5.1 Nachträgliche Einkünfte
Auch nach einer Veräußerung des Betriebs können noch Einnahmen und Ausgaben entstehen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Denn auch nach einem Übergang des Betriebs auf den Erwerber kann dem früheren Betriebsinhaber weiterhin noch Betriebsvermögen zuzurechnen sein – das sog. Restbetriebsvermögen. Dazu gehören insbesondere folgende Wirtschaftsgüter, soweit sie nicht mitveräußert worden sind:
- noch zum Verkauf bestimmte bisher nicht veräußerte Waren,
- bestehende Kundenforderungen,
- Lieferanten- oder Bankverbindlichkeiten.
Derartige Wirtschaftsgüter können regelmäßig nicht in das Privatvermögen entnommen werden, sondern bleiben in ihrer betrieblichen Verbundenheit und damit als notwendiges Betriebsvermögen bestehen.
In der Praxis gilt dies vor allem für den Bereich der Verbindlichkeiten, sofern diese nicht mit dem Veräußerungserlös abgelöst werden konnten. Das gilt auch, wenn der Betriebsveräußerer nach der Übergabe des Betriebs z. B. weiterhin für eine zurückbehaltene Verbindlichkeit haftet – die betrieblich begründete Verbindlichkeit behält ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen.
Die Zinszahlungen für solche verbliebenen Betriebsschulden führen zu nachträglichen Betriebsausgaben – ggf. auch noch Jahre später. Die nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden in dem Jahr versteuert, in dem sie entstanden sind.
Wird der Veräußerungserlös allerdings nicht zur Tilgung der Verbindlichkeiten eingesetzt, sondern in das Privatvermögen überführt, werden die bisherigen betrieblichen Verbindlichkeiten zu einer Privatschuld – mit der Folge, dass die hierauf entfallenden Zinsen keine nachträglichen Betriebsausgaben sind. Ggf. kommt aber ein Abzug der Zinsaufwendungen bei einer anderen Einkunftsart in Betracht.
Die Ermittlung der Einkünfte erfolgt nicht mehr durch Betriebsvermögensvergleich, sondern ab der Betriebsveräußerung durch eine Einnahmen-Überschussrechnung. Bei den aus einem Restbetriebsvermögen nachträglich anfallenden Einnahmen und Ausgaben handelt es sich um Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit i. S. d. § 24 Nr. 2 EStG. Diese Einkünfte unterliegen der vollen Tarifversteuerung, sind also nicht nach § 34 EStG begünstigt.
5.2 Rückwirkende Änderung des Veräußerungsgewinns
Der Steuertatbestand der Betriebsveräußerung ist bereits mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber verwirklicht. Der damit entstandene Veräußerungsgewinn kann aber durch künftige Ereignisse noch beeinflusst werden.
Zu diesen Ereignissen gehört vor allem
- ein – ganz oder teilweiser – Ausfall der Kaufpreisforderung bzw. von noch ausstehenden Kaufpreisraten. Ein solcher Ausfall ist anzunehmen, wenn feststeht, dass der Erwerber zahlungsunfähig ist;
- eine nachträgliche Herabsetzung des Veräußerungspreises, z. B. durch Vergleich oder gerichtliches Urteil. Das gilt auch für Veränderungen des Veräußerungspreises durch entsprechende Klauseln im Veräußerungsvertrag – sowohl nach oben als auch nach unten;
- eine Erhöhung der Veräußerungskosten gegenüber dem ursprünglichen Planansatz, der bisher in eine Rückstellung in der Schlussbilanz eingeflossen war;
- eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags mit einem ggf. anschließenden erneuten Verkauf an einen neuen Erwerber zu einem geringeren Preis.
- die Erteilung einer Restschuldbefreiung. Der daraus resultierende Buchgewinn ist grundsätzlich im Jahr der Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses zu erfassen. Ist die Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs jedoch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt, wirkt die Restschuldbefreiung auf diesen Zeitpunkt zurück.
Treten nach der Betriebsveräußerung solche, den ursprünglichen Veräußerungsgewinn beeinflussende Ereignisse ein, wirken diese Ereignisse materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück. Das bedeutet, dass der Veräußerungsgewinn rückwirkend gemindert oder erhöht wird und die Veranlagung für das Jahr der Veräußerung deshalb nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entsprechend zu ändern ist.
Wurde bei der Veräußerung jedoch eine sog. Besserungsoption vereinbart mit dem Recht, einen Änderungsvertrag abzuschließen, ist die spätere Ausübung des Optionsrechts und die dadurch bedingte Erhöhung des Kaufpreises kein rückwirkendes Ereignis.