Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungswert einer Ferienwohnung
Leitsatz (NV)
Wird eine als Einfamilienhaus bewertete Ferienwohnung zeitweise fremdvermietet und zeitweilig eigengenutzt, können Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich nur insoweit abgezogen werden, als sie auf die Zeit der Vermietung entfallen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2, § 21a
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Die Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger) sind Miteigentümer zu je 1/2 einer auf Sylt belegenen Eigentumswohnung. Im Streitjahr 1981 nutzten die Kläger die Wohnung im Frühjahr, Sommer und Herbst an insgesamt 28 Tagen selbst. An 45 Tagen vermieteten sie an Feriengäste. Die Kläger erklärten für die Ferienwohnung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen.
Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1981 gesondert und einheitlich fest. Das FA ermittelte einen Überschuß, indem es nur die anteilig auf die Zeit der Vermietung entfallenden Werbungskosten von den Mieteinnahmen abzog. Für die übrige Zeit setzte es den Nutzungswert der Wohnung nach § 21 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit 0 DM an.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Juli 1977 VIII R 194/73 (BFHE 122, 522, BStBl II 1977, 723) und VIII R 59/77 (BFHE 123, 150, BStBl II 1977, 795) im wesentlichen aus, die Kläger hätten die Ferienwohnung nicht ausschließlich zur Vermietung an Feriengäste ständig bereitgehalten. Ein solches ständiges Bereithalten zur Vermietung an Feriengäste hätten die Kläger nicht schon dadurch dokumentiert, daß sie die Ferienwohnung in 17 Zeitungsanzeigen zur Vermietung angeboten hätten. Denn dadurch sei ihre jederzeitige Nutzungsmöglichkeit nicht eingeschränkt worden. Sie hätten in jedem Fall über eine Vermietung selbst entscheiden, insbesondere die Vermietung mit einer geplanten eigenen Nutzung abstimmen können und sie hätten die Wohnung in Kernzeiten (Frühjahrs-, Sommer- und Herbstferien) auch selbst genutzt. Außerdem sei die Ferienwohnung in Kampen aufgrund der geringen Entfernung zwischen dem Wohnort der Kläger und der Insel Sylt faktisch jederzeit, auch am Wochenende nutzbar gewesen. Daß sie die jederzeitige Nutzungsmöglichkeit nicht aus der Hand hätten geben wollen, zeige auch der Umstand, daß sie ihre Wohnung nicht, wie sonst bei Vermietern üblich, der Kurverwaltung des Ortes Kampen als vermietbar gemeldet hätten. Außerdem hätten sie mit der Vermietung keine örtliche oder überörtliche Hausverwaltung beauftragt.
Gegen das Urteil haben die Kläger Revision eingelegt und gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Feststellungsbescheids 1981 beantragt. Sie machen geltend, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit seien schon deshalb gegeben, weil das FG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen habe. Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags verweisen die Kläger auf ihre Revision, mit der sie als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung und Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten rügen. Es sei ein Sachverhalt gegeben, für den der BFH in BFHE 123, 150, BStBl II 1977, 795 die Anwendung der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (EinfHausV) ausgeschlossen habe. Schließlich seien im Hinblick auf § 21 a Abs. 1 Satz 5 EStG nur sechs Monate nach § 21 a EStG, die übrigen Monate nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu besteuern.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zulässig.
Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) entgegen. Das FA hat am 10. Dezember 1984 auf mündliche Anfrage der Prozeßbevollmächtigten der Kläger zu erkennen gegeben, daß es die Vollziehung nicht aussetzen werde (vgl. Art. 3 § 7 Abs. 1 Nr. 1 VGFGEntlG).
Der Antrag ist unbegründet.
Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind entgegen der Ansicht der Kläger nicht bereits deshalb zu bejahen, weil das FG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn die Entscheidung durch den BFH aus Gründen der Rechtsklarheit, Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen (abstrakten) Interesse liegt (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 115 FGO, Tz. 53). Das beinhaltet indessen nicht, daß ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Diese sind dann anzunehmen, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). Dabei ist im vorliegenden Aussetzungsverfahren zu beachten, daß das Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang zur Überprüfung des finanzgerichtlichen Urteils berechtigt ist, insbesondere nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des FG gebunden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 21. November 1973 I S 98/73, BFHE 110, 498, BStBl II 1974, 114).
Bei der gebotenen summarischen Prüfung ist nicht ernstlich damit zu rechnen, daß die Revision der Kläger zur Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids führt. Die Schlußfolgerung des FG, daß die Kläger die Ferienwohnung nicht ausschließlich zur Vermietung bereitgehalten haben, ist Teil der Tatsachenfeststellung bzw. Tatsachenwürdigung. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen erscheinen nicht geeignet, die nach § 118 Abs. 2 FGO bestehende Bindung in Frage zu stellen. Denn es ist fraglich, ob die Rüge mangelnder Sachaufklärung schlüssig erhoben ist; die Kläger haben nicht dargelegt, welchen Sachverhalt das FG noch hätte ermitteln können und sollen. Eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, die der gerügte Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten beinhalten kann (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1966 V 220/63, BFHE 85, 60, BStBl III 1966, 233), ist nicht erkennbar. Die Feststellung des FG, daß die Kläger im Streitjahr 1981 die Wohnung nicht einer örtlichen oder überörtlichen Hausverwaltung zur Vermietung überlassen haben, entspricht dem eigenen Vortrag der Kläger.
Die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Die Annahme des FG, daß die Umstände, die gegen ein ausschließliches Bereithalten der Wohnung zur Fremdvermietung sprechen, insbesondere die Dauer der Eigennutzung während der Ferienzeiten und die Nichtmeldung der Wohnung als vermietbar bei der Kurverwaltung Kampen, die Umstände überwiegen, die dafür sprechen könnten, wie das Angebot der Vermietung in 17 Zeitungsanzeigen, ist möglich. Das FG konnte jedenfalls aufgrund der Gesamtumstände zu diesem Ergebnis kommen.
Auch hinsichtlich der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Nach dem für das Streitjahr geltenden § 21 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1979 ist der Teil des Grundbetrags anzusetzen, der auf die vollen Kalendermonate der Selbstnutzung entfällt, wenn während des Kalenderjahres die Selbstnutzung beginnt oder endet. Es kann offenbleiben, ob die Vorschrift auf Fälle der vorliegenden Art überhaupt anwendbar ist. Ihre Anwendung könnte entgegen der Auffassung der Kläger jedenfalls nicht zu einer anderen Berechnung der Einkünfte für die Zeit der Fremdvermietung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Die Einkünfte für die Zeit der Eigennutzung wären weiterhin mit 0 DM anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 4. März 1966 VI 251/65, BFHE 86, 78, BStBl III 1966, 350).
Fundstellen
Haufe-Index 60849 |
BFH/NV 1986, 154 |