Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung bei auslaufendem Recht; Divergenz; Verletzung der Amtsermittlungspflicht
Leitsatz (NV)
Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, kommt regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Ausnahmsweise kann eine Klärungsbedürftigkeit zu bejahen sein, wenn sich die Frage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen kann, wie dies bei Fragen aus fortgeltendem Recht regelmäßig der Fall ist.
Normenkette
BerlinFG § 21 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 76 Abs. 1 S. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dar (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Beschwerde trägt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor.
Die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO notwendige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muß erwarten lassen, daß eine Entscheidung im angestrebten Revisionsverfahren geeignet ist, im Hinblick auf weitere Streitfälle Rechtsklarheit zu schaffen, zur Wahrung der Rechtseinheit beizutragen oder die Rechtsfortbildung zu fördern. Es muß also über den vorgelegten konkreten Fall hinaus ein Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt sein (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 19. Oktober 1993 VII B 154/93, BFH/NV 1994, 835, ständige Rechtsprechung).
Die Steuervergünstigung nach § 21 Abs. 1 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) wird -- nach einem stufenweisen Abbau der Präferenzsätze ab 1990 -- seit dem Veranlagungszeitraum 1995 nicht mehr gewährt (vgl. Art. 4 Nr. 21a des Steueränderungsgesetzes -- StÄndG -- 1991 vom 24. Juni 1991, BGBl I 1322, BStBl I 1991, 665, 671).
Nach ständiger Rechtsprechung kommt Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu (vgl. BFH- Beschlüsse vom 5. Februar 1992 I B 93/91, BFH/NV 1992, 646; vom 21. Dezember 1990 V B 85/89, BFH/NV 1991, 635; vom 30. Januar 1989 V B 123/86, BFH/NV 1989, 706; vom 15. Februar 1979 V B 28/78, BFHE 127, 81, BStBl II 1979, 274; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts -- BVerwG -- vom 9. Dezember 1994 11 PKH 28/94, Nachweis in Juristisches Informationssystem -- JURIS --, m. w. N.).
Die Beschwerde legt keine Gründe dar, die ausnahmsweise ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen. Dafür genügt nicht, daß möglicherweise noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das BerlinFG anzuwenden ist. Erforderlich wäre vielmehr, daß sich die als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage der Auslegung des § 21 Abs. 1 Nr. 2 BerlinFG noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen kann, wie dies bei Fragen aus fortgeltendem Recht regelmäßig der Fall ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Februar 1994 I B 154/93, BFH/NV 1994, 737, und vom 8. Februar 1993 I B 41/92, BFH/NV 1993, 620).
Die Beschwerde hat eine solche Bedeutung für eine Vielzahl von Fällen nicht einmal behauptet. Soweit sie mit dem erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichten Schriftsatz vom 5. August 1994 darauf hinweist, das Problem dürfte nicht nur für das BerlinFG, sondern für alle die Steuerpflichtigen begünstigenden Gesetze eine Rolle spielen, wird damit in keiner Weise konkretisiert, inwiefern bestimmte begünstigende Vorschriften nach ihrem Normzweck und den tatbestandlichen Voraussetzungen überhaupt eine vergleichbare Rechtsfrage aufwerfen.
Die Darlegung einer über das individuelle Interesse des Beschwerdeführers hinausgehenden Bedeutung der zu klärenden Rechtsfrage ist bei ausgelaufenem Recht auch nicht offenkundig mit der Folge, daß ein konkreter Vortrag verzichtbar wäre (vgl. BFH in BFH/NV 1994, 835, 836; BFH-Beschlüsse vom 26. Januar 1993 VII B 188/92, BFH/NV 1993, 673, 674; vom 18. August 1992 VII B 227/91, BFH/NV 1993, 312, 313).
2. Mit der Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) wird zwar das Urteil des erkennenden Senats vom 15. Februar 1977 VIII R 34/73 (BFHE 124, 467, BStBl II 1978, 328, 329) zitiert, indessen werden bereits nicht in der notwendigen Weise zwei angeblich voneinander abweichende tragende abstrakte Rechtssätze einander gegenübergestellt (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, 480, ständige Rechtsprechung).
Darüber hinaus hatte der erkennende Senat in der angeblichen Divergenzentscheidung über einen vergleichbaren Sachverhalt nicht zu befinden, wie die Beschwerdeführer mit ihrem weiteren Schriftsatz vom 5. August 1994 selbst erkennen (vgl. dazu auch BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 1992 VII S 2/92, BFH/NV 1993, 262, 263; vom 18. Januar 1993 X B 14/92, BFH/NV 1993, 667, 669, m. w. N. zum nicht "mitentschiedenen" Sachverhalt).
3. Die Beschwerde bezeichnet gleichfalls keinen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird als Verfahrensmangel eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht sowie unzureichende Sachaufklärung geltend gemacht, so sind insbesondere die unaufgeklärt gebliebenen, aber aufklärungsbedürftigen Tatsachen anzugeben und die Umstände, aus denen sich dem Finanzgericht (FG) eine Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, sowie das vermutliche Beweisergebnis und dessen Einfluß auf den Verfahrensausgang (vgl. BFH-Beschluß vom 4. Februar 1991 V B 94/89, BFH/NV 1992, 668; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Rz. 38, m. w. N.).
Weder das FG hat Reisen an Orte außerhalb der beiden Wohnsitze festgestellt, noch trägt die Beschwerde konkret vor, solche Reisen seien tatsächlich von den Klägern im Streitjahr 1983 unternommen worden und dieser Sachverhalt ergebe sich im einzelnen aus den im Schreiben des Betriebsprüfungsamtes vom 9. Juli 1992 in Bezug genommenen Blätter I und II. Auch die weiteren, von der Beschwerde genannten Schriftstücke enthalten insoweit keine konkreten Anhaltspunkte.
Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 420727 |
BFH/NV 1996, 137 |
BFH/NV 1996, 138 |