Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Rüge des Übergehens eines Beweisantrags und der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht
Leitsatz (NV)
- Eine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht erfordert eine schlüssige Bezeichnung der Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verfahrensverstoß ergibt. Der Kläger muss u.a. darlegen, welches Sachvorbringen unberücksichtigt geblieben sein soll und inwiefern die Berücksichtigung möglicherweise zu einer anderen Entscheidung hätte führen können, ferner was das Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre und weshalb die Vorentscheidung auf dem Fehlen dieses Beweisergebnisses beruhen könne.
- Wird ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften gerügt, auf die gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO verzichtet werden kann, so muss zusätzlich vorgetragen werden, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund eines Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte. Zu den verzichtbaren Mängeln gehört u.a. das Übergehen eines Beweisantrags.
- Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Verletzung der Amtsaufklärungspflicht sowie eine unzureichende Sachaufklärung geltend gemacht, so sind insbesondere die unaufgeklärt gebliebenen, aber aufklärungsbedürftigen Tatsachen anzugeben oder die Umstände, aus denen sich dem FG die Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Auch ist anzugeben, warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt bzw. die entsprechenden Tatsachen und Beweismittel nicht selbst beigebracht hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3, § 76 Abs. 1, § 155; ZPO § 295
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde im Jahre 2000 verkündet. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde beurteilt sich daher nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (FGO a.F.; vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG―, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567).
Die Begründung der Verfahrensrüge entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen, das Gericht habe seine gemäß § 76 Abs. 1 FGO bestehenden Aufklärungspflichten verletzt, indem es dem Beweisantrag, den deutschen Botschafter in … zur Frage der Existenz der Firma … zu vernehmen, nicht Folge geleistet habe.
Ihr Vorbringen genügt insoweit nicht den Anforderungen an eine zulässige Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht.
Eine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht erfordert eine schlüssige Bezeichnung der Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verfahrensverstoß ergibt. Der Kläger muss u.a. darlegen, welches Sachvorbringen unberücksichtigt geblieben sein soll und inwiefern die Berücksichtigung möglicherweise zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 13. November 1996 II B 36/96, BFH/NV 1997, 493, und vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236), ferner war das Ergebnis der Beweisnahme gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 II R 120/73, BFHE 115, 185, BStBl II 1975, 489) und weshalb die Vorentscheidung auf dem Fehlen dieses Beweisergebnisses beruhen könne (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 1981 I R 133/79, BFHE 132, 508, BStBl II 1981, 443).
Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) besteht im Bereich der Aufklärung von Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Diese haben den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen, wenn es sich um Vorgänge außerhalb der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) handelt. Die Kläger waren mithin verpflichtet, den von ihnen benannten Zeugen zu stellen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 I R 78/93, I R 86/94, BFH/NV 1996, 383). Dazu gehörte, dass sie dem FG die entsprechende Absicht anzeigten, um eine allen Beteiligten passende Terminierung sicherzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 1987 I R 284-286/83, BFH/NV 1988, 12). Im Beschwerdeschriftsatz tragen die Kläger aber nicht vor, dass sie ein entsprechendes Angebot gemacht hätten. Bereits aus diesem Grunde ist zweifelhaft, ob die Beschwerde den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F. an die erforderliche Bezeichnung eines Verfahrensfehlers genügt.
Wird ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften gerügt, auf die gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung (ZPO) verzichtet werden kann, so muss zusätzlich vorgetragen werden, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, 158; Beschluss vom 17. Juli 1997 XI B 105/96, BFH/NV 1998, 53). Zu den verzichtbaren Mängeln gehört u.a. das Übergehen eines Beweisantrags (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372). Entsprechende Ausführungen fehlen im Beschwerdeschriftsatz. Die Kläger, die im erstinstanzlichen Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten waren, haben die unterbliebene Beweisaufnahme nicht gerügt; sie bringen auch nicht vor, weshalb eine entsprechende Rüge aufgrund eines Verhaltens des FG nicht möglich war.
2. Weiter tragen die Kläger vor, das Gericht habe den Sachverhalt weiter aufklären müssen, da hinreichend Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche Existenz der Firma … vorgelegen hätten. Es habe die Beweisführung mit der Verfügung vom 25. Januar 2000 in unzulässiger Weise eingeschränkt. Hierin liegt die Rüge der Verletzung der allgemeinen Sachaufklärungspflicht, die nach § 76 Abs. 1 FGO auch ohne ausdrückliche Beweisantritte der Beteiligten zu erfüllen ist.
Auch diese Verfahrensrüge genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.
Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Verletzung der Amtsaufklärungspflicht sowie eine unzureichende Sachaufklärung geltend gemacht, so sind insbesondere die unaufgeklärt gebliebenen, aber aufklärungsbedürftigen Tatsachen anzugeben oder die Umstände, aus denen sich dem FG die Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1993 V B 123/92, BFH/NV 1995, 308). Auch ist anzugeben, warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt bzw. die entsprechenden Tatsachen und Beweismittel nicht selbst beigebracht hat (vgl. BFH-Beschluss vom 20. März 1997 XI B 182/95, BFH/NV 1997, 777).
Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Da die Kläger die unterlassene Beweisaufnahme im Verfahren vor dem FG nicht gerügt und damit ihren Beweisantrag nicht aufrecht erhalten haben, konnte das FG von einer weiteren Ermittlung absehen (vgl. BFH-Beschluss vom 19. April 1999 I B 97/98, BFH/NV 1999, 1356).
Die Entscheidung ergeht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen