Leitsatz
Bewirtungsaufwendungen eines angestellten Geschäftsführers mit variablen Bezügen anlässlich einer ausschließlich für Betriebsangehörige im eigenen Garten veranstalteten Feier zum 25-jährigen Dienstjubiläum können Werbungskosten sein.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war angestellter Geschäftsführer bei einer KG. Er bezog ein festes Gehalt und eine Tantieme, die rd. 2/3 seiner gesamten Bezüge ausmachte. Anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums bei der KG richtete er bei sich zu Hause ein Gartenfest ausschließlich für die Betriebsangehörigen der KG ohne Ehegatten aus. An dem Fest nahmen von den eingeladenen 500 Betriebsangehörigen ca. 300 Personen teil. Die zunächst von der KG getragenen Aufwendungen für das Fest wurden später i.H.v. rd. 7.600 € mit der Tantieme verrechnet.
Das FA rechnete die Aufwendungen für das Fest dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers hinzu. Das FG gab der Klage statt. Denn die von der KG verrechneten Aufwendungen seien als Werbungskosten abziehbar, da sie durch den Beruf des Klägers veranlasst seien.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Die Tatsachenwürdigung des FG hinsichtlich der beruflichen Veranlassung der Aufwendungen sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere stehe der Anlass des 25-jährigen Dienstjubiläums der beruflichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen hier nicht entgegen. Mit dem Gartenfest für die Betriebsangehörigen, die der Kläger zum Teil persönlich nicht einmal kannte, habe er seine variablen, von der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter abhängigen Bezüge sichern wollen. Es bestünden revisionsrechtlich keine durchgreifenden Bedenken gegen die Wertung des FG, dass nach den gegebenen Umständen das Fest nicht den Charakter einer privaten Feier gehabt habe.
Hinweis
1. Der BFH wiederholt in der Besprechungsentscheidung zunächst aufs Neue: Ob Erwerbsaufwendungen oder Kosten der Lebensführung vorliegen, kann nur anhand aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Mit dieser Erkenntnis ist die ältere Rechtsprechung des BFH nur bedingt zu vereinbaren. Denn früher war der Anlass einer Feier im Wesentlichen das ausschlaggebende Unterscheidungskriterium. So wurden Kosten für die Bewirtung von Kollegen und Kunden des Arbeitgebers anlässlich von Geburtstagen, Beförderungen, Amtseinführungen und Jubiläen durchweg nicht als Werbungskosten anerkannt und dem Abzugsverbot des § 12 Satz 1 Nr. 2 EStG unterworfen.
2. Von dieser restriktiven Rechtsprechung ist der BFH in jüngerer Zeit vorsichtig abgerückt. Er fordert vom Tatsachengericht eine genauere Prüfung des Falls. Der Anlass einer Feier ist sicherlich ein erhebliches Indiz, nicht jedoch das alleinige Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung von (hier) Bewirtungsaufwendungen. Bereits in seiner Entscheidung vom 28.1.2003, VI R 48/99, BFH-PR 2003, 214 (Fest des Arbeitgebers aus Anlass des Geburtstags eines Arbeitnehmers) hatte der BFH zahlreiche Kriterien angeführt, um im Rahmen der unerlässlichen Gesamtwürdigung des Falls zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die einschlägige Urteilsbesprechung hingewiesen (vgl. auch Urteil vom 11.1.2007, VI R 52/03, BFH-PR 2007, 181). Für die Zuordnung der Aufwendungen zur Berufssphäre bzw. Privatsphäre gilt Entsprechendes.
3. Wichtig ist der weitere Gesichtspunkt: Ungeachtet des Umstands, dass der BFH Aufwendungen in größerem Umfang als früher den Charakter von Erwerbsaufwendungen zumisst, hebt der BFH auch in der Besprechungsentscheidung deutlich hervor, dass es in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz obliegt zu prüfen, ob Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind. Auch diese Entscheidung dokumentiert – wie auch weitere Entscheidungen anderer Ertragsteuersenate – "eine Art Rückzug der obersten Instanz aus der Würdigung des Einzelfalls". Der Ansicht von Heuermann (StBp 2007, 122), es gehe grundsätzlich nicht an, ein Unbehagen im Tatsächlichen durch Aufstellen rechtlicher Voraussetzungen zu klären, ist zuzustimmen.
Der BFH macht also ernst mit dem in § 118 Abs. 2 FGO enthaltenen Grundsatz. Danach ist die Würdigung des Sachverhalts durch das FG, wenn sie möglich ist, für den BFH bindend. Dieser ist daran nur dann nicht gebunden, wenn dem FG ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, wenn seine Tatsachenwürdigung unvollständig (lückenhaft) oder in sich widersprüchlich (mit logischen Fehlern behaftet) ist oder wenn sie gegen Erfahrungsgrundsätze verstößt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.2.2007, VI R 25/03