Alexander Schlüter, Dipl.-Ing. Rolf Schlüter
2.1 Das Unternehmen
Die Bremer Versandwerk GmbH (BVW) ist ein etablierter Logistikdienstleister im Großhandel, der sich maßgeblich auf E-Commerce spezialisiert hat und mit allen Medien der Unterhaltungsbranche handelt. Dank eines Netzwerks von über 250 Zulieferern können Kunden auf ein Sortiment von über 400.000 Artikeln zugreifen. Der Fokus der Geschäftstätigkeit der BVW liegt im B2C-Fulfillment und in der B2B-Belieferung von Zentrallagern. Die BVW beschäftigt derzeit 45 Mitarbeiter.
2.2 Der Dienstleister für die Logistiksoftware
Das Software-Ingenieurbüro S2 GmbH mit Sitz in Herdecke entwickelt seit 1992 Software für Warenwirtschafts- und Logistiksysteme. Die S2 GmbH kooperiert seit 10 Jahren mit der BVW und erarbeitet Softwarelösungen für deren Lagerlogistik mit Warenein- und -ausgang, Retoure und Versand. Die folgenden Software-Features sind jeweils kundenspezifisch anpassbar und wurden konkret auf den BVW-Bedarf zugeschnitten. Des Weiteren entwickelt S2 Software für Sortier- und Etikettierungsanlagen. Dem Kunden wird sowohl ein agiles Schnittstellenmanagement und die Anbindung im E-Commerce geboten, als auch die mobile Datenerfassung zur weiteren Planung und Steuerung der Geschäftsprozesse.
2.3 Typischer operativer Prozessablauf der Bremer Versandwerk GmbH
Um die in Kap. 1.2 dargelegten Kennzahlen direkt im Praxiseinsatz zu zeigen, wird zunächst die operative Prozesskette der BVW skizziert (s. Abb. 4).
Abb. 4:Der typische operative Prozessablauf bei BVW
- Bei Auftragseingang und anschließender Auftragsannahme werden zunächst die relevanten Kundenstammdaten über die standardisierten Schnittstellen (XML/EDI) importiert. Gleichzeitig erfolgt eine Prüfung der Lagerverfügbarkeit und der Kunde erhält eine Rückmeldung mit Preisen und einem Liefertermin.
- In einem 2. Schritt erfolgt die sog. Mindestbestandsuntersuchung. Dabei werden für nicht auf Lager befindliche offene Kundenbestellungen automatisch Lieferantenaufträge erstellt. Gleichzeitig wird der Wareneingang inkl. Einlagerung erfasst; ggf. auch mit direkter Weiterleitung zum Warenausgang.
- Danach erfolgt die sog. Batch-Erstellung Warenausgang, bei der die verfügbaren Lagerbestände für offene Kundenbestellungen ermittelt, Kommissionier-Batches entsprechend Verarbeitungsart (z. B. B2B/B2C) erstellt und zuletzt Liefer- und Versandunterlagen als Kommissionier-Dokument gedruckt werden.
- Im Warenausgang wird die kommissionierte Ware erfasst, ggf. nach Aufträgen sortiert, und die Lieferscheine werden erstellt.
- In einem 5. Schritt werden die Waren in Kartons verpackt, die Lieferpapiere beigelegt das Versandetikett angebracht.
- Nach Übergabe der Paketsendungen an den Versanddienstleister (Einlieferung) wird eine automatische Meldung (Lieferavis) an den Kunden gesendet.
2.4 Einsatz von Kennzahlen des Logistikcontrollings bei BVW
Im Folgenden wird erläutert, aus welchem Grund und wie einige der in Kap. 1.2 erläuterten Kennzahlen bei der BVW angewendet werden.
Kennzahlen bedürfen immer der Interpretation
Der Grad der Lagerkapazitätsauslastung ist ein entscheidender Faktor in der (kurzfristigen) Auftragsplanung. In der Datenbank wird täglich der Lagerbestand pro Artikel festgehalten, wodurch Bestandsentwicklungen "Gesamt", pro Warengruppe, Lieferant oder sogar Artikel über einen gewissen Zeitraum dargestellt werden können. Diese Daten ermöglichen dann eine dezidierte Auswertung der Lagerkapazitäten. Der Logistikcontroller kann diese Auswertungen (z. B. Peaks) im Zusammenhang mit bestimmten Aktionen (z. B. Sonderposten) analysieren und daraus Schlüsse für die Zukunft ziehen und ggf. Maßnahmen ableiten.
Auch bei der Gesamtumschlagshäufigkeit kann für Analysen und Kontrollprozesse auf die Bestandshistorie zurückgegriffen werden. So lässt sich bspw. das besonders essenzielle Verkaufsgeschäft im November und Dezember grafisch aufbereiten und im Zeitablauf mit vorhergegangenen Perioden abbilden. Auch bei dieser Kennzahl ist es die Aufgabe des Controllers, durch Interpretation Prognosen und potenzielle Maßnahmen zu erarbeiten.
Lieferbereitschaftsgrad – die wichtigste Kennzahl für die BVW
Der Lieferbereitschaftsgrad ist für die BVW eine der wichtigsten Kennzahlen, weil im E-Commerce-Geschäft die Online-Händler Lieferversprechen (inkl. Datum) geben. Die BVW hat herausgefunden, dass sich viele Kundenbewertungen meist weniger auf die gelieferte Produktqualität, sondern vielmehr auf die Einhaltung des angegebenen Lieferdatums beziehen. Im Bereich der Unterhaltungsmedien unterscheidet sich das Artikelangebot verschiedener Anbieter nämlich nur hinsichtlich Preis, Verfügbarkeit und Lieferdatum. Die Einhaltung des Lieferdatums schlägt sich entsprechend auch in positiven Kundenbewertungen nieder, was den Lieferbereitschaftsgrad zu einer unverzichtbaren Kennzahl für den Erhalt des wettbewerbsträchtigen Kerngeschäfts macht. Die eingesetzte Software bietet mit der Auswertung zum Lieferbereitschaftsgrad ein wichtiges Instrument zur Überprüfung des Lieferversprechens. Die sich daraus ergebenden Optimierungsmaßnahmen sind bspw. Gespräche mit den Vorlieferanten sowie Anpassungen der Parameter zur Lieferzeitkalkulation. Durch die Verbindung dieser Kennzahl mit der Wiederbeschaffungszeit können sog...