Dr. Markus Leinen, Prof. Dr. Harald Kessler
Rz. 253
Lässt sich der beizulegende Zeitwert weder durch den Marktpreis auf einem aktiven Markt noch durch allgemein anerkannte Bewertungsmethoden bestimmen, sind die AHK gem. § 253 Abs. 4 HGB fortzuführen (§ 255 Abs. 4 Satz 3 HGB). Der zuletzt zuverlässig ermittelte beizulegende Zeitwert gilt dann als AHK (§ 255 Abs. 4 Satz 4 HGB). Nach dem Gesetzeswortlaut sind die Bewertungsobjekte somit wie Umlaufvermögen unter Beachtung des strengen Niederstwertprinzips zu bilanzieren.
Rz. 254
Soweit es sich um die Folgebewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten mit einem positiven Wert handelt, ist die vorgeschriebene Bewertung verständlich. Die Finanzinstrumente werden auf diejenige Bewertung übergeleitet, der sie ohne die verpflichtende Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert unterliegen würden.
Rz. 255
Bei der Folgebewertung von VG i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB (Deckungsvermögen) könnte sich die Frage stellen, ob eine Bewertung entsprechend der für das Anlagevermögen geltenden Grundsätze zutreffender wäre. Dies könnte der Fall sein, wenn das Deckungsvermögen dauernd dem Geschäftsbetrieb dient. Bspw. können Rückdeckungsversicherungen statt im Umlaufvermögen auch im Anlagevermögen ausgewiesen werden, wenn sie nicht dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und somit die Voraussetzungen von Deckungsvermögen nicht erfüllen. Aufgrund des Vorsichtsprinzips ist jedoch der Wortlaut des § 255 Abs. 4 Satz 3 HGB nicht zu erweitern. Das Deckungsvermögen ist entsprechend den Grundsätzen für Umlaufvermögen zu bewerten.
Rz. 256
Die Folgebewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten mit einem negativen Wert (z. B. Termingeschäfte) oder Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen, deren Höhe nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren des Anlagevermögens zu bestimmen ist, ist unklar und gesetzlich nicht geregelt. U. E. sind die allgemeinen Bewertungsvorschriften für Schulden (= Erfüllungsbetrag) anzuwenden.
Rz. 257
Ist nach den vorstehenden Grundsätzen die Bewertung nach § 253 Abs. 4 HGB notwendig und kann der beizulegende Wert i. S. d. § 253 Abs. 4 Satz 2 HGB nicht zuverlässig geschätzt werden, spricht das Vorsichtsprinzip grds. für eine Abschreibung in voller Höhe. Ansonsten droht die Bilanzierung eines Nonvaleurs.
Rz. 258
Ist bereits im Zugangszeitpunkt keine Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nach § 255 Abs. 4 Satz 1 oder 2 HGB möglich, hat die Bewertung entsprechend den vorstehenden Grundsätzen zu erfolgen. VG sind zu fortgeführten AHK zu bewerten. Rückstellungen und Verbindlichkeiten sind entsprechend den allgemeinen Vorschriften zum Erfüllungsbetrag anzusetzen. § 255 Abs. 4 Satz 4 HGB findet keine Anwendung.
Rz. 259
Konnte ein Bewertungsobjekt seit dem Zugangszeitpunkt oder i. R. e. Folgebewertung nicht mehr durch den Marktpreis oder eine allgemein anerkannte Bewertungsmethode bewertet werden und besteht zu einem späteren Zeitpunkt wieder die Möglichkeit, den beizulegenden Zeitwert durch einen Marktpreis oder eine allgemein anerkannte Bewertungsmethode zu bestimmen, ist dieser neu ermittelte Wert anzusetzen. Die Differenz zwischen Buchwert und beizulegendem Zeitwert ist entsprechend der jeweiligen Bilanzierungsvorschrift (§§ 253 Abs. 1 Satz 3, 253 Abs. 2 Satz 4, 340 e Abs. 3 Satz 1 HGB) erfolgswirksam zu erfassen.
Rz. 260
Zu den möglichen Anhangangaben, die sich aus der Änderung der Bewertung zwischen dem beizulegenden Zeitwert nach § 255 Abs. 4 Satz 1 und 2 HGB und dem Wert nach § 255 Abs. 4 Satz 3 HGB ergeben können, sind § 284 Abs. 2 Nr. 1 und 3 HGB zu beachten.