Leitsatz
Zum Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die der Kläger als Arbeitnehmer eines privaten Unternehmens bezieht, das mit der Durchführung eines aus Mitteln der Bundesrepublik und der EU finanzierten Entwicklungshilfeprojekts (in Kenia) beauftragt ist.
Normenkette
§ 1 Abs. 4, § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, § 50d Abs. 7 EStG, Art. 18 Abs. 1, Prot. Nr. 5 zu Art. 18 DBA-Kenia
Sachverhalt
Der Kläger, ein bei einer inländischen Partnerschaftsgesellschaft angestellter Ingenieur, wurde im Rahmen seines Anstellungsvertrags für die Zeit vom 1.9.2008 bis zum 30.6.2011 für ein bestimmtes (Entwicklungshilfe-)Projekt nach Kenia entsandt; er gab seinen inländischen Wohnsitz auf. Grundlage seiner dortigen Tätigkeit war ein Consulting-Vertrag zwischen seinem Arbeitgeber und der E GmbH (später: F GmbH), einem bundeseigenen privatrechtlich organisierten, gemeinnützigen und weltweit tätigen Unternehmen der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung.
In diesem Vertrag (dort "4. Personaleinsatz") ist (u.a.) der Kläger namentlich angeführt "als Langzeitfachkraft im Einsatzland bis zu 15,000 FM" (Fachkräftemonate), wobei insoweit (wie ebenso für die anderen dort angeführten Arbeitnehmer) ein kalkulatorischer Pauschalbetrag (z.B. "Fachkraftmonat-Verrechnungssatz" lt. "Preisblatt E GmbH Komponente") in die Ermittlung der Honorarhöhe im Rahmen des Consulting-Vertrags eingeflossen ist.
Das Projekt wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie aus Mitteln der EU (sog. EU-Komponente) finanziert. Seinen Arbeitslohn erhielt der Kläger ausschließlich von seinem Arbeitgeber, der den Lohn wiederum aus den Vergütungen der E GmbH/F GmbH finanzierte.
Das FA sah den an den Kläger gezahlten Arbeitslohn als inländische Einkünfte an und setzte die Einkommensteuer nach Maßgabe der beschränkten Steuerpflicht fest. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.5.2016, 5 K 11136/13, Haufe-Index 9691572, EFG 2016, 1708).
Entscheidung
Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Soweit eine Finanzierung durch die EU vorliegt, liegen keine inländischen Einkünfte vor; und ein abkommensrechtliches Hindernis für die Besteuerung inländischer Einkünfte kann je nach Finanzierungsumfang evtl. unilateral nicht durch § 50d Abs. 7 EStG"überspielt" werden.
Hinweis
1. Streitig ist, ob (und inwieweit) ein von seinem Arbeitgeber im Zusammenhang mit einem aus öffentlichen Mitteln finanzierten Projekt in das Ausland entsandter Arbeitnehmer im Inland beschränkt steuerpflichtig ist. Die Tätigkeit von "Entwicklungshelfern" berührt unterschiedliche Rechtsfragen des nationalen Rechts (z.B. Art der Steuerpflicht, Steuerfreistellung) und des Abkommensrechts (z.B. Entwicklungshelferklausel, Kassenstaatsprinzip); hier ging es vorrangig um die steuerrechtliche Relevanz der "Zwischenschaltung" des (privaten) Arbeitgebers ("Consultingvertrag").
2. Beschränkte Steuerpflicht/inländische Einkünfte (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG): Der eine beschränkte Steuerpflicht bei im Ausland ausgeübter nichtselbstständiger Arbeit begründende "Inlandsbezug" setzt voraus, dass durch diese Tätigkeit veranlasste Zahlungen aus einer inländischen öffentlichen Kasse vorliegen ("öffentliche Finanzierung"). Solche Zahlungen sind aber im Streitfall auf den ersten Blick nur als Vergütung an den Arbeitgeber des Klägers erfolgt (als Gegenleistung zur Consulting-Leistung).
Vorfrage: Können auch EU-Mittel zur beschränkten Steuerpflicht führen? Dies wird vom BFH verneint – soweit Mittel (zu einem vom FG bisher nicht näher festgestellten Anteil) aus dem Haushalt der EU bereitgestellt worden sind, ist der Besteuerungstatbestand nicht erfüllt. Der Besteuerungszugriff korrespondiert mit Zahlungen aus inländischen Haushaltsmitteln und der Belastung des inländischen öffentlichen Haushalts (Kassenstaatsprinzip).
Frage: Können die öffentlichen Zahlungen an den Arbeitgeber als durch die Arbeitnehmertätigkeit des Klägers veranlasst angesehen werden? Dies wird vom BFH bejaht – die Einnahmen des Klägers wurden insoweit aus öffentlichen Kassen "mit Rücksicht auf ein konkretes und gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt". Denn es besteht ein "konkreter Bezug"zur dienstvertraglichen Vergütung des Klägers (die Zahlung ist durch das Dienstverhältnis als auslösendes Moment veranlasst). Dieser Bezug besteht (insbesondere) dann, wenn die öffentliche Kasse die an den konkreten Arbeitnehmer gezahlte Vergütung nachträglich erstattet oder die entsprechenden Mittel im Vorhinein gewährt, um es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, die Arbeitsvergütung zu bezahlen.
Und dies war hier erfüllt: Im Streitfall war zwischen der Arbeitgeberin des Klägers und der E GmbH der projektbezogene Einsatz namentlich angeführter Personen vereinbart, wobei eine Kürzung der Einsatzzeiten zu einer Kürzung des Honorarvolumens geführt hätte....