7.1 Allgemeines

 

Rz. 78

Grds. gelten für das Auftragsverhältnis zwischen Wirtschaftsprüfer (WP) und Unt die Regelungen des BGB und somit auch die Vorschriften über die Kündigung nach §§ 626, 627, 649 BGB. Eine Ausnahme von der Möglichkeit der Kündigung nach den vorgenannten Paragrafen besteht für den Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfung. Dem gem. § 318 Abs. 1 HGB bestellten Abschlussprüfer (AP) kann der Auftrag nicht durch Kündigung seitens des zu prüfenden Unt entzogen werden. Der AP kann vielmehr nur aus den in § 318 Abs. 3 HGB genannten Gründen auf Antrag der insoweit Berechtigten durch das Gericht abberufen werden. Demgegenüber kann der WP den angenommenen Prüfungsauftrag kündigen, allerdings nur aus wichtigem Grund.

 

Rz. 79

§ 318 Abs. 6 HGB regelt die Kündigung des Prüfungsauftrags durch den AP. Eine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Meinungsverschiedenheiten über Inhalt, Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerk sind ausdrücklich als Kündigungsgrund ausgeschlossen (§ 318 Abs. 6 Satz 2 HGB).

 

Rz. 80

Dem prüfungspflichtigen Unt steht kein Kündigungsrecht zu. Daher kann es den Prüfungsauftrag auch nicht wegen pflichtwidrigen Verhaltens des AP kündigen. Hier wäre das Unt auf das Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 HGB angewiesen.

7.2 Kündigungsgrund

 

Rz. 81

Der AP kann den Prüfungsauftrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn ihm die Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht zugemutet werden kann.

 

Rz. 82

Persönliche Differenzen zwischen AP und prüfungspflichtigem Unt berechtigen i. d. R. nicht zur Kündigung.[1]

 

Rz. 83

Sachliche Differenzen über die zutreffende Beurteilung des Prüfungsobjekts sind ebenfalls kein zulässiger Kündigungsgrund, da § 318 Abs. 6 Satz 2 HGB ausdrücklich Differenzen über die Art und den Inhalt des Bestätigungsvermerks ausschließt.

 

Rz. 84

Auch eine Verletzung der Vorlage- und Auskunftspflichten des prüfungspflichtigen Unt stellt keinen wichtigen Grund dar. § 320 HGB verpflichtet prüfungspflichtige Unt, dem AP alle für die Prüfung notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bei Verstößen gegen § 320 HGB hat der Prüfer zum einen im Prüfungsbericht gesondert auf diese Umstände hinzuweisen, zum anderen den Bestätigungsvermerk des prüfungspflichtigen Unt einzuschränken oder zu versagen (zu "modifizieren").[2]

 

Rz. 85

Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des geprüften Unt werden sich im Regelfall auch eher im Prüfungsergebnis niederschlagen. In besonderen Extremfällen, in denen z. B. eine kriminelle Betätigung entdeckt wird, dürfte jedoch eine Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt sein.[3]

 

Rz. 86

Ein Kündigungsgrund liegt dagegen vor, wenn für den AP die Durchführung der Abschlussprüfung unmöglich geworden ist. Ein Beispiel dafür ist eine schwerwiegende Erkrankung des AP. Aber auch wenn der AP erst während der Abschlussprüfung erkennt, dass ihm die nötigen Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Durchführung der Abschlussprüfung fehlen und er dieses Problem nicht beheben kann, ist ein wichtiger Grund zur Kündigung des Prüfungsauftrags gegeben.[4]

 

Rz. 87

Schließlich stellt es einen wichtigen Grund dar, wenn der AP bei einer Fortführung der Abschlussprüfung gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würde und dies nicht anders als durch eine Kündigung des Prüfungsauftrags verhindert werden kann. Der wichtigste Fall ist ein sich erst während der Prüfung ergebender Verstoß gegen die Unabhängigkeitsanforderungen der §§ 319, 319b HGB und der EU-Verordnung Nr. 537/2014.

[1] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR-E, § 318 HGB Rz 150, Stand: 10/2010; Justenhoven/Heinz, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 318 HGB Rz 132.
[2] Vgl. IDW PS 405.A17., sowie IDW PS 450.59 n. F.
[3] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen. 6. Aufl. 1995–2001, § 318 HGB Rz 440 m. w. N.
[4] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR, § 318 HGB Rz 148, Stand: 10/2010.

7.3 Kündigungserklärung

 

Rz. 88

Die Kündigung kann formlos, also auch mündlich erklärt werden. Allerdings muss der AP die Kündigung gem. § 318 Abs. 6 Satz 3 HGB schriftlich begründen; dabei muss der Kündigungsgrund schriftlich deutlich gemacht werden. Die Kündigung ist dem Gesellschaftsorgan gegenüber zu erklären, das den Prüfungsauftrag erteilt hat.

7.4 Wirkung der Kündigung

 

Rz. 89

Mit der Kündigung des AP endet seine Stellung als gesetzlicher AP; zugleich endet der Prüfungsvertrag. Es muss ein neuer AP gewählt bzw. vom Gericht bestellt werden.

Der AP hat nach der Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen einen Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit. Kündigt der AP aus einem in der Verantwortung des Unt liegenden Grund, hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine bisher geleistete Arbeit.[1]

 

Rz. 90

Kündigt der AP den Prüfungsauftrag aus wichtigem Grund (§ 318 Abs. 6 und 7 HGB), ist gem. § 318 Abs. 6 Satz 4 HGB über das Ergebnis der bisherigen Prüfung gegenüber den Organen der zu prüfenden Ges. zu berichten. Für diesen Bericht sind die Grundsätze des IDW PS 450 entsprechend anzuwenden.[2]

 

Rz. 91

Die Berichtspflicht gilt nur für Kündigungen nach § 318 Abs. 6 und 7 HGB, nicht jedoch für Kün...

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