Prof. Dr. Franceska Werth
Leitsatz
Nicht rückzahlbare Zahlungen, die ein Verlag zum Zweck der Vorfinanzierung erwarteter GEMA-Zahlungen an den Urheber erbringt und die mit den Ausschüttungen der GEMA zu verrechnen sind, sind unabhängig davon, ob sie als vorzeitige Teilerfüllung einer Vergütungspflicht des Verlages anzusehen sind, mit dem Zufluss als Betriebseinnahmen zu erfassen.
Normenkette
§ 4, § 5, § 11 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erzielte als Autor und Musikproduzent Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, die er nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Er verpflichtete sich gegenüber der X in einem Autoren- und Exklusivvertrag, pro Jahr mindestens zehn neue Werke zu liefern. Sollte er diese Verpflichtung nicht erfüllen, verlängerte sich der Vertrag bis zu dem Zeitpunkt, in dem er dieser nachkam. Der Kläger räumte der X sämtliche Nutzungs- und Verwertungsrechte für seine Werke ein. Dafür erhielt er von X einen nicht verzinslichen und nicht rückzahlbaren Vorschuss ausgezahlt. Dieser sollte mit den Autorenanteilen aus der Verwertung der Werke verrechnet werden. Hierunter fielen auch Ausschüttungen der GEMA, die der Kläger an X abgetreten hatte. Der Vertrag sollte so lange laufen, bis die Vorauszahlungen der X mit den Tantiemen des Klägers vollständig verrechnet waren.
In seiner Einkommensteuererklärung erfasste der Kläger die Vorschüsse der X nicht als Einnahmen, sondern als nicht steuerbare Darlehensvaluta. Die Zahlungen der GEMA, die er an X abgetreten hatte, behandelte er als Einnahmen. Dagegen vertrat das FA die Auffassung, dass die Vorauszahlungen der X bereits im Zeitpunkt des Zuflusses in voller Höhe als Einnahmen der Besteuerung zugrunde zu legen seien. Die hiergegen erhobene Klage wurde abgewiesen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.10.2013, 4 K 4311/10, Haufe-Index 6996244).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Der BFH hatte über die Frage zu entscheiden, ob es sich bei Zahlungen eines Musikverlags an einen Musiker um ein nicht steuerbares Darlehen oder um ein steuerbares Entgelt handelt. Das FG hatte den Verlagsvertrag dahin gehend ausgelegt, dass die Zahlungen als Betriebseinnahmen im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern sind. An diese Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG war der BFH gebunden, da sie revisionsrechtlich nicht zu beanstanden war.
2. Entscheidend für diese Vertragsauslegung war, dass der Kläger als Gegenleistung für die Vorschusszahlungen seine Verwertungsrechte an den Verlag abgetreten hatte. Zudem hatte er sich verpflichtet, eine Mindestzahl von Musikstücken jährlich abzuliefern. Nur weil der Kläger diese Verpflichtungen übernommen hatte, war der Verlag bereit, künftige Zahlungsansprüche aus der Verwertung der Musikstücke vorzufinanzieren.
3. Es handelte sich danach nicht um eine bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigende Auszahlung von Darlehensvaluta. Für eine Qualifizierung der Vorschüsse als Darlehen fehlte es zudem an einer klaren Vereinbarung. Feste Rückzahlungstermine oder -beträge waren im Verlagsvertrag nicht geregelt worden. Nur im Falle einer erfolgreichen Verwertung der Musikstücke erhielt der Verlag seine Vorschusszahlung aufgrund der abgetretenen Verwertungsrechte zurück. Darüber hinaus bestand keine Rückzahlungspflicht des Klägers. Die Vertragsparteien wollten somit neben dem Verlagsvertrag keine unabhängige Darlehensschuld begründen.
4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vertragsparteien in einem Schreiben davon ausgingen, dass die Zahlungen als Darlehen gewährt wurden. Diese Wertung ist für die rechtliche Qualifizierung nicht bindend, da sie durch die Vereinbarungen im Verlagsvertrag nicht gestützt wurde.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 2.8.2016 – VIII R 4/14