wegen Besorgnis der Befangenheit angefochten wird und die Anfechtungsklage Erfolg hat. In diesen beiden Fällen erfolgt die "Vernichtung" des Bestellungsakts erst nach der Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung, sodass diese nicht mehr reagieren kann. § 318 Abs. 4 HGB dürfte daher entsprechend anzuwenden sein.

 

Rz. 76

Eine nicht rechtzeitige Beendigung der Prüfung kann sich durch Krankheit, Zeitmangel, Mitarbeitermangel oder anderweitigen Ausfall des AP ergeben. Ein Antragsgrund nach § 318 Abs. 4 Satz 2 3. Alt. HGB ist allerdings nur gegeben, wenn die Verzögerung nicht durch das zu prüfende Unt zu vertreten ist. Eine fehlende Prüfungsbereitschaft bzw. eine fehlende Mitwirkung des prüfungspflichtigen Unt wäre vom AP in seinem Prüfungsergebnis (Prüfungsbericht und/oder Bestätigungsvermerk) zu berücksichtigen.[2]

Im Fall der Verhinderung des gewählten AP erlischt sein Mandat. Der durch das Gericht zu bestellende AP tritt regelmäßig aus Gründen der Rechtssicherheit an die Stelle des verhinderten AP.[3]

[1] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR-E, § 318 HGB Rz 132, Stand: 10/2010.
[2] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR-E, § 318 HGB Rz 133, Stand: 10/2010. Zu Prüfungshemmnissen und deren Auswirkung auf Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk vgl. IDW PS 405.19 ff., sowie IDW PS 450.59.
[3] Nach Justenhoven/Heinz, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 318 HGB Rz 114, wäre es...

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