Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung über einen Verfahrensmangel; Verlust des Rügerechts
Leitsatz (NV)
1. Die zur Entscheidung über einen Verfahrensmangel notwendigen Tatsachen kann der BFH im Wege des Freibeweises ermitteln.
2. Bei einem (verzichtbaren) Verfahrensmangel (hier: Verletzung der Sachaufklärungspflicht) verlieren die - vor dem FG rechtskundig vertretenen - Kläger ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 295
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Urteil vom 06.06.2007; Aktenzeichen V 160/2004) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sind nicht gegeben.
1. Die Kläger machen zu Unrecht geltend, das Urteil des Finanzgerichts (FG) sei i.S. des § 119 Nr. 6 i.V.m. § 105 Abs. 4 Satz 3 FGO nicht mit Gründen versehen, weil das (an Verkündungs statt zuzustellende) vollständig abgefasste Urteil mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung nicht binnen fünf Monaten nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übergeben worden sei (s. dazu z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114, m.w.N.).
Die zur Entscheidung über diesen Verfahrensmangel notwendigen Tatsachen kann der BFH im Wege des Freibeweises ermitteln und frei würdigen (z.B. BFH-Urteil vom 18. April 1996 V R 25/95, BFHE 180, 512, BStBl II 1996, 578; s. dazu auch Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 228, m.w.N.).
Der Senat hat dienstliche Äußerungen des die Entscheidung abfassenden Richters und des zuständigen Geschäftsstellenbeamten eingeholt, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit keine Zweifel bestehen. Aus den dienstlichen Äußerungen ergibt sich, dass die Fünf-Monats-Frist eingehalten worden ist.
2. Mit der Rüge, das FG habe Beweisanträge übergangen, können die Kläger nicht mehr gehört werden.
Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) ist ein verzichtbarer Verfahrensmangel. Die --vor dem FG rechtskundig vertretenen-- Kläger haben ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache (s. Sitzungsprotokoll) und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; s. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 27. September 2007 IX B 19/07, BFH/NV 2008, 27, m.w.N.).
Fundstellen