Leitsatz
Ein Grundstück im Sonderbetriebsvermögen, das bisher alleinige wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs einer Personengesellschaft war, kann auch dann Gegenstand einer Betriebsverpachtung sein, wenn die Personengesellschaft liquidiert wurde.
Normenkette
§16, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Eine KG hatte ein Juweliergeschäft in einem dem Mehrheitsgesellschafter gehörenden Grundstück betrieben. Mit dem Tod des Mehrheitsgesellschafters wurde die KG aufgelöst. Die Kinder und Erben hatten kurz zuvor eine GmbH gegründet, die das Juweliergeschäft nach Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen fortführte. Im Folgejahr wurde die KG im Handelsregister gelöscht. Drei Jahre später wurde ein Konkursverfahren über die GmbH eröffnet und später mangels Masse eingestellt. Zuvor hatte die Erbengemeinschaft die Geschäftsräume an ein Textileinzelhandelsgeschäft vermietet. Dies nahm die Erbengemeinschaft zum Anlass, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erklären.
Das FA beurteilte den Vorgang zunächst als Betriebsaufgabe und erfasste einen Aufgabegewinn. In einem anschließenden Klageverfahren einigten sich die Beteiligten darauf, dass weiterhin gewerbliche Einkünfte erzielt würden.
Zwei Jahre später kam es zur Erbauseinandersetzung. Einer der Erben übernahm das Grundstück und musste dafür Ausgleichszahlungen leisten. Das FA stellte diesbezüglich einen Veräußerungsgewinn für die betreffenden Gesellschafter fest.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.03.2006, 12 K 22/05, Haufe-Index 1956236, EFG 2008 790).
Entscheidung
Der BFH wies auch die Revision zurück. Die Erbengemeinschaft habe bis zu ihrer Auseinandersetzung einen Betrieb in Form der Betriebsverpachtung geführt. Aufgrund der Ausgleichsleistungen bei der Erbauseinandersetzung seien von den Empfängern Veräußerungsgewinne erzielt worden.
Hinweis
1. Das Urteil bestätigt zunächst die bisherige Rechtsprechung zur Betriebsverpachtung von Einzelhandelsbetrieben:
a) Die Grundsätze der Betriebsverpachtung sind allgemein geläufig, obwohl sie nicht im Gesetz geregelt sind. Sie beruhen auf jahrzehntelanger Rechtsprechung und besagen, dass die Einstellung eines aktiven Betriebs dann nicht zu einer Betriebsaufgabe führt, wenn der gesamte Betrieb oder zumindest die wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet werden. Der Verpächter kann in diesem Fall allerdings eine Betriebsaufgabe wählen, indem er sie ausdrücklich erklärt. Dann muss er die stillen Reserven im Betriebsvermögen versteuern. Wegen dieser Besteuerungsfolge verlangt die Rechtsprechung eine unmissverständliche Aufgabeerklärung gegenüber dem FA. Das künftige Erklären von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung reicht nicht aus.
b) Geklärt ist mittlerweile von der Rechtsprechung auch, dass selbst die alleinige Verpachtung des Betriebsgrundstücks eine Betriebsverpachtung sein kann, wenn nämlich das Grundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage ist. So verhält es sich nach Meinung des BFH bei einem Einzelhandelsgeschäft. In diesem Fall ist es nicht einmal erforderlich, dass das Grundstück von einem branchengleichen Pächter genutzt wird. So führte im Besprechungsurteil auch die Verpachtung der Geschäftsräume des Juweliergeschäfts an ein Textileinzelhandelsunternehmen nicht zu einer zwangsweisen Betriebsaufgabe.
2. Neu an dem Besprechungsurteil ist, dass es zur Verpachtung eines von einer Mitunternehmerschaft aktiv geführten Betriebs kommen kann, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage im Eigentum eines Mitunternehmers steht und deshalb Sonderbetriebsvermögen ist. Den verpachteten Betrieb führt dann ohne zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel der Eigentümer der verpachteten Betriebsgrundlage. Das rechtliche Schicksal der Mitunternehmerschaft ist ohne Bedeutung. Auch die Vollbeendigung der Mitunternehmerschaft steht der Fortsetzung der Betriebsverpachtung nicht entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 06.11.2008, IV R 51/07