Leitsatz
1. Bei einem Einzelgewerbetreibenden gehört eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen zu gewährleisten.
2. Maßgebend für die Zuordnung einer Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen ist deren Bedeutung für das Einzelunternehmen.
3. Der Zuordnung einer Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen steht nicht entgegen, wenn die dauerhaften und intensiven Geschäftsbeziehungen nicht unmittelbar zu der Beteiligungsgesellschaft bestehen, sondern zu einer Gesellschaft, die von der Beteiligungsgesellschaft beherrscht wird.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist seit 1992 mehrheitlich an der GmbH B beteiligt, die ihrerseits Anteilseignerin der beiden GmbH A und C ist. Zudem ist der Kläger Inhaber eines Einzelunternehmens, das seit 1993 auch als "Werbeagentur" für die Kapitalgesellschaften tätig wird. Dies hatte den Hintergrund, dass die Verlage, in deren Medien die B-GmbH Anzeigen schalten wollte, den marktüblichen Agenturrabatt von 15 % nur Werbeagenturen gewährten, nicht aber bei direkter Beauftragung durch den eigentlichen Werbekunden. 2005 übernahm die B-GmbH gegen Entgelt bestimmte Verwaltungsaufgaben für das Einzelunternehmen des Klägers. 2006 schloss der Kläger mit der C-GmbH, seiner Hauptauftraggeberin, einen Agenturvertrag. Danach übernahm der Kläger die alleinige Betreuung der C-GmbH in allen Fragen der Beratung, Gestaltung und Durchführung der Werbung. Ferner übernahm der Kläger einige "Sonderaufgaben", wie die Beratung bei der Unternehmens- und Verkaufspolitik der C-GmbH, sowie die Beratung und Mitwirkung bei der Entwicklung neuer oder verbesserter Produkte. Der Kläger hatte die Agenturrabatte an die C-GmbH weiterzugeben und erhielt von dieser ein Honorar von 4,5 % der Werbeausgaben. Zwischen dem Kläger und den drei GmbH besteht eine umsatzsteuerliche Organschaft; der Kläger ist der Organträger. Das Einzelunternehmen erzielte 99 % seines Umsatzes mit den drei Gesellschaften. 28 % der gesamten Betriebsausgaben der A-GmbH und 40 % der C-GmbH beruhten auf Werbeausgaben an das Einzelunternehmen.
Der Kläger behandelte seine Beteiligung an der B-GmbH als Privatvermögen, während die Finanzverwaltung der Auffassung war, die Beteiligung gehöre zu seinem notwendigen Betriebsvermögen, weil er nahezu seinen gesamten Umsatz mit dieser Gesellschaft und vor allem deren beiden Tochtergesellschaften erziele. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt (FG Nürnberg, Urteil vom 3.12.2015, 6 K 891/13, Haufe-Index 9837701).
Entscheidung
Die Revision des FA war begründet. Der BFH sah unter Berücksichtigung der unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gesichtspunkte die Beteiligung an der B-GmbH als notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers an, hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab.
Hinweis
Wirtschaftsgüter gehören nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind; dabei wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass sie für den Betrieb notwendig i.S.v. "erforderlich" sind. In Bezug auf die Beurteilung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gelten für Einzelunternehmen (Gewerbetreibende, selbstständige Land- und Forstwirte) im Wesentlichen folgende Grundsätze, die in dem Besprechungsurteil dargestellt werden:
1. Eine Beteiligung wird dann unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Demgegenüber reicht die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, für die Annahme notwendigen Betriebsvermögens ebenso wenig aus wie ein einmaliger Geschäftsvorfall.
2. Die Absatzförderung beschränkt sich nicht auf "Produkte" im engeren Sinne (Waren); vielmehr ist die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen auch dann vorzunehmen, wenn die Beteiligungsgesellschaft den Absatz von Dienstleistungen des Steuerpflichtigen gewährleistet. Zudem ist nicht stets erforderlich, dass die Betätigungen des Einzelgewerbetreibenden und der Kapitalgesellschaft branchengleich sind, es genügt, wenn die Beteiligung den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen gewährleisten soll.
3. Entscheidend für den Gesichtspunkt der Absatzförderung ist der Anteil der Beteiligungsgesellschaft am Umsatz des Einzelunternehmens, nicht aber an dessen Gewinn.
4. Abzugrenzen sind die der Absatzförderung dienenden Beteiligungen von solchen Anteilen, die in erster Linie der Kapitalanlage dienen. Ebenso ...