Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Führt ein Unternehmer sog. Reiseleistungen aus, bestimmen sich die Rechtsfolgen zwingend nach § 25 UStG. Die vom Unternehmer erbrachte Leistung ist dann am Sitz seines Unternehmens oder einer die Leistung ausführenden Betriebsstätte ausgeführt.
Eine Reiseleistung nach § 25 UStG liegt dann vor, wenn der Unternehmer gegenüber Leistungsempfängern im eigenen Namen auftritt und selbst Reisevorleistungen Dritter in Anspruch nimmt. Reisevorleistungen sind Leistungen anderer Unternehmer, die unmittelbar den Reisenden zugutekommen (z. B. Transport, Unterkunft, Verpflegung).
Die Finanzverwaltung stellt jetzt in Abschn. 25.1 Abs. 1 UStG klar, dass § 25 UStG bei Reiseleistungen von Unternehmern mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet nicht anwendbar ist.
Kommt der Unternehmer aus dem Drittlandsgebiet, bestimmt sich der Ort seiner gegenüber den Leistungsempfängern ausgeführten Leistungen nicht nach § 25 UStG. Dies wirkt sich darauf aus, dass die ausgeführte Reiseleistung nicht als Leistungsbündel gilt. Darüber hinaus wirkt es sich auch auf den Ort der jeweils ausgeführten Leistung aus. So sind Übernachtungsleistungen am jeweiligen Grundstücksort ausgeführt oder Beförderungsleistungen auf der jeweiligen Beförderungsstrecke.
Konsequenzen für die Praxis
Würden Unternehmer aus dem Drittlandsgebiet (ohne Sitz und feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet) mit ihrem im Gemeinschaftsgebiet ausgeführten Reiseleistungen auch der Rechtsfolge des § 25 UStG unterliegen, wären diese Leistungen nicht steuerbar – die im Gemeinschaftsgebiet ausgeführten Leistungen wären der Besteuerung entzogen. Insoweit ist fiskalisch nachvollziehbar, dass die Finanzverwaltung die Anwendung dieser unionseinheitlich harmonisierten Sonderform der Besteuerung auf Unternehmen beschränken möchte, die auch im Gemeinschaftsgebiet der Besteuerung unterliegen.
Es ist aber zu beachten, dass sich diese Rechtsfolge nicht aus dem deutschen Umsatzsteuergesetz ableiten lässt. Es handelt sich somit um die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Auch unionsrechtlich lässt sich für eine solche Rechtsauffassung lediglich eine mittelbare Rechtsgrundlage ableiten. Nach Art. 307 Unterabs. 2 MwStSystRL wird die "einheitliche Dienstleistung in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat". Mit der Bezugnahme auf den Mitgliedstaat der Ansässigkeit kann der unionsrechtliche Plan abgeleitet werden, Unternehmer mit Ansässigkeit im Drittlandsgebiet von dieser Sonderform der Besteuerung auszuschließen. Aus der nationalen Umsetzung lässt sich aber noch nicht einmal eine solche mittelbare Ableitung begründen.
Die Regelungen aus dem BMF-Schreiben sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn Unternehmer aus dem Drittlandsgebiet für bis zum 31.12.2020 ausgeführte Reiseleistungen noch § 25 UStG anwenden und diese Leistungen damit nicht im Gemeinschaftsgebiet der Besteuerung unterwerfen.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 29.1.2021, III C 2 – S 7419/19/10002 :004, BStBl 2021 I S. 250.