Dr. Gernot Brähler, Dr. Christian Lösel
Leitsatz
Eine portugiesische Kapitalgesellschaft erzielt inländische Einkünfte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG i.V.m. § 12 Satz 2 Nr. 8 lit. c AO, wenn sie im Inland aufeinanderfolgende Bauleistungen von insgesamt mehr als sechs Monaten Dauer erbringt. Für diese inländischen Einkünfte besteht jedoch bei fehlender inländischer Betriebsstätte i.S.v. Art. 5 DBA-Portugal kein inländisches Besteuerungsrecht. Der Geschäftsführer einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft kann nur bei Vorhandensein eines örtlichen Bezugs zum Inland i.S.v. Art. 5 Abs. 1 bis 3 DBA-Portugal als abhängiger Vertreter i.S.v. Art. 5 Abs. 5 DBA-Portugal angesehen werden.
Sachverhalt
Eine der deutschen GmbH vergleichbare Gesellschaft (LDA) mit Sitz in Portugal erbrachte in der Zeit vom 10.10.1994 bis 06.10.1996 und in der Zeit vom 03.11.1996 bis 20.12.1998 jeweils ohne Unterbrechung 144 Bauausführungen, von denen lediglich zwei länger als sechs Monate dauerten. Betriebsleiter der Baustellen waren jeweils wechselnde Personen. Der Geschäftsführer der Gesellschaft hielt sich in den Jahren 1995 bis 1998 jeweils mehrmals zwei bis fünf Tage in Deutschland auf, um Vertragspartner zu finden, mit solchen in Kontakt zu treten, Baustellen zu kontrollieren und Verträge abzuschließen. Insgesamt hielt sich der Geschäftsführer 26 (1995), 27 (1996), 31 (1997) und 43 (1998) Tage in Deutschland auf. Seit 01.05.1999 unterhält die Gesellschaft eine feste Einrichtung in Deutschland. Das FA erließ in 1998 Anordnungen betreffend den Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EStG i.V.m. § 49 EStG gegenüber den deutschen Auftraggebern und am 24.06.1999 gegenüber der klagenden Gesellschaft KSt-Bescheide für die VZ 1995 bis 1998, in denen es jeweils ein geschätztes Einkommen der Gesellschaft zugrunde legte. Gegen die Anordnungen zum Steuerabzug und die KSt-Bescheide legte die klagende Gesellschaft Einspruch ein. Nach negativer Einspruchsentscheidung erhob die Gesellschaft Klage, die jedoch betreffend die Abzugsanordnungen im Verlaufe des Verfahrens zurückgenommen, abgetrennt und eingestellt wurde und das Verfahren betreffend KSt 1995 bis 1997 abgetrennt und auf unbestimmte Zeit vertagt wurde, so dass lediglich über die Umstände des Jahres 1998 Recht gesprochen wurde.
Entscheidung
Die Klage ist zulässig und begründet. Die portugiesische Gesellschaft war in 1998 gem. § 2 Abs. 1 KStG beschränkt KSt-pflichtig, da sie ohne Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland inländische Einkünfte erzielte. Die Geschäftsleitung befand sich wie der Sitz der Gesellschaft in Portugal, da sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dort in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht deren bedeutungsvollste Stelle befand und dort zudem die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit getroffen wurden. Letzteres könne deswegen nicht in Deutschland erfolgt sein, da die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit in der Regel in den Büroräumen der Gesellschaft getroffen werden, diese aber mangels einer ortsbezogenen Einrichtung in Deutschland, der zahlreichen Einsatzstellen in der Bundesrepublik und der überwiegend außerhalb Deutschlands erwirtschafteten Umsätze (ca. 60 %) nicht in Deutschland vorlagen. Die Geschäftsentscheidungen des Geschäftsführers in Deutschland vermögen aufgrund der Kürze des jeweiligen Aufenthaltes und des permanenten Wechsels des Aufenthaltsortes keinen Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung in Deutschland zu begründen.
Die in Deutschland erzielten Einkünfte waren zwar nach inländischem Recht inländische gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, 15 EStG, da die portugiesische Gesellschaft vom 01.01.1998 bis 20.12.1998 mehrere unterbrechungslos aufeinander folgende Bausausführungen von insgesamt mehr als sechs Monaten Dauer erbracht hat und somit nach inländischem Recht eine Betriebsstätte begründet hat (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO). Auf die Begründung einer solchen Betriebsstätte nach DBA-Recht (Art. 5 DBA-Portugal) kommt es nach ständiger BFH-Rechtsprechung für ein Vorliegen einer Betriebsstätte i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG zudem nicht an. Abzustellen sei diesbezüglich ausschließlich auf die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 12 AO.
Jedoch lag aufgrund des engeren Kreises der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Betriebsstätte nach Art. 5 DBA internationalsteuerrechtlich keine solche vor. Denn weder unterhielt die Gesellschaft eine feste Einrichtung nach Art. 5 Abs. 1 DBA in Deutschland noch lag eine der in Art. 5 Abs. 2 DBA aufgezählten Einrichtungen vor noch hat die Gesellschaft in 1998 (wirtschaftlich und geographische eine Einheit bildende) Bauausführungen von mehr als sechsmonatiger Dauer in Deutschland i.S.v. Art. 5 Abs. 3 DBA ausgeübt. Auch stellt der Geschäftsführer keinen abhängigen Vertreter nach Art. 5 Abs. 5 DBA dar, da hierfür nicht die zivilrechtliche Grundlage auf der eine Person in einem Land tätig wird sondern der Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit von Bedeutung ...