Leitsatz

Zwei Betriebe, die jeweils für getrennte, aber beteiligungsidentische atypisch stille Gesellschaften geführt werden, stellen nur einen Gewerbebetrieb dar. Dies gilt jedenfalls bei gleichartiger Betätigung, räumlicher Nähe und identischen betrieblichen Rahmenbedingungen.

 

Sachverhalt

Strittig ist, ob der Inhaber A zweier Tankstellen einen oder zwei Gewerbebetriebe im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterhielt. A war Inhaber zweier beteiligungsidentischer atypisch stiller Gesellschaften, welche jeweils eine Tankstelle betrieben. Das Finanzamt ging von nur einem Gewerbebetrieb aus, obwohl rechtlich selbstständige Pachtverträge mit dem Franchisegeber bestanden und die Tankstellen finanziell völlig unabhängig geführt wurden. Dadurch kam der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nur noch ein Mal zum Abzug.

 

Entscheidung

Das FG teilt die Auffassung des Finanzamtes und geht ebenfalls nur von einem Gewerbebetrieb aus. Zwar kann ein Einzelunternehmer mehrere Gewerbebetriebe unterhalten, was zu mehreren Steuergegenständen führt. Doch nicht jede Verselbstständigung gewerblicher Betätigungen eines Einzelunternehmers begründet auch einen eigenständigen Gewerbebetrieb. Für einen (sachlich) selbstständigen Gewerbebetrieb ist dessen vollkommene Eigenständigkeit zu fordern. Gegen eine Eigenständigkeit spricht insbesondere die Gleichartigkeit der Betätigungen, gleichwohl ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse maßgebend.

Hierbei hat das FG insbesondere dem Umstand, dass beteiligungsidentische atypisch stille Gesellschaften vorlagen und die Tankstellen in räumlicher Nähe (600 m) lagen erhebliches Gewicht beigemessen. Da auch die Warenlieferanten identisch waren und bei Waren- oder Personalengpässen eine gegenseitige Unterstützung erfolgt ist, schloss das FG in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht auf einen nicht nur unwesentlichen Zusammenhang der beiden Gesellschaften. Die klare finanzielle Trennung der Betriebsteile vermochte an dieser Wertung nichts zu ändern.

 

Hinweis

Das Urteil ist vorläufig nicht rechtskräftig, da das FG die Revision zugelassen hat. Der BFH erhält damit die Gelegenheit zur abschließenden rechtlichen Würdigung und insbesondere auch zu einer Abgrenzung zu bereits entschiedenen ähnlich gelagerten Fällen (BFH, Urteil v. 9.8.1989, X R 62/87, BStBl 1989 II S. 973 bzw. BFH, Urteil v. 25.4.1989, VIII R 294/84, BFH/NV 1990 S. 261).

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil v. 23.06.2020, 10 K 197/17 G

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