Leitsatz
Ein Berufsverband i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG kann entgeltliche Leistungen an seine Mitglieder oder Dritte im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur erbringen, wenn sein Verbandszweck nicht hierauf gerichtet ist, sondern es sich hierbei um eine Nebentätigkeit handelt.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG
Sachverhalt
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung als Bundesverband die Interessen eines Industriezweigs vertritt. Er "hat die Aufgabe, seine Mitglieder in sozial‐, wirtschafts‐ und branchenpolitischen sowie fachlichen Fragen national und international zu vertreten und bei ihren wirtschaftlichen Zielen zu unterstützen, soweit sich diese nicht auf den Bereich eines angeschlossenen Landesverbandes beschränken" (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Er "vertritt keine Individual‐ oder Mehrheitsinteressen einzelner oder mehrerer Mitglieder, die nicht mit den Interessen der gesamten deutschen (X‐)Industrie im Einklang stehen. Insbesondere ist es ihm untersagt, die Interessen eines oder mehrerer Mitglieder gegenüber einem Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar zu vertreten bzw. durchzusetzen" (§ 2 Abs. 6 der Satzung). Entsprechend seiner Beitragsordnung stellte der Kläger seinen Mitgliedern hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge Rechnungen mit gesondertem Ausweis einer Umsatzsteuer von 19 % aus. Er machte den vollen Vorsteuerabzug geltend, den das FA beanstandete. Das FG gab der Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.9.2017, 2 K 2164/15, Haufe-Index 11348748, EFG 2018, 63).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe die Stellung des Klägers als Berufsverband nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG außer Betracht gelassen. Bei der erneuten Würdigung könne das FG durchaus zu dem Ergebnis einer vollumfänglichen Unternehmerstellung des Klägers kommen. Das FA hätte dann allerdings – ggf. unter Anwendung von § 174 Abs. 2 AO – die sich hieraus ergebenden körperschaftsteuerrechtlichen Konsequenzen zu ziehen.
Sollte das FG demgegenüber von einer nur teilweisen Unternehmerstellung des Klägers bei der Tätigkeit gegenüber den Mitgliedern ausgehen, wäre dies zum einen für die Körperschaftsteuerfreiheit unbeachtlich und würde zum anderen dazu führen, dass die Mitgliederbeiträge umsatzsteuerrechtlich teilweise als Entgelt für steuerbare Leistungen anzusehen und dementsprechend aufzuteilen wären. Bei einer derartigen Aufteilung ist dann auch die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG in Betracht zu ziehen.
Hinweis
1. Bei Vereinen, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG auch gegenüber ihren Mitgliedern durch Erbringung entgeltlicher Leistungen tätig sein können, kann eine Unternehmereigenschaft zu bejahen sein.
a) Leistungen einer Vereinigung zur Förderung bestimmter Branchenerzeugnisse, die die gemeinsamen Interessen der branchenangehörigen Mitglieder betreffen, die dem gesamten Wirtschaftszweig zugutekommen und bei denen sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Mitglieder nur mittelbar aus den Vorteilen ableitet, die allgemein dem gesamten Wirtschaftszweig erwachsen, führen nicht zu einer entgeltlichen Leistungserbringung an die Mitglieder. Dies gilt grundsätzlich für die Wahrnehmung der allgemeinen Mitgliederinteressen.
b) Demgegenüber kann ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern entgeltliche Leistungen z.B. dadurch erbringen, dass er diesen dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, die die Mitglieder z.B. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der Verein "auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt". Mit dieser Rechtsprechung ist die Verwaltungsauffassung, nach der es bei "echten Mitgliederbeiträgen" allgemein an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE), nicht vereinbar. Vielmehr ist die Abgrenzung zwischen "echten" und "unechten" Mitgliederbeiträgen danach vorzunehmen, ob es zu einer Leistungserbringung an die Mitglieder im vorstehenden Sinne kommt.
2. Der Zweck eines Berufsverbands i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG darf nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein. Daher darf der Berufsverband ohne Verlust der Körperschaftsteuerbefreiung entgeltliche Leistungen an seine Mitglieder oder Dritte im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur erbringen, wenn sein Verbandszweck nicht hierauf gerichtet ist, sondern es sich hierbei um eine Nebentätigkeit handelt. Dementsprechend hat sich die Haupttätigkeit des Berufsverbands auf die Wahrnehmung der allgemeinen Mitgliederinteressen zu beschränken, wobei sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Mitglieder dann nur mittelbar aus den Vorteilen ableiten darf, die sich allgemein aus der Verbandstätigkeit ergeben, sodass es nicht zu einer weitergehenden Leistungserbringung an die Mitglieder kommt. Eine derartige Leistungstätigkeit gegen Entgelt darf nur Nebenzweck des körperschaftsteuerfreien Berufsverbands sein.
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