Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionszulassung wegen Verfahrensmangels; grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (NV)
- Für die Prüfung, ob ein Verfahrensmangel schlüssig dargetan ist, ist stets vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen. Ein Verfahrensfehler wird mit dem Vorbringen, das FG habe § 76 FGO verletzt, indem es bestimmte vom Kläger und Beschwerdeführer angebotene Beweise nicht erhoben habe, mithin nicht in der erforderlichen Art und Weise bezeichnet, wenn es nach der Rechtsauffassung des FG auf die mit diesem Beweismittel nachzuweisende Tatsache nicht ankam.
- Wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gerügt, ist u.a. darzulegen, dass sich deren Bedeutung nicht in der Entscheidung eines konkreten Einzelfalles erschöpft, sondern eine Vielzahl gleichartiger Fälle betrifft. Mit der Aussage allein, eine Streitfrage betreffe eine Vielzahl gleichartiger Fälle, ist indes die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage nicht dargetan. Vielmehr ist im Einzelnen darzustellen, inwieweit die Problematik im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3, § 76 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie war durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde im Jahre 2000 zugestellt. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde beurteilt sich daher nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (FGO a.F.; vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG―, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567).
1. Die Beschwerde hat den gerügten Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. bezeichnet.
Eine den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entsprechende Rüge erfordert eine schlüssige Bezeichnung der Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verfahrensverstoß ergibt. Weiter muss dargelegt werden, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. z.B. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 13. April 1976 VI B 12/76, BFHE 118, 576, BStBl II 1976, 503, und vom 7. Februar 1995 V B 62/94, BFH/NV 1995, 861). Für die Prüfung, ob ein Verfahrensmangel schlüssig dargetan ist, ist stets vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen (st.Rspr., vgl. z.B. Beschluss des BFH vom 26. November 1992 IV R 109/90, BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235). Ein Verfahrensfehler wird mit dem Vorbringen, das FG habe § 76 FGO verletzt, indem es bestimmte vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) angebotene Beweise nicht erhoben habe, mithin nicht in der erforderlichen Art und Weise bezeichnet, wenn es nach der Rechtsauffassung des FG auf die mit diesem Beweismittel nachzuweisende Tatsache nicht ankam (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 24).
Der Vortrag, durch Vernehmung des behandelnden Arztes hätte die Hilflosigkeit der verstorbenen Ehefrau des Klägers bewiesen werden können, ist nach den genannten Grundsätzen nicht schlüssig, denn das FG vertrat in seinem Urteil die Rechtsauffassung, die Voraussetzungen für die Gewährung eines Behindertenpauschbetrags in Höhe von 7 200 DM nach § 33b des Einkommensteuergesetzes (EStG) könnten gemäß § 65 Abs. 4 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ausschließlich durch die Vorlage eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises oder durch einen Bescheid der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörde nachgewiesen werden. Das Ergebnis einer möglichen Zeugenaussage war nach Auffassung des FG mithin nicht entscheidungserheblich.
2. Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger nicht i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. dargelegt.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil eine Klärung das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (st. Rspr., vgl. Beschluss des BFH vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987).
In den angeführten Grundsätzen kommt zum Ausdruck, dass sich die Bedeutung der Rechtssache nicht in der Entscheidung eines konkreten Einzelfalls erschöpfen darf, sondern eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen muss (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 7). Daraus folgt aber nicht, dass mit der Aussage allein, eine Streitfrage betreffe eine Vielzahl gleichartiger Fälle, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage dargetan wäre (vgl. Beschluss des BFH vom 2. Februar 1993 VII B 204/92, BFH/NV 1993, 507). Es ist vielmehr im Einzelnen darzustellen, inwieweit die Problematik im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (st. Rspr., vgl. z.B. Beschluss des BFH vom 20. Juni 1994 III B 39/94, BFH/NV 1995, 50).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger sieht als klärungsbedürftig die Frage an, ob das Gericht sich auf den Inhalt eines Schwerbehindertenausweises verlassen dürfe oder ob es das Ermessen und die Pflicht habe, den wahren Sachverhalt festzustellen. Grundsätzliche Bedeutung komme dieser Frage deshalb zu, weil Aufwendungen unberücksichtigt geblieben seien, die auch in anderen Fällen anfallen könnten. Damit hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit indes nicht hinreichend dargetan. Es fehlt an der konkreten Darstellung der Ungeklärtheit einer rechtlichen Problematik mit Schilderung des Meinungsstands. Der Kläger führt nicht aus, inwieweit die von ihm aufgeworfene Frage von Rechtsprechung, Verwaltung oder im Schrifttum unterschiedlich beantwortet wird, noch legt er überhaupt dar, dass § 65 EStDV, auf den das FG sich gestützt hat, seinem Wortlaut und Sinn nach einer Auslegung in seinem Sinne zugänglich ist.
Mit seinem Vorbringen rügt der Kläger im Grunde die Verletzung materiellen Rechts durch die vom Gericht vertretene Rechtsauffassung betreffend die formalrechtlichen Voraussetzungen für den Nachweis einer Behinderung i.S. des § 33b EStG. Mit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils kann er im Beschwerdeverfahren jedoch nicht gehört werden (vgl. die Beschlüsse des BFH vom 12. März 1998 III B 22/97, BFH/NV 1998, 1528, und vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236).
Soweit die Beschwerde ausführt, § 33 EStG sei verletzt, weil die geltend gemachten Aufwendungen für Fahrten zur Beerdigung, die Bewirtung der Trauergäste sowie die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt worden seien, wendet sich der Kläger gleichfalls gegen eine seiner Auffassung nach unzutreffende Rechtsanwendung. Die Behauptung, das FG habe im konkreten Fall das Recht unzutreffend angewendet, ist jedoch nicht geeignet, einen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO a.F. darzutun (vgl. Beschlüsse des BFH in BFH/NV 1998, 1528, und in BFH/NV 1999, 1236).
Die Entscheidung ergeht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen