Leitsatz
§ 32a Abs. 2 KStG verlangt, dass gegenüber dem Gesellschafter ein Steuer- oder Feststellungsbescheid mit Rücksicht auf das Vorliegen einer verdeckten Einlage ergeht. Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids des Gesellschafters wegen der Erfassung von Schwarzeinnahmen und nicht hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage kann folglich die Änderung der an die Gesellschaft gerichteten Körperschaft- bzw. Feststellungsbescheide nach § 32a Abs. 2 KStG nicht rechtfertigen.
Normenkette
§ 32a Abs. 2 KStG
Sachverhalt
Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, einer GmbH, war bis zu seinem Tod M, später seine Witwe W. Zwischen der Klägerin als Betriebsunternehmen und dem Einzelunternehmen des M – und später der W – bestand eine Betriebsaufspaltung. Die Anteile an der Klägerin wurden als Betriebsvermögen des Besitzunternehmens bilanziert.
Im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung wurden bei den Unternehmen Schwarzeinnahmen festgestellt, und das FA änderte die Einkommensteuerbescheide für M und W.
Die Klägerin beantragte daraufhin, die bestandskräftigen Körperschaftsteuerbescheide zu ändern. Betriebseinnahmen des Besitzunternehmens seien zur Bestreitung von Betriebsausgaben der Klägerin (Personalkosten) verwendet worden. Dabei handele es sich um verdeckte Einlagen.
Das FA wies den Änderungsantrag ab und auch die dagegen gerichtete Klage war erfolglos. Das FG ging davon aus, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheids beim Gesellschafter zwecks Erfassung von Schwarzeinnahmen keine Änderung des entsprechenden Körperschaftsteuerbescheids gemäß § 32a KStG rechtfertige (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6.7.2016, 1 K 1303/16, Haufe-Index 9558619, EFG 2016, 1552).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen.
Hinweis
1. Der BFH hat mit dem Besprechungsurteil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Änderungsnorm des § 32a Abs. 2 KStG klargestellt: Nur wenn das FA dem Steuerbescheid des Gesellschafters tatsächlich eine verdeckte Einlage zugrunde legt, kann auf der Ebene der Gesellschaft der Körperschaftsteuerbescheid geändert werden, um auch dort die Rechtsfolgen der verdeckten Einlage ziehen zu können.
2. Der BFH folgert dies aus dem eindeutigen Wortlaut des § 32a Abs. 2 KStG, der sowohl auf der Tatbestandsseite ("hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage") als auch auf der Rechtsfolgenseite ("welcher der Vermögensvorteil zugewendet wurde") an das Vorliegen einer verdeckten Einlage anknüpft. Bestätigt wird das Ergebnis der Wortlautauslegung durch die Gesetzeshistorie und den Zweck der Änderungsnorm.
3. Der BFH erteilt der Auffassung, dem § 32a KStG wohne ein allgemeines Korrespondenzprinzip inne, eine Absage. Die Änderungsvorschrift steht damit nicht zur Verfügung, um einen allgemeinen Besteuerungsgleichlauf auf den Ebenen des Gesellschafters und der Gesellschaft herbeizuführen. Weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt, ist § 32a Abs. 2 KStG nicht analogiefähig und kann über die verdeckte Einlage hinaus nicht auf andere Fälle erstreckt werden.
4. Maßgeblich ist, was das FA tatsächlich tut: Erfasst es beim Gesellschafter bislang unversteuerte Einnahmen und ändert deswegen den Bescheid, dann hat es eben nicht, wie von § 32a Abs. 2 KStG gefordert, eine verdeckte Einlage berücksichtigt. Ob das FA insoweit alles richtig gemacht hat, ist gleichgültig. Auch wenn das FA also den Lebenssachverhalt richtigerweise als verdeckte Einlage hätte qualifizieren müssen, im Bescheid aber fälschlicherweise von Schwarzeinnahmen des Gesellschafters ausgeht, wird keine Änderungsbefugnis hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheids ausgelöst. Das Vorliegen der Änderungsvoraussetzungen des § 32a Abs. 2 KStG kann in solchen Fällen nur dadurch herbeigeführt werden, dass auf der Ebene des Gesellschafters notfalls per Rechtsbehelf die Berücksichtigung einer verdeckten Einlage erstritten wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.9.2018 – I R 59/16