Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulängliche Revisionsbegründung mit der Folge der Revisionsverwerfung

 

Leitsatz (NV)

Mindestanforderungen an die Begründung der Revision in der gesetzlichen Form.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Klin., eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mietete mit Vertrag vom . . . 1979 vom Ehemann ihrer Alleingesellschafterin ein Mietshaus in . . . mit Appartements sowie Räumen für eine . . .praxis. Die Klin. hat die angemieteten Räume weitervermietet.

In den Streitjahren (1980 und 1981) zahlte sie nach ihrem Vorbringen an den Vermieter jeweils . . . DM einschließlich 13 v. H. USt. In ihren USt-Erklärungen 1980 und 1981 machte sie u. a. die USt-Beträge aus den Mietzahlungen als Vorsteuer geltend. Im übrigen erklärte sie außer Eigenverbrauch nur steuerfreie Umsätze.

Das FA hat die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aufgrund des Zusammenhangs mit steuerfreien Umsätzen als nicht abzugsfähig angesehen und die USt 1980 und 1981 nach Maßgabe des erklärten Eigenverbrauchs auf jeweils . . . DM festgesetzt. Der Einspruch ist erfolglos geblieben.

Mit der Klage hat die Klin. den Abzug der in den USt-Erklärungen 1980 und 1981 geltend gemachten Vorsteuerbeträge begehrt. Während des Klageverfahrens hat das FA nach einer Betriebsprüfung durch - geänderten - USt-Sammelbescheid 1978 bis 1981 die USt 1980 und 1981 auf . . . DM bzw. ./. . . . DM festgesetzt und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Klin. gab weder eine Erledigungserklärung ab noch stellte sie einen Antrag gemäß § 68 FGO.

Das FG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klage durch den Erlaß der Änderungsbescheide und die ausgebliebene Reaktion der Klin. unzulässig geworden sei; denn sie müsse auch aus anderen Gründen ohne Erfolg bleiben. Soweit das FA dem Klagebegehren entsprochen habe, sei die Klage wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Im übrigen sei sie unbegründet. Die von der Klin. für die Streitjahre erklärten Umsätze beruhten, vom erklärten Eigenverbrauch abgesehen, auf steuerfreien Grundstücksveräußerungen und steuerfreier Wohnungsvermietung, so daß der Vorsteuerabzug zu versagen sei.

Mit der Revision beantragt die Klin., unter Aufhebung des angefochtenen Urteils der Klage stattzugeben, soweit mit den Änderungsbescheiden die Anerkennung der gezahlten Vorsteuer für die Streitjahre versagt worden sei. Im übrigen hat sie den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zur Begründung hat die Klin. während der - verlängerten - Revisionsbegründungsfrist geltend gemacht, bei der Vermietung der Räume im angemieteten Haus habe es sich nicht ausschließlich um steuerfreie Wohnungsvermietung gehandelt. Das FG habe ferner unberücksichtigt gelassen, daß auf die Steuerfreiheit verzichtet worden sei. Nach Ablauf der - verlängerten - Revisionsbegründungsfrist hat die Klin. weitere Ausführungen zur Begründung der Revision gemacht.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision wird als unzulässig verworfen (§§ 124, 126 Abs. 1 FGO); denn die Revisionsbegründung der Klin. erfüllt nicht die an eine Revisionsbegründung zu stellenden Mindestanforderungen (vgl. BFH-Beschluß vom 5. November 1968 II R 118/67, BFHE 94, 116, BStBl II 1969, 84).

1. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung u. a. die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Nur dann, wenn bei einer im übrigen zulässigen Revision wenigstens eine Rüge der Rechtsverletzung (materiell-rechtlicher Revisionsgrund oder Verfahrensrüge) innerhalb der Begründungsfrist ordnungsgemäß schriftlich erhoben worden ist, kann die Revision als zulässig angesehen werden. Fehlt es an dem gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO erforderlichen Geltendmachen mindestens eines Revisionsgrundes, so ist die Revision nicht in der gesetzlichen Form begründet worden; sie ist demzufolge unzulässig und muß durch Beschluß verworfen werden (§§ 124, 126 Abs. 1 FGO; vgl. BFHE 94, 116).

2. Die Revisionsbegründung der Klin. enthält keine zureichend geltend gemachten materiell-rechtlichen Revisionsrügen. Die Klin. hat zwar in der Revisionsbegründungsschrift darauf hingewiesen, das FG habe einen Verzicht auf Steuerfreiheit gemäß § 9 UStG 1980 unberücksichtigt gelassen. Die diesbezüglichen Ausführungen enthalten keine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil in der Hinsicht, daß gerügt würde, das Finanzgericht habe auf eine entsprechende festgestellte Option die Vorschrift des § 9 UStG 1980 nicht oder nicht richtig angewendet. Die Klin. will insoweit offenbar gar nicht eine materiell-rechtliche Rüge anbringen. Sie will vielmehr darlegen, das FG habe unterlassen, Feststellungen über die von der Klin. angenommene Option zu treffen. Eine solche Rüge ist nicht auf das materielle Recht bezogen, sondern stellt eine Verfahrensrüge dar, nämlich die des Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (siehe unten).

Soweit die Klin. nach Ablauf der - verlängerten - Revisionsbegründungsfrist materiell-rechtliche Rügen angebracht hat, kann dieses Vorbringen bei der Zulässigkeitsprüfung nicht mehr berücksichtigt werden.

3. Die Klin. hat nicht zureichend Verfahrensrügen erhoben. Aufgrund der schärferen Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO an die Revisionsbegründung in Beziehung auf Verfahrensrügen genügt insoweit nicht die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm. Vielmehr müssen auch die den Mangel ergebenden Tatsachen bezeichnet werden, d. h. diejenigen Prozeßvorgänge, die nach Ansicht des Revisionsführers mangelhaft sind (z. B. falsches Verhalten des FG) oder die den Mangel im Urteil ergeben (z. B. aktenmäßige Evidenz eines aufklärungsbedürftigen Punktes). Wird mangelnde Sachaufklärung gerügt, gehört zum unumgänglichen Inhalt der Revisionsbegründung außer der Darstellung der für ermittlungsbedürftig gehaltenen Punkte die Angabe der übergegangenen geltend gemachten Beweismittel oder der Beweismittel, deren Heranziehung sich auch ohne diesbezüglichen Antrag hätte aufdrängen müssen (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1972 VIII R 8/69, BFHE 108, 143, BStBl II 1973, 275; BFH-Beschluß vom 24. Mai 1977 IV R 45/76, BFHE 122, 396, BStBl II 1977, 694). Wird die Angabe solcher Tatsachen unterlassen, so ist die betreffende Verfahrensrüge unzulässig (vgl. BFHE 94, 116).

Als Aufklärungsrügen kommen diejenigen Ausführungen innerhalb der Revisionsbegründungsschrift in Betracht, in denen die Klin. sich mit der Frage beschäftigt, daß das FG die Option für die Steuerpflicht und den Umstand der Vermietung außerhalb einer Wohnraumvermietung unberücksichtigt gelassen habe. In dieser Hinsicht hätte die Klin. als Tatsachen im Sinne des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO diejenigen Umstände geltend machen müssen, aus denen sich ihrer Meinung nach eine diesbezügliche Aufklärungspflicht für das FG ergeben hätte (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1969 II R 90/69, BFHE 98, 386, BStBl II 1970, 408; vom 14. Februar 1973 II R 109/71, BFHE 108, 454, BStBl II 1973, 366). Dies ist nicht geschehen, so daß es an einer zureichenden Revisionsbegründung fehlt und die Revision unzulässig ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414090

BFH/NV 1987, 372

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