Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag
Leitsatz (NV)
Beruft sich ein Antragsteller auf ein Büroversehen, so muss er darlegen, dass der Prozessbevollmächtigte alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind, und dass er durch regelmäßige Belehrung und Überwachung seiner Bürokräfte für die Einhaltung seiner Anordnungen Sorge getragen hat.
Normenkette
FGO § 56
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatten gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der der Beschwerde stattgebende Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Januar 2000 VIII B 26/99 NV wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 4. Februar 2000 zugestellt. Die Revisionsfrist lief am 6. März 2000 ab.
Auf den Hinweis der Geschäftsstelle des erkennenden Senats, ob auf die Revisionszulassung hin Revision eingelegt worden sei, legten die Kläger mit einem per Telefax am 28. März 2000 an das FG übermittelten Schriftsatz Revision mit dem Antrag ein, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie begründeten den Antrag damit, dass der Beschluss des BFH ihrem Prozessbevollmächtigten zwar am Freitag, dem 4. Februar 2000 zugestellt worden, aber wegen dessen Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung von seiner langjährigen Mitarbeiterin F entgegengenommen worden sei. Diese habe den Brief entgegengenommen und den Eingangsstempel angebracht, aber keine Eintragung in das Fristenkontrollbuch vorgenommen. Infolgedessen sei auch eine rechtzeitige Wiedervorlage an den Prozessbevollmächtigten unterblieben.
Mit Schreiben vom 10. August 2000 erläuterte der Prozessbevollmächtigte, weshalb kein Organisationsmangel vorgelegen habe und dass die Fristversäumnis lediglich auf ein Versehen seiner Mitarbeiterin zurückzuführen sei. Dies wird von Frau F in einer "eidesstattlichen Versicherung" bestätigt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Sie ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann den Klägern nicht gewährt werden.
1. Die Revision ist bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder ―wie hier im Falle der Zulassung der Revision― nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision schriftlich einzulegen (§ 120 Abs. 1 i.V.m. § 115 Abs. 5 FGO in der bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Fassung ―FGO a.F.―). Hierauf wurden die Kläger durch die dem angefochtenen Urteil des FG beigefügte Rechtsmittelbelehrung hingewiesen.
Der Beschluss über die Zulassung der Revision ist dem Prozessbevollmächtigten am 4. Februar 2000 zugestellt worden. Die am 28. März 2000 beim FG eingegangene Revision ist somit verspätet eingelegt worden.
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann den Klägern nicht gewährt werden (§ 56 FGO). Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Innerhalb dieser Frist sind alle entscheidungserheblichen Tatsachen substantiiert und in sich schlüssig darzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 25. Februar 1999 X R 102/98, BFH/NV 1999, 1221, m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Beruft sich ein Antragsteller ―wie im Streitfall― auf ein (nicht zu vertretendes) Büroversehen, so muss er darlegen, dass kein Organisationsfehler vorliegt, d.h. dass der Prozessbevollmächtigte alle Vorkehrungen dafür getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind, und dass er durch regelmäßige Belehrung und Überwachung seiner Bürokräfte für die Einhaltung seiner Anordnungen Sorge getragen hat (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 16. Oktober 1996 II R 3/96, BFH/NV 1997, 358, m.w.N.). Diese Angaben enthält der von den Klägern gestellte Antrag nicht. Sie können nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO auch nicht mehr nachgeholt werden (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 20. Juni 1996 X R 95/93, BFH/NV 1997, 40, unter 6. der Gründe; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 56 Rz. 50, m.w.N.). Der von den Klägern mit Schriftsatz vom 10. August 2000 dargelegte Sachverhalt dient nicht nur der Vervollständigung und Ergänzung des ursprünglichen Vortrags (vgl. u.a. den im BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1221 mitgeteilten Sachverhalt). Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten müssen sich die Kläger zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung).
Fundstellen
Haufe-Index 644731 |
BFH/NV 2002, 43 |