OFD Frankfurt, Verfügung v. 2.6.2017, S 3197 A - 004 - St 116
1. Einheitsbewertung
Mit Urteil vom 25.4.2013, II R 44/11, hat der BFH das Urteil des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg vom 11.5.2011, 3 K 3037/06 B (EFG 2011 S. 1858), aufgehoben und entschieden, dass ein neu errichtetes Bürogebäude bereits dann als bezugsfertig angesehen werden kann, wenn nach objektivierbaren Kriterien bereits eine Vermietung möglich ist, der abschließende Innenausbau aber wegen der späteren Anpassung an die Wünsche des Mieters noch zurückgestellt wird. Nach Auffassung des BFH kann die Bezugsfertigkeit eines neu errichteten Büro- und Geschäftsgebäudes nach § 72 Abs. 1 Satz 3 BewG dann angenommen werden, wenn die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) fertiggestellt sind und zumindest ein Teil des Gebäudes mietergerecht ausgebaut und benutzbar ist.
Eine Benutzbarkeit der Räumlichkeit liegt dann vor, wenn die Büro- oder Geschäftseinheit durch Wände bzw. eingebaute Türen gegenüber dem noch nicht vermieteten Bereich abgegrenzt ist, die Innenwände eingebaut und Heizung, Sanitäreinrichtung sowie alle notwendigen Grundleitungen für Wasser, Strom, Be- und Entlüftung, Kommunikationsanlagen usw. installiert sind.
Hierbei steht es der Beurteilung eines benutzbaren Gebäudes nicht entgegen, dass noch nicht alle Räumlichkeiten mietergerecht ausgebaut und benutzbar sind. Denn ein Büro- oder Geschäftsgebäude, bei dem der Innenausbau der jeweiligen Büroeinheit wegen der Anpassung an die Wünsche der zukünftigen Mieter zurückgestellt wird, gilt nach der Verkehrsanschauung als bezugsfertig und wird am Markt üblicherweise bereits in diesem Zustand zur Vermietung angeboten.
Daraus folgt, dass wenn in einem solchermaßen fertiggestellten und für den Innenausbau vorbereiten Gebäude zumindest ein Teil benutzbar ist, dies zugleich für das ganze Gebäude angenommen werden kann.
Nach Abstimmung auf Bundesebene ist das Urteil in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Vorgehende, anderslautende Rechtsauffassungen sind überholt, da der BFH im zu entscheidenden Fall die Bezugsfertigkeit des gesamten Bürogebäudes unterstellt hat.
Bei der Ermittlung des Raummeterpreisansatzes ist Folgendes zu beachten:
- Der Raummeterpreis richtet sich stets nach der Gebäudeklasse der tatsächlichen oder beabsichtigten Nutzung des Gebäudes oder des Gebäudeteils.
- Im Rahmen der Bewertung ist bei einer tatsächlichen Nutzung zwischen den Ausstattungsmerkmalen „einfach” bis „aufwendig” zu unterscheiden und danach der jeweilige Raummeterpreis zu bestimmen.
- Im Rahmen der Bewertung ist bei einer beabsichtigten Nutzung als Ausstattungsmerkmal der Wertansatz für den geplanten Endausbau als jeweiliger Raummeterpreis zu bestimmen.
2. Bedarfsbewertung
Bei der Bewertung von Grundstücken ab dem 1.1.2009 für Zwecke der Erbschaft-/Schenkung- und Grunderwerbsteuer ist R B 178 Abs. 3 Satz 5 ErbStR zu beachten. Wird ein Gebäude nur zum Teil fertiggestellt und der Innenausbau zurückgestellt, um ihn nach den Wünschen der künftigen Nutzer vorzunehmen, ist das Gebäude insgesamt als bezugsfertig anzusehen.
Die bisherige Rundvfg. vom 24.10.2014 wird aufgehoben.
Normenkette
BewG § 72 Abs. 1 Satz 3
BewG § 178