Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Beschlusses im Verfahren der einstweiligen Anordnung

 

Leitsatz (NV)

Zu den Voraussetzungen für eine Aufhebung/Änderung eines Beschlusses, mit dem der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.

 

Normenkette

FGO § 114

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte beim Finanzgericht (FG), eine gegen ihn ergangene Pfändungsverfügung des Finanzamts (FA) im Wege der einstweiligen Anordnung aufzuheben. Das FG lehnte den Antrag ab (Beschluß vom Oktober 1990).

Mit Schriftsatz . . . beantragte der Antragsteller unter Hinweis auf Art.3 § 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) die Aufhebung/Änderung des FG-Beschlusses. Das FG lehnte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, daß sich die angeführte Vorschrift des VGFGEntlG nur auf Beschlüsse über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung, nicht aber - wie vorliegend - auf Beschlüsse über Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung beziehe; unabhängig davon fehle für den Antrag das Rechtsschutzinteresse (Beschluß vom April 1992). Gegen letzteren Beschluß des FG hat der Antragsteller Beschwerde erhoben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG hat den Antrag auf Aufhebung/ Änderung seiner Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Vollstreckungsverfahren zu Recht abgelehnt. Das Begehren des Antragstellers kann unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben.

1. Der Beschluß des FG vom Oktober 1990 über die Ablehnung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist in - zumindest formelle - Rechtskraft erwachsen. Seine Aufhebung oder Änderung nach Art.3 § 7 Abs. 2 VGFGEntlG kommt nicht in Betracht, da diese Regelung - wie das FG ausgeführt hat - nur für Beschlüsse über Anträge nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gilt. Ob eine ablehnende Entscheidung über die beantrag-te einstweilige Anordnung wegen verän-derter Umstände aufgehoben oder geändert werden kann (vgl. hierzu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 114 FGO Tz.53), braucht nicht entschieden zu werden, da der Antragsteller solche veränderten Umstände auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen hat.

Schließlich sind Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz, mit denen sich - wie hier - der Antragsteller gegen eine Forderungspfändung durch das FA wendet, im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO und nicht mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung geltend zu machen (§ 114 Abs. 5 FGO; Beschluß des Senats vom 21. August 1990 VII B 71/90, BFH/NV 1991, 394).

2. Eine Aufhebung oder Änderung des Beschlusses des FG vom Oktober 1990 muß auch nicht deshalb - wie der Antragsteller meint - erfolgen, weil der FG-Senat bei dieser Entscheidung fehlerhaft besetzt war. Der Senat hat mit Beschluß vom heutigen Tage im Beschwerdeverfahren über die beantragte Wiederaufnahme des einstweiligen Anordnungsverfahrens entschieden, daß der FG-Senat bei seiner Entscheidung vom Oktober 1990 vorschriftsmäßig besetzt war. Wegen der Begründung wird auf den Senatsbeschluß Bezug genommen.

Eine fehlerhafte Besetzung des FG bei der im vorliegenden Verfahren angefochtenen Entscheidung wird auch vom Antragsteller nicht behauptet. Es erscheint deshalb nicht gerechtfertigt, wenn mit der Beschwerde gerügt wird, ,,die Richterbank habe über sich selbst zu Gericht gesessen" bzw. ,,in eigener Sache entschieden". Die Besetzung der Richterbank im Beschluß vom April 1992 entspricht den Geschäftsverteilungsplänen des FG und des entscheidenden Senats, so daß auch eine Aufhebung dieser Entscheidung wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts (§ 119 Nr.1 FGO) nicht in Betracht kommt.

3. Der Antragsteller rügt ferner, daß das FG über seinen Antrag auf Aufhebung/Änderung des Beschlusses vom Oktober 1990 durch Beschluß und ohne Einholung einer Stellungnahme des FA entschieden hat, obwohl er mündliche Verhandlung beantragt hatte. Auch hierin liegen keine Verfahrensfehler, die zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen. Wie das FG in seinen Beschlüssen . . . zu den Anträgen auf Ergänzung und Berichtigung des hier angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt hat, steht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung - und damit auch über den Antrag auf Aufhebung/Änderung einer ablehnenden Entscheidung im Anordnungsverfahren - im Ermessen des Gerichts (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 921 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. § 114 Rz.88). Das FG war somit befugt, trotz des Antrags des Antragstellers von einer mündlichen Verhandlung abzusehen und über den Rechtsschutzantrag, den es für unzulässig hielt, unverzüglich durch Beschluß zu entscheiden.

Von der Einholung einer Stellungnahme zu dem Rechtsschutzantrag durch das FA konnte das FG absehen, weil es das Begehren des Antragstellers schon aus formellen Gründen für unzulässig hielt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt schon deshalb nicht vor, weil das FG seine Entscheidung nicht auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt hat, zu denen die Beteiligten sich nicht äußern konnten (vgl. § 96 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419067

BFH/NV 1993, 428

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