Daniel Münster, Annette Meier-Behringer
8.1 Mehrere unrichtige Darstellungen in einer Bilanz
Rz. 85
Mehrere Falschangaben in einer Bilanz sind zu einer natürlichen Handlungseinheit verknüpft und stellen daher nur eine strafbare Handlung dar.
8.2 Mehrere unrichtige Darstellungen in mehreren Tatbestandsalternativen
Rz. 86
Soweit der Täter Falschangaben in einem Jahresabschluss macht und dieser unrichtige Abschluss in einen Konzernabschluss eingeht, für den der Täter ebenfalls verantwortlich ist, kann je nach Sachverhalt zwischen diesen mehrfachen Tatbestandserfüllungen Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegen.
Tateinheit nach § 52 StGB liegt vor, wenn der Jahresabschluss und der Konzernabschluss gleichzeitig gefertigt werden oder die Anfertigung des Jahresabschlusses Vorstufe des Konzernabschlusses ist, da die Arbeiten nahtlos übergehen.
Tatmehrheit ist gegeben, wenn die Abschlüsse praktisch getrennt erstellt werden, was insb. bei unterschiedlichen Wj gilt.
Rz. 87
Das Gleiche gilt auch bei unrichtigen Rechenwerken, die erstellt werden, um diese zum Zweck der Befreiung nach § 291 HGB oder § 325 Abs. 2a HGB offenzulegen (§ 331 Abs. 1 Nrn. 1a und 3 HGB).
§ 331 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist im Verhältnis zu § 331 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 HGB die speziellere Norm und konsumiert diese daher.
Rz. 88
Der Bilanzeid nach § 331a HGB kann nur dann falsch sein, wenn auch die ihr zugrunde liegenden Abschlüsse bzw. Lageberichte falsch i. S. d. §§ 331 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 HGB sind. Die Erstellung des Jahresabschlusses/Lageberichts findet zeitlich vor dem Bilanzeid statt, weshalb insoweit zwei verschiedene Tathandlungen vorliegen. Die §§ 331 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 HGB einerseits und § 331a HGB andererseits stehen nicht im Verhältnis strafloser Vor-/Nachtat zueinander, sondern im Verhältnis der Realkonkurrenz gem. § 53 StGB.
8.3 Verhältnis zu den Straftatbeständen des Strafgesetzbuches
Rz. 89
Allgemeine Vermögens- und Wirtschaftsdelikte wie § 246 StGB (Unterschlagung), § 263 StGB (Betrug), § 263a StGB (Computerbetrug), § 264 StGB (Subventionsbetrug), § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug), § 265b StGB (Kreditbetrug) oder § 266 StGB (Untreue) stehen in Tateinheit mit den Tatbeständen des § 331 HGB, wenn das Geschehen eine natürliche Handlung bildet. Eine Tatmehrheit zu diesen Straftatbeständen kann dann gegeben sein, wenn die einzelnen Handlungen nicht von einem einheitlichen Willensentschluss getragen werden, so bspw. wenn eine falsche Bilanz erstellt wird und erst danach eine Vorlage zur Krediterlangung erfolgt.
Rz. 90
Gesetzeskonkurrenz besteht zu den Bankrottdelikten der §§ 283 Abs. 1 Nr. 7a, 283b Abs. 1 Nr. 3a StGB. Diese Tatbestände konsumieren die Regelung des § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB, da sie die Falschbilanzierung in der Insolvenz zu einem eigenständigen Delikt machen, das im Falle des Handelns in der Krise mit einer höheren Strafandrohung belegt ist.
8.4 Verhältnis zu anderen Strafgesetzen
Rz. 91
§ 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG ist in Bezug auf die EB, den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Zwischenabschluss kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gegenüber § 331 Nr. 1 HGB subsidiär. Ebenso sind § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, § 147 Abs. 2 Nr. 1 GenG, § 17 PublG und § 313 Abs. 1 Nr. 1 UmwG subsidiär zu § 331 Nr. 1 HGB.