Daniel Münster, Annette Meier-Behringer
6.1 Zuständigkeit
Rz. 22
Das BfJ hat die Aufgabe nach § 335 Abs. 1 Satz 1 HGB, Verstöße gegen die Offenlegungspflichten aus §§ 325, 325a HGB durch Festsetzung von Ordnungsgeld zu sanktionieren. Es wird stets von Amts wegen tätig und muss ein Ordnungsgeldverfahren einleiten, wenn es von einem Verstoß gegen § 325 HGB erfährt. Stellt die das Unternehmensregister betreibende Stelle fest, dass ein Unt seiner Publikationspflicht nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, muss er unverzüglich das BfJ hierüber informieren (§ 339 Abs. 4 HGB). Ein Antrag eines Dritten ist hierfür nicht mehr notwendig. Dieses Meldeverfahren läuft völlig automatisiert während des gesamten Verfahrens im Wege eines ständigen elektronischen Datenaustausches zwischen den an der Offenlegung beteiligten Stellen. Hierdurch wird es dem BfJ ermöglicht, im Ordnungsgeldverfahren zeitnah zu reagieren.
Rz. 23
Die zentrale Zuständigkeit des BfJ gilt nach den Übergangsvorschriften erstmals für Abschlüsse für die nach dem 31.12.2005 begonnenen Gj (Art. 61 Abs. 5 Satz 1 EGHGB und § 22 Abs. 2 PublG).
6.2 Vorausgehende Pflichten (Abs. 1 Satz 3)
Rz. 24
Für die Einleitung des Ordnungsgeldverfahrens ist gem. § 335 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht erforderlich, dass eine der Offenlegung vorausgehende Pflicht, insbes. die Aufstellung des Jahresabschlusses oder Konzernabschlusses oder die unverzügliche Erteilung des Prüfauftrags, noch nicht erfüllt ist. Die Ahndung dieser Pflichtverletzungen kann mittelbar i. R. d. Ordnungsgeldverfahrens erfolgen.
6.3 Höhe des Ordnungsgelds (Abs. 1 Satz 4, Abs. 1a–1c)
Rz. 25
Das Ordnungsgeld beträgt mind. 2.500 EUR bis zu 25.000 EUR. Für kapitalmarktorientierte KapG gelten für Gj, die nach dem 31.12.2014 beginnen, erhöhte Obergrenzen: Für den Zeitraum vom 10.07.2015 bis 25.11.2015 beträgt die durch das Kleinanlegerschutzgesetz eingeführte Obergrenze 250.000 EUR. Ab dem 26.11.2015 gelten die wesentlich höheren Obergrenzen, die mit dem Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie eingeführt wurden. Erfolgt die Androhung ggü. einer kapitalmarktorientierten KapG, bestimmt sich die Obergrenze mit dem höheren Wert aus folgenden Beträgen: 10 Mio. EUR oder 5 % des jährlichen Gesamtumsatzes oder das Zweifache des aus der unterlassenen Offenlegung gezogenen wirtschaftlichen Vorteils. Wie die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtumsatzes zu erfolgen hat, legt Abs. 1b fest. Bei einer Androhung gegen ein Mitglied des Vertretungsorgans der kapitalmarktorientierten KapG ergibt sich die Obergrenze aus dem höheren Betrag von entweder 2 Mio. EUR oder dem Zweifachen des aus der unterlassenen Offenlegung gezogenen Vorteils.
Innerhalb dieser Grenzen steht die H. d. Ordnungsgelds im Ermessen des BfJ; hierbei sind nach Abs. 1c frühere Verstöße zu berücksichtigen. Daneben kann die wirtschaftliche Bedeutung der Offenlegung für ein Ordnungsgeld im oberen gesetzlichen Rahmen sprechen.
6.4 Informationspflicht (Abs. 1d)
Rz. 26
Das BfJ hat die BaFin unverzüglich über die Höhe des Ordnungsgeldes gegen kapitalmarktorientierte KapG oder einem Mitglied ihrer Vertretungsorgane und ggf. über die Umstände des Beschwerdeverfahrens und dessen Ausgang zu unterrichten.
6.5 Verfahrensgrundsätze (Abs. 2 Sätze 1, 2)
Rz. 27
Nach § 335 Abs. 2 Satz 2 HGB ist das Ordnungsgeldverfahren ein Justizverwaltungsverfahren i. S. d. § 23 Abs. 1 EGGVG. Das Verfahren richtet sich gem. § 335 Abs. 2 Satz 1 HGB in weiten Teilen nach den Regelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) sowie nach den Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Der Verweis auf FamFG-Regelungen umfasst die Bekanntmachung der Verfügung (§ 15 FamFG), die Berechnung der Fristen (§ 16 FamFG mit Verweis auf §§ 187, 188 BGB), den Antrag und die Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 17–19 Abs. 1 und 3 FamFG), die Wirksamkeit der Verfügung (§ 40 FamFG), die Androhung und Festsetzung des Zwangsgelds (§§ 388 Abs. 1, 389 Abs. 3 FamFG) und das Verfahren bei Einspruch (§ 390 Abs. 2–6 FamFG). Das VwVfG findet Anwendung im Hinblick auf die Beteiligungsfähigkeit (§ 11 Nr. 1 und 2 VwVfG), die Handlungsfähigkeit (§ 12 Abs. 1 Nr. 1–3, Abs. 2 und 3 VwVfG), die Bevollmächtigten, Beistände und Empfangsbevollmächtigten (§§ 14, 15, 20 Abs. 1 und 3 VwVfG), die Besorgnis der Befangenheit (§ 21 Abs. 1 VwVfG), die Amtssprache (§ 23 VwVfG – deutsch) und die Beweismittel (§ 26 VwVfG).
6.6 Erweiterung der Vertretungsbefugnis (Abs. 2 Satz 3)
Rz. 28
§ 335 Abs. 2 Satz 3 HGB enthält eine Sonderregelung für die Vertretung der Beteiligten im Ordnungsgeldverfahren. Z...