Dr. Alexander Sasse, Andreas Jaburg
Nach dem Abschluss sämtlicher vorbereitender Maßnahmen und der Freigabe der Longlist durch den Mandanten folgte als nächster Prozessschritt die diskrete Investorenansprache und -betreuung. Wesentlich hierbei war, dass die potenziellen Investoren in einem ersten Schritt nur die anonymisierten Erstanspracheunterlagen bekamen. Die Identität des Mandanten wurde den interessierten Unternehmen erst nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA, engl. non-disclosure agreement) offengelegt. Dadurch sollte möglichst verhindert werden, dass Wettbewerber, Kunden, Lieferanten aber auch die eigenen Mitarbeiter bereits am Anfang des Prozesses über einen anstehenden Verkauf informiert werden. Die Kontaktaufnahme mit den potenziellen Investoren erfolgte direkt, indem die relevanten Entscheidungsträger persönlich angesprochen wurden. Bei Interesse wurde diesen das Blindprofil und nach Unterzeichnung des NDA das Information Memorandum zur Verfügung gestellt.
Die persönliche Ansprache ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal eines strukturierten M&A-Prozesses, da nur so sichergestellt werden kann, dass die Informationen den richtigen Ansprechpartner erreichen und so eine qualitativ hochwertige Investorenbetreuung gewährleistet werden kann. Von Vorteil kann auch sein, wenn der Ansprechpartner den Ansprechenden schon kennt. Die Ansprache gestaltete sich je nach Investorentypus und -herkunft unterschiedlich. Während Finanzinvestoren schnell zu einer ersten Einschätzung kamen und das NDA unterzeichneten oder eine Absage mitteilten, dauerte die Rückmeldung strategischer Investoren länger. Hierbei spielten auch regionale Hindernisse eine Rolle. So ist die Ansprache im asiatischen Raum, von Japan abgesehen, von sprachlichen Barrieren geprägt, da die Englischkenntnisse selbst auf den Führungsebenen teilweise eher schwach ausgeprägt sind. Hier konnte allerdings mit der Unterstützung asiatischer Kooperationspartner die Kontaktaufnahme in der jeweiligen Landessprache erfolgen.
Der Prozess sah bis zur Abgabe indikativer Angebote 2 Monate vor. Am Ende wurden von über 50 angesprochenen potenziellen Investoren 12 indikative Angebote eingereicht. Zur Abschirmung des Mandanten war das indikative Angebot auf der Grundlage des Information Memorandums zu erstellen. Hierdurch sollte sichergestellt werden, dass ausschließlich ernsthaften Interessenten weiterführende Informationen zur Verfügung gestellt würden. Darüber hinaus sollte auch verhindert werden, dass die Organisation des Unternehmens durch zu viele Datenanforderungen einzelner Interessenten und zahlreiche Termine vor Ort übermäßig belastet würde. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass notwendige Informationen bereits im Vorfeld zusammengestellt und den Interessenten strukturiert im Verlauf des Prozesses zur Verfügung gestellt werden. Neben der damit verbundenen Zeitersparnis wird auch ein reaktiver, unsystematischer Datenaustausch verhindert.
Bereits während der Ansprache zeichnete sich ab, dass sich einige Interessenten nicht für die Due Diligence in der nächsten Runde qualifizieren würden. Dennoch war das Angebotsspektrum breit gefächert. Nach der Bewertung der 12 eingegangenen indikativen Angebote wurden zunächst die 3 besten zur Due Diligence zugelassen. Da eines der 3 besten Angebote in der Kaufpreishöhe deutlich nach oben herausstach, jedoch einige nicht akzeptable Garantieforderungen beinhaltete und nicht zu erwarten war, dass diese im Laufe der weiteren Verhandlungen reduziert werden würden, wurde ein vierter Interessent mit einem monetär schlechteren Angebot zugelassen. Zu dem vierten Interessenten passte das Transaktionsobjekt aus strategischer Sicht am besten und die Verkäuferseite erhoffte sich im weiteren Verlauf noch deutliche Kaufpreiszuwächse. Bei den Interessenten dieser zweiten Phase handelte es sich ausschließlich um strategische Investoren, da kein Finanzinvestor ein wettbewerbsfähiges Angebot abgegeben hatte.
Bereits sehr frühzeitig im Prozess, nämlich in der Vorbereitungsphase und parallel zur Ansprache, wurde für die Zwecke der Due Diligence ein virtueller Datenraum (VDR) vorbereitet, in dem sämtliche relevanten Unterlagen den Interessenten zur Verfügung gestellt wurden.
Ein VDR ist ein geschützter Onlinespeicherort, der neben der Datenspeicherung viele Zusatzfunktionen bietet, die im Rahmen einer Due Diligence notwendig sind:
- Rechtevergabe: Definition, welche Käufergruppe welche Dokumente sehen, drucken oder herunterladen darf.
- Dokumentationsfunktion: Um zu dokumentieren, welche Unterlagen den Interessenten zur Verfügung gestellt wurden und welche auch gesichtet wurden, bieten VDR die Möglichkeit von Aktivitätsberichten. Im Falle von nachträglichen Rechtsstreitigkeiten kann die Verkäuferseite so nachweisen, welche Dokumente zur Verfügung standen und ob diese auch eingesehen wurden.
- Q&A-(Frage-und-Antwort-)Prozess: Während der Due Diligence haben die Interessenten erstmals die Möglichkeit, den Verantwortlichen des Transaktionsobjekts direkt Fragen zu stelle...