Leitsatz
Entgeltliche Beweidungsleistungen eines Schäfers unterliegen der Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG. Aufgrund der bei der Wanderschäferei bestehenden Besonderheiten steht dem nicht entgegen, dass der Leistungsempfänger die Beweidungsleistung aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes bezieht.
Normenkette
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger ist Schäfer und unterhält eine Schafherde. Der Kläger lieferte Schafe zu Schlachtzwecken. In den Streitjahren 2011 und 2012 erbrachte er entgeltliche Leistungen durch die Beweidung von Grünflächen mit seinen Schafen an eine Immobilienmanagementgesellschaft zur Aufgabenerfüllung beim Natur- und Landschaftsschutz. Der Kläger ging davon aus, dass er mit der entgeltlichen Beweidung von Grünflächen sonstige Leistungen i.S.v. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG erbracht habe. Das FA ging demgegenüber von Leistungen aus, die dem Regelsteuersatz unterliegen. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 28.6.2017, 1 K 203/16, Haufe-Index 11236247, EFG 2017, 1485).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt. Entgegen der Vorentscheidung scheitere die Anwendung von § 24 Abs. 1 UStG auf die vom Kläger erbrachten Beweidungsleistungen nicht daran, dass es sich bei diesen nicht um landwirtschaftliche Dienstleistungen gehandelt habe.
Hinweis
1. Der BFH legt in ständiger Rechtsprechung § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG richtlinienkonform entsprechend Art. 295 ff. MwStSystRL aus. Danach findet die Sonderregelung nur auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen Anwendung.
2. Landwirtschaftliche Dienstleistungen sind nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mithilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, und zwar insbesondere die in Anhang VIII aufgeführten Dienstleistungen. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist bei richtlinienkonformer Auslegung auf diese landwirtschaftlichen Dienstleistungen, nicht aber auch auf andersartige sonstige Leistungen anzuwenden. Die Dienstleistung muss vom Empfänger zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden.
3. Von diesem Regelerfordernis sieht der BFH zugunsten der in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausdrücklich genannten Wanderschäferei ab. Der BFH geht dabei davon aus, dass die Beweidung im Rahmen der Wanderschäferei im Verhältnis zum Grundstückseigentümer unentgeltlich, gegen Entgelt des Schäfers oder gegen Entgelt des Grundstückseigentümers erfolgen kann. Der Begriff der Wanderschäferei differenziert weder nach dem Vorliegen derartiger Zahlungen noch nach der Person, die das Entgelt entrichtet, und umfasst damit alle der vorstehenden Formen der Beweidungsleistung. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Empfänger die vom Schäfer bezogene Beweidungsleistung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bezieht.
Den Begriff der Wanderschäferei legt der BFH zudem funktional aus, sodass es nur auf die Beweidung fremder Flächen ankommt. Die Sonderregelung kann auch der Schäfer in Anspruch nehmen, der seine Tätigkeit überwiegend auf eigenen Flächen und nur ausnahmsweise und vorübergehend auf fremden Flächen ausübt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.9.2018 – V R 34/17