2.4.1 Grundprinzip
Die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn setzt begrifflich den Zufluss der Einnahmen beim Arbeitnehmer voraus. Die bloße Einräumung eines Rechtsanspruchs gegen den Arbeitgeber begründet solange keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn, als der Arbeitnehmer über die Zuwendung wirtschaftlich noch nicht verfügen kann. Denn die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Dementsprechend knüpft der Lohnsteuerabzug nicht an das Innehaben von Ansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber an, sondern an den Zufluss des Arbeitslohns, der regelmäßig mit der Erfüllung des Anspruchs aus dem Dienstverhältnis zusammenfällt. Zufluss bedeutet Erlangen der tatsächlichen Verfügungsmacht an dem vom Arbeitgeber geschuldeten Arbeitslohn. Verfügungsmacht ist offensichtlich gegeben in Fällen der Barzahlung oder bei Überweisung des Arbeitslohns auf ein Konto des Arbeitnehmers. Bei Gutschrift des Arbeitslohns lediglich auf einem Konto des Arbeitgebers, z. B. aufgrund eines Gewinnbeteiligungs- oder Vermögensbildungsmodells, ist Zufluss nur gegeben, wenn der Arbeitnehmer über die gutgeschriebenen Beträge wirtschaftlich verfügen kann. Einen sofortigen Zufluss von Arbeitslohn hat die Rechtsprechung z. B. für den Fall angenommen, dass einem Steuerpflichtigen von seinem Arbeitgeber eine Jahresfahrkarte überlassen wird (Jahresnetzkarte für die Deutsche Bahn). Der Vorteil aus einer Jahresmitgliedschaft im Fitnessstudio fließt hingegen nach der Rechtsprechung monatlich zu, weil der Arbeigeber sein vertragliches Versprechen fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt. Einen monatlichen Zufluss hat die Rechtsprechung auch bei der jährlichen Vorauszahlung von Krankenversicherungsbeiträgen angenommen.
Bei der Hingabe von Gutscheinen für bei einem Dritten zu beziehende Güter (z. B. Kraftstoff) erfolgt der Zufluss bereits mit Hingabe des Gutscheins und nicht erst bei Einlösung.
2.4.2 Sonderfälle
Verrechnet der Arbeitgeber Arbeitslohn zulässigerweise mit Forderungen gegen den Arbeitnehmer, tritt der Lohnzufluss im Zeitpunkt der Verrechnung ein. Bei entgeltlicher Abtretung einer Arbeitslohnforderung durch den Arbeitnehmer an einen Dritten liegt in der Zahlung an diesen der Zufluss des Arbeitslohns an den Arbeitnehmer. Bei Pfändung einer Arbeitslohnforderung tritt Zufluss beim Arbeitnehmer ein mit der Zahlung des Arbeitslohns an den Pfändungsgläubiger.
Die Zusage des Arbeitgebers, an den Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, ist noch nicht als Zufluss anzusehen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber interne Maßnahmen getroffen hat, mittels derer der Anspruch, der dem Arbeitnehmer eingeräumt wurde, finanziell abgesichert wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unverzichtbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten (z. B. eine Versicherungsgesellschaft) verschafft. Hier liegt der Lohnzufluss in den gegenwärtigen Beträgen des Arbeitgebers, mit denen dieser dem Arbeitnehmer am Markt Leistungen – z. B. Versicherungsschutz – verschafft. Die späteren Leistungen des Versicherers beruhen dann nicht mehr auf dem Arbeitsverhältnis und sind somit beim Arbeitnehmer kein Arbeitslohn, sondern sonstige Einkünfte. Erhält hingegen ein Mitarbeiter Leistungen aus einer arbeitgeberfinanzierten Unfallversicherung ohne eigenen Rechtsanspruch, führen die bis dahin entrichteten Beiträge im Zeitpunkt der Versicherungsleistung, begrenzt auf die ausgezahlte Versicherungsleistung, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.
Beiträge für eine betriebliche Altersversorgung fließen dem Arbeitnehmer aber nicht schon mit Erteilung der Einzugsermächtigung an den Arbeitgeber als Arbeitslohn zu. Der Zufluss erfolgt erst, wenn der Arbeitgeber den Versicherungsbeitrag tatsächlich leistet.
2.4.3 Zeitliche Zuordnung
Das Zuflussprinzip gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bar- oder Sachlohn einräumt. So fließt z. B. bei dem Versprechen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen Gegenstand (ein Grundstück, Wertpapiere) zuzuwenden, Arbeitslohn nicht bereits mit der wirksamen Zusage zu, z. B. ein Grundstück unentgeltlich oder verbilligt zu überlassen. Zufluss liegt hier vielmehr erst in dem Zeitpunkt vor, in dem der Arbeitgeber dem Arbe...