Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Rügeverlust bei verzichtbaren Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln ‐ wie hier der Sachaufklärungspflicht, der Verletzung rechtlichen Gehörs einschließlich der Hinweispflicht ‐ geht das Rügerecht auch durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; ZPO § 295
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); danach müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden. Dies ist im Streitfall nicht geschehen.
Zu den geltend gemachten Zulassungsgründen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO fehlt es gänzlich an Ausführungen. Im Übrigen kann dahinstehen, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hinreichend dargelegt hat; denn sie kann mit diesen Rügen bereits nicht mehr gehört werden.
Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln ―wie vorliegend der Sachaufklärungspflicht, der Verletzung rechtlichen Gehörs einschließlich der Hinweispflicht (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 76 Rz. 40)― geht das Rügerecht nicht nur durch ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem Finanzgericht (FG) verloren, sondern auch durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 22. März 2001 IX B 149/00, BFH/NV 2001, 1037; vom 29. Oktober 2002 IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326). Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG hat die rechtskundig vertretene Klägerin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten und im Anschluss an die Stellung und Begründung der Anträge die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht wahrgenommen; damit hat sie sich rügelos zur Sache eingelassen und ihr Rügerecht verloren.
Abgesehen davon waren nach den tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) die Abweichungen vom Üblichen beim Mietverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Schwester gerade unter dem Gesichtspunkt des sog. Fremdvergleichs Gegenstand der Auseinandersetzung mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) vor dem FG, so dass es weder eines diesbezüglichen Hinweises bedurfte noch die Entscheidung insoweit als überraschend angesehen werden konnte.
Fundstellen