Entscheidungsstichwort (Thema)
Klage- und Rechtsmittelbefugnis einer KG; Belastung mit den Kosten eines Verfahrens berechtigt nicht zur Rechtsmitteleinlegung; Rechtsweggarantie bei Verfahrensfehlern (hier: behauptete unterlassene Feststellung einer Verfahrensunterbrechung); Wirkung der Prozessvollmacht; mangelnde Vertretung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO möglich bei Verfahrensfortsetzung trotz andauernder Unterbrechung nach §§ 239ff. ZPO
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 40 Abs. 2, §§ 145, 155; ZPO §§ 239, 246, 86; GG Art. 19 Abs. 4; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Revisionsklägerin), eine GmbH, ist die frühere persönlich haftende Gesellschafterin der X GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG). Geschäftsgegenstand der KG war der Handel mit Filmlizenzen.
Die Revisionsklägerin war weder am Kapital noch an den laufenden Gewinnen und Verlusten der KG beteiligt; sie bezog lediglich eine Tätigkeitsvergütung.
Kommanditisten der KG waren in den Jahren 1981 bis 1983 B.J. (Kapitalanteil 50 v.H.) sowie A.J. (Kapitalanteil 10 v.H.) und T (Kapitalanteil 40 v.H.). T schied zum 31. Dezember 1983 aus der KG aus. Ab 1. Januar 1984 übernahmen A.J. und B.J. die Kommanditbeteiligung des T je zur Hälfte. A.J. war zugleich Geschäftsführer der Revisionsklägerin. Zum 31. Juli 1992 sind A.J. und B.J. aus der KG ausgeschieden. Das Unternehmen wird seitdem allein von der Revisionsklägerin fortgeführt.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der KG stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) fest, dass diese im Jahr 1981 eine Darlehensverbindlichkeit über insgesamt 1 Mio. DM bilanziert hatte. Darlehensgeberin war nach dem Vortrag der KG ein Unternehmen mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein, die Y-Anstalt.
Zu den Darlehen wurden zwei Verträge vom … Juni 1981 über 700 000 DM und 300 000 DM zwischen der Y als Darlehensgeberin und Dr. J., dem Vater des A.J., vorgelegt. Danach dienten die Darlehen dem Ankauf von Filmen und waren mit 15,5 v.H. zu verzinsen. Das Darlehen über 300 000 DM war am … Oktober 1981 zurückzuzahlen, das über 700 000 DM am … Mai 1982. Als Sicherheit übernahm B.J., die Ehefrau des Dr. J., eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 1 Mio. DM zuzüglich Zinsen und Provisionen. Nach Angaben des Dr. J. wurden die Darlehensmittel durch Hingabe von zwei Schecks über den Gesamtbetrag von rd. 695 000 DM an B.J. übergeben. Diese Schecks wurden bei der Z-Bank als Einlage der B.J. dem Konto einer Schwesterfirma der KG gutgeschrieben. B.J. soll diese Beträge nach einem Aktenvermerk des Dr. J. anschließend entnommen haben. Bei der KG wurde der Vorgang in der Weise erfasst, dass von den im Jahre 1981 erbrachten Einlagen der B.J. in Höhe von insgesamt rd. 1,8 Mio. DM 1 Mio. DM als "Darlehen Y" umgebucht worden sind. Der Betrag von 300 000 DM wurde unmittelbar an B.J. gezahlt.
Die Darlehen einschließlich Zinsen wurden in den Schreiben der Y an Dr. J. vom … September 1982 und … April 1983 fällig gestellt, jedoch erst im Jahre 1991 zurückgezahlt. Im Jahre 1981 zahlte die KG 24 337 DM und am … März 1983 250 000 DM an Y.
Die KG wurde von der Oberfinanzdirektion (OFD) aufgefordert, zu dem Darlehen der Y näher Stellung zu nehmen, entsprechende Unterlagen vorzulegen und ihre Verbindungen zur Y, bei der es sich nach einer Auskunft des Bundesamts für Finanzen (BfF) um ein Unternehmen ohne Geschäftsbetrieb ("Briefkastenfirma") handeln soll, offen zu legen. Die KG hat daraufhin mit Schreiben vom … Februar 1987 ein Schreiben des D vom … Januar 1987 vorgelegt, in dem dieser bestätigt, dass Y, deren Inhaber er sei, der KG Darlehen über 1,5 Mio. DM gewährt habe.
Der Prüfer vertrat im Prüfungsbericht die Ansicht, wegen Nichterfüllung der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen (§ 90 Abs. 2 der Abgabenordnung ―AO 1977―) könnten das Darlehen der Y nicht als Betriebsschuld und die hierfür geltend gemachten Darlehenszinsen nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Das FA folgte dieser Auffassung und erließ am 17. August 1988 entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1981 bis 1984. Am 7. September 1988 erließ es geänderte Einheitswertbescheide für das Betriebsvermögen auf den 1. Januar 1983 und den 1. Januar 1984 sowie am 29. August 1988 entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1982 bis 1984.
Die Einsprüche der KG blieben hinsichtlich der Beurteilung des Darlehens der Y und der hierfür geltend gemachten Zinsen ohne Erfolg.
Die KG hat ―vertreten durch die Revisionsklägerin― gegen die Einspruchsentscheidung des FA Klage erhoben. Das Finanzgericht (FG) hat durch Beschluss vom 7. November 1994 den ausgeschiedenen Kommanditisten T zum Verfahren beigeladen.
Zu der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 7. Dezember 1994 hat das FG den Steuerberater O als Prozessbevollmächtigten der KG geladen. Zu der von O eingereichten Prozessvollmacht führte das FG aus: "Die im Streitfall vorgelegte Prozessvollmacht ist von Herrn Dr. J. unterzeichnet. Falls dieser zur Vollmachterteilung nicht berechtigt war, ist im Termin eine ordnungsgemäße Prozessvollmacht vorzulegen." Zu der mündlichen Verhandlung erschienen Steuerberater O und A.J. Die dem FG vorgelegte Prozessvollmacht ist von A.J. als Geschäftsführer der Revisionsklägerin unterschrieben.
Im Rubrum des klageabweisenden Urteils des FG ist die KG als Klägerin bezeichnet. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Die Revisionsklägerin hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie rügt mit ihrer fristgerecht eingereichten Revisionsbegründung eine Verletzung des § 116 Abs. 1 Nr. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Kommanditistin B.J. sei im Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen; B.J. habe auch der Prozessführung weder ausdrücklich noch stillschweigend zugestimmt. Die Kommanditisten A.J. und B.J. seien zum 31. Juli 1992 aus der KG ausgeschieden; damit sei das Vermögen der KG der Revisionsklägerin als der allein verbliebenen Gesellschafterin angewachsen. Dieser Sachverhalt sei dem FG durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. August 1992 mitgeteilt worden. Das FG sei verpflichtet gewesen, die Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Gesellschafter A.J. und B.J. festzustellen.
Die Revisionsklägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, soweit die Klagen gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1981 bis 1984 und gegen die Bescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 und den 1. Januar 1984 abgewiesen wurden, und den Rechtsstreit insoweit an das FG zurückzuverweisen.
Die ursprünglich auch auf Abänderung der Gewerbesteuermessbescheide 1982 bis 1984 gerichtete Revision hat die Revisionsklägerin in der Revisionsbegründungsschrift zurückgenommen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
I. Gewinnfeststellung 1981 bis 1984
Soweit die Revision die Gewinnfeststellung 1981 bis 1984 betrifft, ist sie unzulässig, weil die Revisionsklägerin insoweit nicht zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil des FG befugt ist.
1. Für die Beurteilung der Klage- und Rechtsmittelbefugnis gegen die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide ist § 48 FGO in der vor In-Kraft-Treten des Grenzpendlergesetzes (GrenzPG) vom 24. Juni 1994 (BGBl I, 1395) geltenden Fassung maßgebend, weil die angefochtenen Bescheide der KG vor dem 1. Januar 1996 bekannt gegeben wurden (Art. 97 § 18 Abs. 3 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung ―EGAO 1977― i.d.F. des GrenzPG; vgl. den Senatsbeschluss vom 16. Januar 1996 VIII B 128/95, BFHE 179, 239, BStBl II 1996, 426).
Im vorliegenden Fall hat die KG gegen die Einspruchsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n.F.) Klage erhoben. Die in § 48 Abs. 1 FGO geregelte Klagebefugnis der Personengesellschaft leitet sich nicht aus einer eigenen materiell-rechtlichen Beschwer der Gesellschaft ab. Sie ist vielmehr ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft, die ihren Grund im Gesellschaftsrecht hat (Senatsbeschluss vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559). Mit dem Wegfall der gesellschaftsvertraglichen Bindungen entfällt auch die Befugnis der Gesellschaft, für ihre Gesellschaft zu klagen. Ihr steht deshalb keine Klagebefugnis für solche Gesellschafter zu, die aus der Gesellschaft ausgeschieden sind (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― in BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559, m.w.N.). Dementsprechend endet die Klagebefugnis einer Personengesellschaft in Gewinnfeststellungssachen mit ihrer handelsrechtlichen Vollbeendigung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326; vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333; vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401; Senatsbeschluss in BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559). Das gilt auch, wenn die Vollbeendigung während eines anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens eintritt (BFH-Urteil in BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326).
Im Streitfall wurde die KG durch das Ausscheiden sämtlicher Kommanditisten während des Klageverfahrens voll beendet (BFH-Urteil vom 19. Mai 1983 IV R 125/82, BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15). Ihre Beteiligtenfähigkeit und Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. sind dadurch erloschen. Die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. ist nicht etwa auf die Revisionsklägerin (GmbH) als zivilrechtliche Rechtsnachfolgerin der KG übergegangen. Nach Wegfall der Prozessführungsbefugnis der KG sind Beteiligtenstellung und Prozessführungsbefugnis in sinngemäßer Anwendung des § 239 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO uneingeschränkt auf die durch den angefochtenen Bescheid beschwerten Feststellungsbeteiligten übergegangen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Senats in BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326; in BFHE 162, 99, 102, BStBl II 1991, 401; vgl. ferner BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 IV R 82/95, BFH/NV 1997, 101; vom 14. Juni 1994 VIII R 20/93, BFH/NV 1995, 318; vom 8. Oktober 1991 VIII R 85/88, BFH/NV 1992, 324). Die GmbH konnte deshalb nicht "als Rechtsnachfolgerin der KG" Revision in der Gewinnfeststellungssache einlegen.
2. Auch in ihrer Eigenschaft als frühere persönlich haftende Gesellschafterin der KG ist die GmbH nicht befugt, das Urteil des FG in der Gewinnfeststellungssache mit Rechtsmitteln anzufechten, weil sie insoweit durch das Urteil weder formell noch materiell (§ 40 Abs. 2 FGO) beschwert ist.
Im vorliegenden Fall ist allein streitig, ob eine Darlehensverbindlichkeit in der Bilanz der KG zu passivieren ist und die hierfür entrichteten Zinsen als Betriebsausgaben der KG abgezogen werden dürfen. Von der Entscheidung über diese Frage sind grundsätzlich alle Gesellschafter der Personengesellschaft betroffen, die am Betriebsvermögen und am Gewinn der KG beteiligt sind. Die Revisionsklägerin gehört nicht zu diesem Personenkreis, da sie am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt war und nur eine (gewinnunabhängige) Tätigkeitsvergütung erhielt. Da die Entscheidung über den Klageantrag der KG die GmbH nicht in ihren steuerlichen Interessen berühren konnte, ist sie nach Vollbeendigung der KG nicht Beteiligte des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden; sie ist durch das angefochtene Urteil nicht in ihren Rechten verletzt (§ 40 Abs. 2 FGO). Der BFH hat in vergleichbaren Fällen auch eine notwendige Beiladung der persönlich haftenden Gesellschafterin verneint (BFH-Urteile vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563; vom 6. März 1990 VIII R 28/84, BFHE 160, 140, BStBl II 1990, 558).
3. Die Revisionsklägerin macht zu Unrecht geltend, dass sie durch das angefochtene Urteil jedenfalls formell beschwert sei. Zwar ist es richtig, dass für die Zulässigkeit der Revision eines Klägers nicht die materielle, sondern die formelle Beschwer maßgeblich ist. Formell beschwert kann aber nur sein, wer Beteiligter des finanzgerichtlichen Verfahrens war und als solcher vor dem FG Anträge gestellt hat. Wie oben dargelegt, ist die GmbH zu keinem Zeitpunkt am Klageverfahren gegen die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide beteiligt gewesen. Sie hat weder unmittelbar Klage erhoben, noch hat die KG in Prozessstandschaft für die GmbH geklagt. Mit ihrer Klage, die ausschließlich auf eine Herabsetzung der für die Streitjahre festgestellten Gewinne der KG gerichtet war, hat die KG in Prozessstandschaft nur für diejenigen Feststellungsbeteiligten gehandelt, die in den Streitjahren an den festgestellten Gewinnen beteiligt waren und deshalb durch die Feststellung eines unzutreffenden Gesellschaftsgewinns in ihren Rechten verletzt sein konnten. Die Revisionsklägerin gehörte ―wie oben dargelegt― nicht zu diesem Personenkreis.
4. Der Umstand, dass das FG der KG die Kosten des Verfahrens auferlegt hat und die Revisionsklägerin als deren zivilrechtliche Rechtsnachfolgerin mit diesen Kosten belastet ist, berechtigt sie nicht zur Einlegung von Rechtsmitteln gegen das finanzgerichtliche Urteil. Anderenfalls müsste die Einlegung der Revision allein wegen der Kostenentscheidung möglich sein. Das widerspricht jedoch der Regelung des § 145 FGO, nach welcher die Anfechtung einer Entscheidung nur wegen der Kosten unzulässig ist (BFH-Beschlüsse vom 12. November 1993 III B 234/92, BFHE 173, 196, BStBl II 1994, 401, m.w.N.; vom 12. September 1996 III R 170/90, BFH/NV 1997, 242).
5. Der Einwand der Revisionsklägerin, eine Verneinung ihrer Rechtsmittelbefugnis verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes ―GG―), greift nicht durch. Die Revisionsklägerin ist der Ansicht, das FG habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, nach Vollbeendigung der KG die Unterbrechung des Verfahrens festzustellen. Aufgrund dieses Fehlers sei im Rubrum des angefochtenen Urteils weiterhin die KG als Klägerin aufgeführt; das Urteil sei nur dem Prozessbevollmächtigten der KG, nicht aber den Kommanditisten A.J. und B.J. zugestellt worden. Die Gesellschafterin B.J. habe von dem Urteil keine Kenntnis gehabt und deshalb auch nicht fristgerecht Revision einlegen können.
Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, die Rechtsmittelbefugnis der Revisionsklägerin zu begründen, weil die Voraussetzungen für eine Verfahrensunterbrechung im Streitfall nicht vorgelegen haben (s. nachfolgend II.). Selbst wenn aber das angefochtene Urteil unter Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften ergangen wäre, könnte dieser Mangel nur von denjenigen Personen gerügt werden, die durch den Ausgang des Verfahrens in ihren eigenen Rechten verletzt sein können. Art. 19 Abs. 4 GG gibt keinen Anspruch darauf, dass der Finanzrechtsweg (einschließlich der Revisionsinstanz) nach Art einer Popularklage jedermann offen steht (BFH-Urteil vom 27. Juli 1983 II R 21/83, BFHE 138, 531, BStBl II 1983, 645). Die GmbH ist, wie oben ausgeführt, durch die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide nicht in ihren steuerlichen Interessen berührt. Sie war deshalb nicht berechtigt, Rechtsmittel gegen das finanzgerichtliche Urteil einzulegen. Ob die Kommanditistin B.J. im Fall einer verspäteten Revisionseinlegung unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsfrist hätte beanspruchen können, hat der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden (vgl. dazu aber den Beschluss des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 3. März 1993 XII ZR 243/92, Versicherungsrecht ―VersR― 1993, 1375).
II. Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 und den 1. Januar 1984
1. Soweit das angefochtene Urteil die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens betrifft, war die Revisionsklägerin zur Einlegung der Revision befugt. Insoweit führte die KG den Rechtsstreit teils im eigenen Interesse (im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Gewerbekapitalsteuer), teils im Vermögensteuerinteresse ihrer Gesellschafter in gesetzlicher Prozessstandschaft (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F.). Befugt zur Einlegung von Rechtsbehelfen sind deshalb sowohl die Personengesellschaft (nach ihrer Vollbeendigung: die GmbH als ihre zivilrechtliche Rechtsnachfolgerin) als auch die betroffenen Gesellschafter persönlich (BFH-Urteile vom 30. Juli 1986 II R 68/86, BFH/NV 1987, 655, und vom 27. April 1988 II R 201/84, BFHE 153, 208, BStBl II 1988, 681).
2. Gleichwohl ist die Revision auch hinsichtlich dieses Streitgegenstandes unzulässig, weil mit der Revisionsbegründung kein Verfahrensmangel i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO in zulässiger Weise gerügt worden ist. Die Zulässigkeit einer Verfahrensrevision nach § 116 Abs. 1 FGO setzt voraus, dass innerhalb der Revisionsbegründungsfrist einer der in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Verfahrensmängel schlüssig gerügt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 116 Rz. 1, 3). Eine Verfahrensrüge ist schlüssig erhoben, wenn die zu ihrer Begründung vorgetragenen Tatsachen ―ihre Richtigkeit unterstellt― einen Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 FGO ergeben. Im Streitfall ergibt sich aus dem Vorbringen in der Revisionsbegründung nicht, dass die Kommanditistin B.J. im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war.
Ein Verfahrensfehler i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO kommt in Betracht, wenn ein Gericht nach Eintritt eines Ereignisses, das kraft Gesetzes zur Unterbrechung des Verfahrens nach §§ 239 ff. ZPO geführt hat, das Verfahren fortsetzt, obwohl die Unterbrechung noch andauert (BGH-Urteile vom 19. Januar 1967 II ZR 37/64, VersR 1967, 343; vom 11. Juli 1984 VIII ZR 253/83, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1985, 242; vom 5. November 1987 VII ZR 208/87, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ―ZIP― 1988, 446; vom 21. Juni 1995 VIII ZR 224/94, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1995, 2563).
Entgegen der Ansicht der Revisionsklägerin ist das Klageverfahren in der Einheitswertsache durch die Vollbeendigung der KG nicht gemäß § 239 ZPO i.V.m. § 155 FGO unterbrochen worden. Zwar tritt in sinngemäßer Anwendung des § 239 ZPO grundsätzlich eine Unterbrechung des Verfahrens ein, wenn die Prozessstandschaft der Personengesellschaft aus § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. während des finanzgerichtlichen Verfahrens erlischt. Denn der Begriff der "Rechtsnachfolge" in § 239 ZPO ist nach allgemeiner Ansicht im weitesten Sinn zu verstehen (BFH-Urteile in BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326, und in BFHE 153, 208, BStBl II 1988, 681, jeweils m.w.N.). Er umfasst nicht nur die Rechtsnachfolge beim Tod eines Verfahrensbeteiligten, sondern auch die prozessuale Rechtsnachfolge in den Fällen des Wegfalls einer Partei kraft Amtes, des Wegfalls der Prozessfähigkeit oder des Erlöschens der Prozessstandschaft (BFH-Urteile in BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326, und in BFHE 153, 208, BStBl II 1988, 681; BGH-Urteile vom 25. September 1964 V ZR 202/61, NJW 1964, 2301; vom 8. Februar 1993 II ZR 62/92, BGHZ 121, 263; vgl. auch BGH-Urteil vom 10. Februar 1982 VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102). Gleichwohl ist im Streitfall das Verfahren nicht in sinngemäßer Anwendung des § 239 ZPO unterbrochen worden, weil die KG im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war (§ 246 ZPO i.V.m. § 155 FGO). Dies hatte zur Folge, dass der Rechtsstreit mit den prozessualen Rechtsnachfolgern der KG als neuen Verfahrensbeteiligten weiterging, auch wenn der Rechtsstreit auf den Namen der erloschenen Gesellschaft fortgeführt wurde (BFH-Urteil in BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; BGH-Urteil in BGHZ 121, 263). § 246 ZPO steht in Zusammenhang mit § 86 ZPO. Danach wird die Prozessvollmacht weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung seiner Prozessfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben. Auch im Steuerprozess wirkt die Prozessvollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus; die Vollmacht behält im Verhältnis zu den Rechtsnachfolgern, die anstelle des Vollmachtgebers Kläger geworden sind, ihre Wirkung (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Juni 1994 VIII R 79/93, BFH/NV 1995, 225).
§ 86 ZPO gilt ―ebenso wie § 239 ZPO― entsprechend bei einem Wegfall der gesetzlichen Prozessstandschaft und bei einer Beendigung der Parteistellung kraft Amtes. Durch §§ 86, 246 ZPO i.V.m. § 155 FGO soll es ermöglicht werden, einen einmal begonnenen Rechtsstreit möglichst ohne Verzug zu Ende zu führen. Der Prozessbevollmächtigte kann jedoch in den Fällen des § 239 ZPO eine Aussetzung des Verfahrens beantragen (§ 246 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO i.V.m. § 155 FGO). Macht er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, müssen die prozessualen Rechtsnachfolger des ursprünglichen Klägers die Prozesshandlungen des Prozessbevollmächtigten auch dann gegen sich gelten lassen, wenn sie den Bevollmächtigten nicht selbst mit ihrer Vertretung beauftragt haben (BGH-Urteil in BGHZ 121, 263). Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte erster Instanz dem FG weder die Vollbeendigung der KG angezeigt, noch hat er eine Aussetzung des Verfahrens beantragt. Die Kommanditisten der KG waren deshalb im finanzgerichtlichen Verfahren nach Vorschrift des Gesetzes vertreten.
III. Das Revisionsverfahren wird eingestellt, soweit die Revision wegen der Gewerbesteuermessbeträge 1982 bis 1984 eingelegt worden ist. Insoweit hat die Revisionsklägerin die Revision mit Schriftsatz vom 26. April 1996 zurückgenommen.
Fundstellen