Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Prozeßkostenhilfeantrag eines eingetragenen Vereins zur Durchführung eines Revisionsverfahrens
Leitsatz (NV)
Beantragt eine inländische juristische Person oder parteifähige Personenvereinigung PKH, weil die Kosten für ein Revisionsverfahren weder von ihr noch von dem am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden könnten und weil die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufe, so muß sie nicht nur Erklärungen der Beteiligten über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege auf einem amtlichen Vordruck vorlegen, sondern auch dartun, daß die Möglichkeit bestehe, daß außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Personenkreis durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen werden könne.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 116-117
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Vorstand des Klägers ist die H-GmbH, die durch ihren Geschäftsführer H vertreten wird.
Am 29. August 1990 erhob der Kläger Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 1985 vom 11. Mai 1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 1990, mit der die Umsatzsteuer auf einen negativen Betrag festgesetzt wurde. Der Kläger begehrt mit der Klage den Abzug weiterer Vorsteuerbeträge.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Der Kläger hat unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsführers seines Vorstandes beantragt, ihm zur Durchführung der Revision Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen.
Entscheidungsgründe
1. Für das vom Kläger einzulegende Rechtsmittel gegen das Urteil des FG kommt nur eine Beschwerde (§ 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) wegen Nichtzulassung der Revision in Betracht, weil das FG die Revision nicht zugelassen hat.
2. Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. den sinngemäß geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung (ZPO) -- §§ 114 ff. -- erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH -- auch in Form der Beiordnung eines Rechtsanwalts als Prozeßbevollmächtigten (§ 142 Abs. 1, Abs. 2 FGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO) --, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhält dagegen eine inländische juristische Person oder parteifähige Vereinigung nur dann PKH, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten auf gebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
Der Kläger gehört zu den in § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO bezeichneten inländischen juristischen Personen. Er ist Beteiligter, da er als Kläger (§ 57 Nr. 1 FGO) wegen eines gegen ihn als Steuerschuldner gerichteten Umsatzsteuerbescheides Rechtsschutz begehrt (Senatsbeschluß vom 12. November 1987 V B 58/87, V S 13/87, BFHE 151, 338, BStBl II 1988, 198).
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 142 Abs. 1 FGO) nicht.
Aufgrund sinngemäßer Anwendbarkeit des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO hätte der Kläger nicht nur Erklärungen der Beteiligten über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (u. a. Vermögen, Einkünfte, Lasten) sowie entsprechende Belege auf einem amtlichen Vordruck vorlegen müssen (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2, 4 ZPO). Er hätte ferner darlegen müssen, daß die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Dies ist nicht geschehen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. Mai 1982 I B 98--99/81, BFHE 136, 62, BStBl II 1982, 600).
Umstände dafür, daß die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde, sind nicht ersichtlich. Dazu ist erforderlich, daß außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Personenkreis durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen werden kann (BFH-Beschlüsse vom 31. Juli 1973 VII R 125/71, BFHE 110, 176, BStBl II 1973, 851; in BFHE 136, 62, BStBl II 1982, 600; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 10839/6). Der Kläger hat nicht dargetan, daß diese Möglichkeit im vorliegenden Fall bestehen könnte. Entsprechende Hinweise ergeben sich auch nicht aus dem Akteninhalt.
Allgemeine Interessen des Klägers an der Rechtsverfolgung reichen für die Bewilligung von PKH nicht aus (BFH-Beschluß vom 23. Oktober 1985 I B 33/85, BFH/NV 1986, 485). Diese Einschränkung der PKH für den Kläger als inländische juristische Person ist auch nicht verfassungswidrig (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 1973 1 BvR 153/69, BVerfGE 35, 348, 356 bis 358).
Für das Antragsverfahren entstehen keine Gerichtsgebühren (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO, § 1 Abs. 1 c i. V. m. § 11 des Gerichts kostengesetzes).
Fundstellen
Haufe-Index 420680 |
BFH/NV 1995, 1008 |