Leitsatz
Zinsen aus Wandelanleihen führen gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG zu beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften. Dies gilt auch dann, wenn sie in Form von Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden sind. Die tatbestandlichen Ausnahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG finden auf Wandelanleihen keine Anwendung.
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 7, § 44 Abs. 5 Satz 1, § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a und c Doppelbuchst. aa Satz 2, § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG, § 191 AO
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Limited Liability Company (LLC) mit Sitz und Geschäftsleitung in den USA, hat im Inland weder eine Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter. Sie gehört zu einer Unternehmensgruppe, die mehrere Private Equity Fonds verwaltet und im Rahmen dieser Tätigkeit im Jahr 2010 Anteile an der Beigeladenen übernahm. Die Beigeladene begab im selben Jahr Schuldverschreibungen als Teilschuldverschreibungen zu jeweils einem Teilbetrag. Die im Jahr 2018 fälligen Schuldverschreibungen begründeten nachrangige, nicht besicherte Verbindlichkeiten mit einer festen Verzinsung i.H.v. 10,5 % pro Jahr. Sie waren während ihrer Laufzeit mit einer bedingten Pflichtwandlung und einem jederzeitigen Wandlungsrecht der Gläubigerin in Inhaberaktien der Beigeladenen ausgestaltet. Die Klägerin war Inhaberin (Gläubigerin) dieser Schuldverschreibungen, aus denen sie im Dezember 2012 einen Zinsanspruch i.H.v. ... EUR erlangte. Die Beigeladene zahlte hierauf lediglich einen Betrag i.H.v. ... EUR an die Klägerin und behielt ... EUR zurück.
Obwohl das FA der Beigeladenen auf Nachfrage mitgeteilt hatte, dass die Zinszahlungen an die Klägerin der beschränkten Steuerpflicht unterlägen und hierfür KapESt einzubehalten, anzumelden und abzuführen sei, gab die Beigeladene ihre KapESt-Anmeldung für Dezember 2012 ohne Einbeziehung dieser Zinsen ab. Sie teilte dem FA mit, dass eine Abführung von KapESt unter Berücksichtigung der Emissionsbedingungen nur auf Grundlage eines Haftungsbescheids möglich sei. Nach ihrer Auffassung bestehe aber keine KapESt-Pflicht. Das FA erließ daraufhin für Dezember 2012 einen Haftungsbescheid. Nachdem die Beigeladene auch den Zinsanspruch 2013 i.H.v. ... EUR nicht in ihre KapESt-Anmeldung für Dezember 2013 einbezogen und das FA hierüber unter Hinweis auf das Jahr 2012 informiert hatte, erließ das FA für Dezember 2013 einen weiteren Haftungsbescheid. In beiden Haftungsbescheiden wurde die Beigeladene als "Steuerschuldnerin" bezeichnet und § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG als Haftungsnorm genannt. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene legten gegen die Haftungsbescheide fristgerecht Einspruch ein. Die von der Klägerin erhobene Untätigkeitsklage wies das FG als unbegründet ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.12.2017, 2 K 1289/15 H, Haufe-Index 12340459, EFG 2018, 1965). Es ging insbesondere davon aus, dass die Zinsen aus der Wandelanleihe gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG der beschränkten Steuerpflicht unterlägen, ohne dass die Ausnahme für Teilschuldverschreibungen gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG zur Anwendung komme.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil einstimmig als unbegründet qualifiziert und das Rechtsmittel daher durch Beschluss gemäß § 126a FGO zurückgewiesen.
Hinweis
1. Wie der Leitsatz deutlich macht, ging es im Streitfall im Wesentlichen um die materiell-rechtliche Frage der beschränkten Steuerpflicht der Zinserträge eines ausländischen Anteilseigners aus Wandelanleihen, die als Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden waren. Die verfahrensrechtlichen Fragen, die mit der Haftungsinanspruchnahme der inländischen Schuldnerin der Zinsen verbunden sind, sind rechtlich geklärt und bedürfen an dieser Stelle keiner gesonderten Erläuterung.
2. Gegenstand des Beschlusses sind die Streitjahre 2012 und 2013. Dieser Hinweis ist aus praktischer Sicht sehr wichtig. Denn die gesetzlichen Grundlagen haben sich zwischenzeitlich geändert und die Streitfrage hat sich dadurch erledigt: Erträge aus Wandelanleihen unterliegen nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG n. F. der beschränkten Steuerpflicht auch dann, wenn sie als Teilschuldverschreibungen ausgegeben wurden.
3. Im vorliegenden Fall hatte die inländische Emittentin die Wandelanleihe (eine Form der Schuldverschreibung, vgl. § 221 AktG) als Teilschuldverschreibungen ausgegeben, was praktisch der Regelfall sein dürfte. Denn durch die "Stückelung" ist der Nennbetrag der Schuldverschreibung niedriger und wird dadurch auch für finanzschwächere Investoren attraktiv.
Erst die Ausgabe als Teilschuldverschreibung führte zu dem materiell-rechtlichen Problem, das in der Literatur kontrovers diskutiert wurde.
4. Die vom BFH vorgenommene Rechtsprüfung vollzieht sich in folgenden Stufen:
a) Ausgangspunkt der materiell-rechtlichen Prüfung ist § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Erträge aus Wandelanleihen fallen unstreitig unter diesen T...