OFD Rheinland, Verfügung v. 10.3.2006, S 0186 - 1000 - St 1/S 7172 - 1000 - St 4
1. Zweckbetrieb nach § 67 AO
In der zur Zeit geltenden Fassung des § 67 AO wird unterschieden zwischen Krankenhäusern, die unter die Bundespflegesatzverordnung (BPflV) fallen (§ 67 Abs. 1 AO) und Krankenhäusern, die nicht unter die BPflV fallen (§ 67 Abs. 2 AO). Nach § 67 Abs. 1 AO ist ein Krankenhaus, welches in den Anwendungsbereich der BPflV fällt, ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§§ 11, 13 und 26 der BPflV) berechnet werden. Ein Krankenhaus, welches nicht unter die BPflV fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt berechnet wird, als es ein unter die BPflV fallendes Krankenhaus nach § 67 Abs. 1 AO berechnen würde (§ 67 Abs. 2 AO).
Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Dazu rechnen insbesondere ärztliche Leistungen, Pflege und Versorgung, Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter und die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson eines Patienten (§ 2 Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG; § 2 Abs. 2 BPflV).
Seit dem 1.1.2004 ist mit § 17b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschaliertes Entgeltssystem eingeführt worden (Fallpauschalen). Mit diesen Entgelten werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Dabei erfolgt die Vergütung nunmehr nach einem einheitlichen Katalog für die jeweils in Anspruch genommenen Leistungen grundsätzlich unabhängig von der Dauer des Krankenhausaufenthalts, wohingegen bisher eine Abrechnung nach Tagessätzen erfolgte. Die BPflV gilt seit dem 1.1.2004 nur noch für psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin.
Die Definition des Zweckbetriebs Krankenhaus im § 67 AO geht daher ab diesem Zeitpunkt für den Großteil der Krankenhäuser dem Grunde nach ins Leere.
Bis zur einer Neufassung des § 67 AO bitte ich diesen daher dahingehend auszulegen, dass an Stelle der Bundespflegesatzverordnung die entsprechenden Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) treten.
So kann ab dem 1.1.2004 ein Krankenhaus weiterhin als Zweckbetrieb anerkannt werden, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Fallpauschalen nach dem KHEntgG berechnet werden.
Obwohl für die meisten Krankenhäuser die Anzahl der Pflegetage aufgrund der Abrechnung über Fallpauschalen keine Rolle mehr spielt, müssen diese für den steuerlichen Nachweis daher auch weiterhin gesonderte Aufzeichnungen über die Anzahl der Pflegetage führen.
2. Inanspruchnahme von Wahlleistungen
Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen werden von den Krankenhäusern häufig auch so genannte Wahlleistungen gesondert angeboten und berechnet. Zu den typischen Wahlleistungen gehört beispielsweise die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Chefarztbehandlung oder das Angebot einer besseren Unterkunft wie die Wahl eines Ein-/Zweibettzimmers, eines Telefons und eines Fernsehgeräts.
Wahlleistungen sind bei einem Krankenhaus zum einen bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft (§ 67 AO) einzubeziehen. Zum anderen ist, wenn es sich um ein steuerbegünstigtes Krankenhaus im Sinne des § 67 AO handelt, zu prüfen, ob eine angebotene Wahlleistung zum Zweckbetrieb des Krankenhauses zu rechnen ist oder einen eigenständigen (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet.
2.1. Wahlleistung und Berechnung der Zweckbetriebsgrenze nach § 67 AO
Wenn mehr als 60 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen, sind die Voraussetzungen des § 67 AO nicht mehr erfüllt. D.h. ein entsprechendes Krankenhaus wäre nicht mehr im Rahmen eines Zweckbetriebs tätig und könnte damit nicht als steuerbegünstigte Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt werden. Entsprechend würden die Befreiungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG, § 3 Nr. 20 GewStG, § 4 Nr. 6 GrStG verloren gehen.
Für die Prüfung, ob ein Krankenhaus die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllt, sind die Anzahl der Pflegetage der Patienten, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen (= „schädliche” Patienten i.S.d. § 67 AO) in Relation zu der Anzahl der Pflegetage der Patienten, für die lediglich die Fallpauschalen in Rechnung gestellt werden (= „unschädliche” Patienten i.S.d. § 67 AO) zu setzen. Soweit die Anzahl der Pflegetage der „unschädlichen” Patienten mindestens 40 % bezog...