6.1 Grundsätzliches

 

Rz. 111

Schulden ist ein vom Gesetzgeber gewählter Oberbegriff, ohne dass dieser vom Gesetzgeber definiert wird. § 246 Abs. 1 HGB bestimmt lediglich, dass der Jahresabschluss sämtliche Schulden des Kfm. zu enthalten hat. Bilanziell wird üblicherweise – in Anlehnung an die für KapG/KapCoGes vorgeschriebene Gliederung in § 266 Abs. 3 HGB – zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten unterschieden.

 

Rz. 112

Daneben existieren sog. Eventualschulden, die als Haftungsverhältnisse unter der Bilanz zu vermerken sind. Zu Einzelheiten siehe § 251 Rz 5 ff.

 

Rz. 113

Verbindlichkeiten stellen Außenverpflichtungen des Kfm. dar, die rechtlich bestehen und am Abschlussstichtag noch nicht erfüllt sind und deren Entstehung vor dem Ende des Geschäftsjahrs wirtschaftlich verursacht ist.

 

Rz. 114

Bei Rückstellungen wird gem. § 249 Abs. 1 HGB unterschieden zwischen

  • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten,
  • Rückstellungen für drohende Verluste und
  • Aufwandsrückstellungen.
 

Rz. 115

Nur bei der ersten Rückstellungskategorie ergeben sich Abgrenzungsschwierigkeiten zu den Verbindlichkeiten. Bei der dritten Kategorie, den Aufwandsrückstellungen, handelt es sich um Innenverpflichtungen des Kfm. (§ 249 Rz 9), die den Schuldbegriff nicht erfüllen. Dennoch werden unter dem Obergriff Schulden i. d. R. auch diese Rückstellungen miterfasst.

 

Rz. 116

Die Abgrenzung zwischen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und Verbindlichkeiten erfolgt nach dem Grad der Sicherheit betreffend Bestand und Höhe der Verpflichtung. Verbindlichkeiten liegen vor, wenn am Abschlussstichtag die Verpflichtung dem Grunde, der Höhe und der Fälligkeit nach bestimmt werden kann. Demgegenüber liegen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten dann vor, wenn Bestand, Höhe oder Fälligkeit der Verpflichtung ungewiss ist.[1]

[1] Vgl. Müller, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 247 HGB Rz 262, 263, Stand: 3/2020.

6.2 Rückstellungen

 

Rz. 117

Das HGB enthält zum Ansatz von Rückstellungen eine Spezialvorschrift in § 249 HGB. Auf die dortigen Ausführungen wird hier verwiesen (§ 249 Rz 7 ff.). Zum Ausweis ist anzumerken, dass Ekfl. und Nicht-KapCoGes zumindest den gesonderten Ausweis der Pensionsrückstellungen vorzunehmen haben, soweit es sich um wesentliche Beträge handelt, da diesen wegen ihres langfristigen Charakters besondere Bedeutung zukommt.[1] Im Regelfall werden sich aber auch diese Kfl. am Gliederungsschema des § 266 Abs. 3 HGB orientieren und entsprechend separat ausweisen:

  • Pensionsrückstellungen,
  • Steuerrückstellungen und
  • Sonstige Rückstellungen.

Auch für EKfl. und Nicht-KapCoGes stellt sich ggf. das Erfordernis, Rückstellungen für passive latente Steuern zu bilden (§ 249 Rz 42).[2]

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 247 HGB Rz 50.
[2] Vgl. IDW ERS FAB 7.26.

6.3 Verbindlichkeiten

 

Rz. 118

Für KapG und KapCoGes existieren detaillierte Gliederungsvorschriften (§ 266 Rz 142 ff.). Für nicht diesen Vorschriften unterliegende Kfl. ist eine entsprechende Aufgliederung zwar empfehlenswert und in der Praxis üblich, allerdings nicht zwingend. Die hinreichende Aufgliederung i. S. v. § 247 Abs. 1 HGB erfordert zumindest die Angabe von Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern[1] bzw. sonstigen Unternehmensverflechtungen.

 

Rz. 119

Sehr häufig halten diese Kfl. eine an § 266 Abs. 3 HGB orientierte weitergehende Mindestgliederung ein, die unterscheidet zwischen:[2]

  • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten,
  • Wechselverbindlichkeiten,
  • Erhaltenen Anzahlungen,
  • Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie
  • Sonstigen Verbindlichkeiten.
 

Rz. 120

Aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten sind erst mit Bedingungseintritt zu passivieren.[3] Vor Bedingungseintritt kann sich gleichwohl das Erfordernis der Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten stellen, wenn mit dem Bedingungseintritt ernsthaft zu rechnen ist und die künftigen Ausgaben wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht sind. Hierunter fallen auch Besserungsscheine[4] für von Gläubigern erlassene Verbindlichkeiten.[5]

 

Rz. 121

Auflösend bedingte Verbindlichkeiten sind demgemäß solange zu passivieren, bis der Bedingungseintritt erfolgt. Ist allerdings der Bedingungseintritt nach den Verhältnissen am Abschlussstichtag u. U. zu erwarten, so handelt es sich um eine ungewisse Verbindlichkeit, die demgemäß als Rückstellung zu erfassen ist.

 

Rz. 122

Soweit der Kfm. eine bereits verjährte Verbindlichkeit nicht mehr begleichen will und er die Einrede der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB erhebt, ist die Verbindlichkeit auszubuchen.[6]

 

Rz. 123

Verbindlichkeiten sind auch dann zu passivieren, wenn der Gläubiger einen Rangrücktritt ausgesprochen hat.[7] Erst ein Erlass der Forderung durch den Gläubiger (§ 397 Abs. 1 BGB) bewirkt ein Erlöschen der Verbindlichkeit, sodass eine erfolgswirksame Ausbuchung vorzunehmen ist.

 

Rz. 124

Genussrechte, die als Fremdkapital auszuweisen sind (Rz 81), sollten als gesonderter Posten unter den Verbindlichkeiten ausgewiesen werden (§ 266 Rz 147). Bei Bilanzierenden, die den Jahre...

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